Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kaltstart ins Training
Fußball, Regionalliga: Ulm trainiert wieder – 2020 steht noch mehr als nur das Pokalspiel an
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ULM - Die Witterung hätte, gelinde gesagt, besser sein können, als Spatzen-Trainer Holger Bachthaler seine Spieler am Dienstagvormittag um halb elf zur ersten Einheit nach dem zweiten Corona-Lockdown in der Friedrichsau begrüßte. Trotzdem war es ein wichtiger Termin für den SSV Ulm 1846 Fußball, der damit in den Endspurt dieses sehr besonderen Fußballjahres geht. Dass die Spatzen wieder trainieren würden, war klar, denn am 22. Dezember steht das DFB-Pokalspiel auf Schalke an. Seit Montagabend steht aber außerdem fest, dass es nicht bei diesem einen Pflichtspiel des SSV bleiben wird. Wie die Regionalliga Südwest verkündete, wird sie ihren Spielbetrieb ab dem 11. Dezember fortsetzen, was für die Spatzen zur Folge hat, dass noch drei Spieltage auf sie warten – wenn die Witterung mitmacht.
Die ist im Dezember traditionell launisch und war auch einer der Gründe, aus dem die Partie gegen Schalke 04 in Gelsenkirchen stattfinden wird. Im Ulmer Donaustadion gibt es keine Rasenheizung. Dort soll am 19. Dezember gegen Hessen Kassel das letzte Ulmer Regionalligaspiel
des Jahres 2020 stattfinden. Die beiden anderen Partien des SSV stehen am 12. Dezember in Stadtallendorf und am 15. Dezember auswärts gegen Alzenau an, alle Spiele werden ohne Zuschauer stattfinden.
Bei letzterer Begegnung ist aber noch unklar, wo sie angepfiffen wird. Alzenau kommt als einziges Team der Staffel aus Bayern, das Bundesland hat die Regionalliga jedoch nicht als Profibetrieb eingestuft, sondern die Bayern-Staffel in die vorzeitige Winterpause geschickt. Darum wartet Alzenau noch auf das Okay der Staatsregierung. Die Politik der rheinland-pfälzischen Landesregierung wiederum war es, die die Regionalliga in die Zwangspause geschickt hatte, da sie anders als die drei anderen beteiligten Länder – BadenWürttemberg, Hessen und das Saarland – ihre Viertligateams nicht als Profis einstufte. Ende vergangener Woche kündigte Rheinland-Pfalz dann an, den Trainings- und Spielbetrieb für seine Regionalligamannschaften im Dezember doch zu gestatten.
„Die Unterbrechung war für uns ein Schlag“, sagt Ulms Sportlicher Leiter Stephan Baierl. „Wir sind überzeugt, in Sachen Hygienekonzept gut gearbeitet zu haben und dass wir hätten spielen können.“Dass es nun die Möglichkeit gebe, weiterzuspielen, freue ihn und den Verein. „Das muss jedem Sportler eigentlich recht sein.“
Ist es aber offenbar nicht, denn, wie berichtet, hatten sich während der Unterbrechung neun Teams unter der Federführung des Tabellenzweiten Steinbach Haiger an die Ligaverantwortlichen gewandt und für eine vorzeitige Winterpause geworben. Es sei ihre Pflicht, ihrer Verantwortung nachzukommen und sich um die Gesundheit ihrer Spieler und Mitarbeiter zu kümmern, lautete die Begründung.
Andere Teams wie die Spatzen oder die Kickers Offenbach wiederum gehörten zu dem Lager, das für die Fortsetzung des Spielbetriebs noch vor Weihnachten war. Anders als einige der neun Unterzeichner der Stellungnahme sind sie aber Profiteams – was den Riss verdeutlicht, der durch die Liga geht und die Vereine hauptsächlich in die Lager der Profis und der Amateure teilt. „Es war immer klar, dass die Regionalliga eine gespaltene Liga ist“, sagt Baierl. „Aber so extrem wie gerade habe ich das noch nie empfunden.“
Am Wochenende veröffentlichten Astoria Walldorf und der Bahlinger
SC Stellungnahmen zum damals nur geplanten Wiederbeginn und drückten darin ihr Unverständnis über die Pläne aus. In den vergangenen Wochen wurden auch schon Rufe nach einer Reform der Regionalliga laut. Das Thema dürfte auch im kommenden Jahr noch nicht aus der Welt geschafft sein. 2021 wird die Winterpause der vierten Liga im Übrigen früher enden als ursprünglich geplant. Schon am zweiten Januarwochenende soll es wieder losgehen. Grundlage der Partien sind negative Corona-Tests, die die einzelnen Teams vorweisen müssen. Die geringen Kosten dafür tragen die Mannschaften selbst.
Ulm kann somit also doch mit Wettkampfpraxis dem Pokalduell gegen Schalke entgegensehen, was nicht ganz irrelevant für die Begegnung sein wird: „Grundsätzlich ist klar, dass die Wahrscheinlichkeit ohne Wettkampfpraxis ganz gering wäre, dort etwas mitzunehmen“, erklärt Baierl. Um in Tritt zu kommen, hat der SSV für diesen Freitag ein Testspiel gegen den VfR Aalen angesetzt, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aufgabe des Trainerteams sei es nun, die Spieler aus dem „Freizeitmodus“zu holen. Der Schnee dürfte dabei geholfen haben.