Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zu Zweit auf 650 Quadratmetern
Warum ein Tennishallenbetreiber über die Corona-Vorschriften den Kopf schüttelt
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MITTELBIBERACH - Wie sinnvoll sind die Anti-Corona-Maßnahmen im Einzelfall? Die Schließung von Tennishallen in der Region hat für Diskussionen gesorgt. Jetzt meldet sich ein Hallenbetreiber zu Wort – und fordert Nachbesserungen.
Es ist früher Nachmittag, in der Mittelbiberacher Sportfabrik schlagen einige Tennisspieler den Ball übers Netz. In den großen Hallen wirken sie beinahe verloren. Am Eingang weisen große Schilder auf die Hygieneregeln hin, Desinfektionsmittel steht bereit. „Wir haben getan, was wir konnten“, sagt der Inhaber der Sportfabrik, Michael Kaiser. Er sei gewiss kein Corona-Leugner. Im Gegenteil: Die Sorge vor einer Ansteckung könne er nachvollziehen Die Reha-Kurse zum Beispiel habe er freiwillig ausgesetzt, obwohl diese gesetzlich noch erlaubt wären.
Doch beim Blick in die Tennishallen muss er den Kopf schütteln. Rund 650 Quadratmeter stünden hier für zwei Tennisspieler zur Verfügung, selbst wenn alle Plätze belegt sind. „Bei kaum einer Sportart gibt es so viel Platz wie beim Tennis.“Selbst wenn auf zwei Feldern nebeneinander Spiele stattfinden, beträgt der Abstand zwischen den Felder immer noch einige Meter, zudem sind die Felder abgetrennt. Soweit die Realität.
Doch die Corona-Verordnung des Landes schreibt vor, dass nur noch zwei Personen eine Halle nutzen dürfen. Nach Rücksprache mit Bürgermeister Florian Hänle wurde entschieden, dass das Tennisspielen auf mehreren Plätzen in der Halle erlaubt ist (SZ berichtete). Hänle sagt, er stehe bis heute zu dieser Entscheidung, die noch im Ermessensspielraum
der Gemeinde liege. Doch nun zeigten die Entwicklungen und die aktuellen Corona-Zahlen, dass die bisherigen Anstrengungen nicht ausreichten. „Im einen oder anderen Bereich müssen wir daher voraussichtlich noch mehr Einschränkungen umsetzen“, erklärt er. Das betreffe voraussichtlich auch den Tennissport in Mittelbiberach. Eine endgültige Entscheidung soll noch im Laufe des Donnerstags fallen. Bürgermeister Hänle geht davon aus, dass dann nur noch auf einem Feld pro Halle gespielt werden kann.
Inhaber Kaiser sieht darin jedoch keinen Sinn. Schließlich müsste er die gesamte Halle heizen lassen und auch entsprechendes Personal beschäftigen. In diesem Fall überlege er, die Halle zu schließen. Ihm gehe es dabei nicht um die finanzielle Aspekte, betont er. Schließlich wolle er ohnehin die Ausgleichsförderung des Landes in Anspruch nehmen. „Damit kommen wir über die Runden.“
Doch eine grundsätzliche Frage treibe ihn um: Gibt es bei dem großen Bündel an Maßnahmen und Einschränkungen auch noch Raum für Einzelfälle? Rund 500 Kunden habe er alleine in Mittelbiberach und Tennis sei nun mal keine Randsportart. Genervt habe ihn die Begründung, dass die Sportart stark eingeschränkt werden sollte, um keine Signalwirkung
für andere Sportarten zu erzeugen. „Das klingt für mich nach dem Motto: Wenn alle keinen Spaß haben dürfen, sollen auch die Tennisspieler keinen Spaß haben.“
Kaiser hat bereits viele Hebel in Bewegung gesetzt und einige Politiker kontaktiert – inzwischen fühlt er sich dennoch auf verlorenem Posten. Die Regel für die Tennishallen könne man „niemandem erklären“, sagt er. Das Verständnis der Bürger für die Maßnahmen sei jedoch wichtig. „Wenn man am eigenen Leib eine Regel erfahren hat, die man nicht nachvollziehen kann, ist das Gift für die Akzeptanz der Pandemie-Bekämpung.“