Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schulen bekommen Lüftungssystem
Doch einige Ochsenhauser Räte zweifeln am Sinn der Anschaffung – das ist der Grund
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OCHSENHAUSEN - Die Stadt Ochsenhausen stattet die Räume an ihren Schulen mit einem Lüftungssystem aus, um die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu reduzieren. Einem entsprechenden Vorschlag der Verwaltung stimmte der Ochsenhauser Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich zu. Doch nicht alle Räte waren mit dem Vorschlag einverstanden. Es entstand in der Sitzung eine Diskussion, ob ein Lüftungssystem überhaupt Sinn macht, wenn Lehrer alle 20 Minuten die Fenster aufmachen und lüften, weil eine Vorschrift des Kultusministeriums es so vorschreibt.
Das Lüftungssystem, das die Stadt in ihren Schulen installieren will, hat Reiner Stöveken, ein Sicherheitsingenieur aus Ummendorf entwickelt. Die Gemeinde Ummendorf hat es bereits in Klassenzimmer einbauen lassen. Statt auf Filterung der Raumluft setzt das System auf kontinuierlichen Luftaustausch. In jedem Raum wird dabei mindestens ein Oberlicht gegen ein Fensterelement mit integrierten Ventilatoren ausgetauscht. Diese befördern kontinuierlich Luft aus dem Raum ins Freie. Indem entweder ein Fenster im Klassenzimmer geöffnet wird oder die Tür einen Spaltbreit offen bleibt, wird Frischluft von außen zugeführt. Laut Verwaltung hat das System mehrere Vorteile: Zum einen sind in die Lüftungselemente kleine hochwertige Lüfter eingebaut, die nahezu geräuschlos arbeiten. Darüber hinaus ist keine Wartung, kein Filterwechsel oder Entsorgung von Filtern notwendig.
„Wir haben ein Angebot für alle örtlichen Schulen eingeholt“, berichtete in der Sitzung Amtsleiter Michael Schmid-Sax, der bei der Stadt für die Bereiche Kultur und Bildung zuständig ist. Die Gesamtkosten würden demnach gut 82 000 Euro betragen, wenn alle Schulen ausgestattet würden. In Summe wären das 137 Räume.
„Die Gemeinschaftsschule Reinstetten sieht nach bisherigem Stand keine Notwendigkeit, das Lüftungssystem einzubauen, da dort, über vor den Klassenzimmern liegende Flure mit Fenstern, ein effektives Querlüften möglich ist“, so Schmid-Sax.
Auch bei der Rottumtalschule ist es noch nicht sicher, ob das System eingebaut wird. „Bei der Schulleitung der Rottumtalschule gibt es gewisse Vorbehalte gegen das System, da die dortigen Fenster keine Oberlichter haben, sodass für den Einbau jeweils eine ganze Fensterfläche ausgetauscht werden müsste“, sagte Schmid-Sax. Das wiederum würde zu einer „geringfügigen Verdunkelung des Raums“führen. In einem Teil der Klassenräume am Gymnasium Ochsenhausen hat die Stadt das System bereits installieren lassen.
Skeptisch zeigte sich Gemeinderätin Renate Schlegel (CDU). Sie habe erfahren, dass manche Lehrer trotz eingebautem Lüftungssystem zusätzlich die Fenster öffnen würden, um zu lüften. „Das halte ich energetisch nicht für sinnvoll“, sagte sie. Schmid-Sax antwortete darauf, dass es eine entsprechende Vorschrift des Kultusministeriums gebe. „Unterrichtsräume müssen mindestens alle 20 Minuten gelüftet werden. Die Vorschrift wird durch die Technik nicht außer Kraft gesetzt.“Der Amtsleiter betonte, dass durch das System kontinuierlich Luft abgezogen würde. „Wir stellen in den Räumen eine Verbesserung der Luft fest.“Gemeinderat Guido Wohnhas (CDU) forderte die Verwaltung zum Handeln auf: „Stellen Sie einen Antrag, von der Vorschrift befreit zu werden. Zusätzlich zum System zu lüften macht keinen Sinn.“Ähnlich sah es Gerhard Gruber (CDU): „Man muss nicht alles doppelt machen.“
Schmid-Sax wiederum wies darauf hin, dass die Wirksamkeit des Systems zwischenzeitlich durch Messungen belegt sei. Bedenken gegen eine Zustimmung zur Anschaffung hatte auch Gemeinderat Franz Wohnhaas (Pro-Ox). Er schlug vor, dass der Gemeinderat der Installation des Systems zustimme, aber unter dem Vorbehalt, dass eine Befreiung von der Vorschrift erreicht wird. Wohnhaas zeigte Verständnis dafür, dass Lehrer aufgrund der Vorschrift trotzdem lüften. „Wenn es einen Corona-Fall an der Schule gibt und der Lehrer hat nicht gelüftet, dann kann man sich vorstellen, was die Eltern sagen.“
Gegen diesen Vorschlag die Zustimmung „unter Vorbehalt“zu erteilen, wandte sich Bürgermeister
Andreas Denzel. „Der Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss hat bereits der Anschaffung zugestimmt.“Gemeinderat Peter Schoch (Freie Wähler) sprach sich für eine praktischere Sicht auf die Entscheidung aus. „Wir werden zu kleinkariert. Es gibt auch noch andere Gründe, ein Fenster aufzumachen.“
In eine ähnliche Richtung argumentierte Gemeinderat Frank Gmeinder (SÖB). Er sagte: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir bieten ein Mehr an Sicherheit und machen mehr als gesetzlich vorgeschrieben.“Schlegel wandte ein, dass bei Eltern Unverständnis über die zusätzliche Lüftung herrsche. „Warum muss man noch mal lüften und dafür die Unterrichtsstunde unterbrechen, wenn man ein gutes System hat?“, fragte Guido Wohnhas.
An dieser Stelle meldete sich Gemeinderat Christian Rueß (Freie Wähler) zu Wort. Er schilderte seine Erfahrungen als Lehrer und meinte: „Ich mache trotzdem das Fenster auf, auch wenn es ein Lüftungssystem gibt.“Rueß plädierte dafür, den Lehrern die Entscheidung zu überlassen, ob sie die Fenster öffnen oder nicht.