Schwäbische Zeitung (Biberach)
Längst keine Kellerkinder mehr
E-Sports: Gaming-Sparte von Ratiopharm Ulm läuft so gut, dass das Team auf eigenen Beinen stehen will
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NEU-ULM - Noch vor einem Jahr sind 2500 Besucher in die RatiopharmArena gekommen – und das nur, um anderen Leuten beim Zocken von Videospielen zuzusehen. Ähnlich sah es auch im Ulmer Xinedome und dem Neu-Ulmer Dietrich-Theater aus. Beide Male konnten die Zuschauer Profi-E-Sportlern bei der Arbeit zuschauen. Heute dürfen wegen der Corona-Pandemie solche Großveranstaltungen vorerst nicht mehr stattfinden. Dennoch sieht Darius Zähringer, Projektleiter im E-Sports bei Ratiopharm Ulm, eine positive Entwicklung. Insbesondere auch in seinem eigenen Klub.
Zähringer kümmert sich bei den Ulmern um das Team Orange Gaming (TOG), der E-Sports-Sparte von Ratiopharm Ulm, die 2018 gegründet wurde und mit der Basketballsimulation „NBA 2K“den virtuellen Spielbetrieb startete. Mittlerweile wurden mit „Rocket League“und „League of Legends“zwei weitere Spiele etabliert. „Wir entwickeln uns in allen Spielen, in denen wir am Start sind, sehr gut“, sagt Darius Zähringer. Auch der seit März bestehende neue Mannschaftsname Team Orange Gaming symbolisiert den Fortschritt der Ulmer E-Sportler. Man möchte sich mit diesem ein Stück weit vom Basketball entkoppeln und eine eigene Marke kreieren, um auch neue
Spiele zu integrieren, erklärt der E-Sports-Koordinator.
Insgesamt spielen im TOG 25 Personen, die sich in Teams aufteilen. So beschäftigen sich zum Beispiel mehrere Gruppen mit dem Spiel „League of Legends“. Diese treten an Wochenenden gegen andere Mannschaften in einem Ligabetrieb an. Ähnliches gilt für die beiden anderen Spiele. Die Trainingseinheiten und Wettkämpfe werden aufgezeichnet und mit einem Trainer besprochen. Das ganze TOG besteht aus rund 50 Personen, viele davon sind Ehrenamtliche. „Diese Zahl dürfte sich weiter steigern, denn
E-Sports ist ein sehr schnelllebiges Geschäft und wir entwickeln uns sehr rasant weiter“, sagt Zähringer.
Das TOG trägt sich wirtschaftlich selbst und ist nicht von den Ulmer Basketballern abhängig. Geld kommt primär über Sponsoren und die Produktion eigener Livestreams in die Kassen. Bei solchen virtuellen Events wird Werbung der Sponsoren platziert, Gleiches gilt für Präsenzveranstaltungen. In Zukunft, so glaubt Zähringer, werden vermehrt Unternehmen auf die E-Sports-Branche zukommen, da hier eine Vielzahl an jungen, medienaffinen und gebildeten Menschen anzutreffen sei, die selbst spiele oder dem virtuellen Treiben zuschaue. Bisher gebe es aber ein zu geringes Bewusstsein bei Unternehmen, damit dieser Kanal profitabel sei.
Die Corona-Krise kam den Ulmer E-Sportlern zumindest beim Trainieren nicht groß in die Quere. Die einzelnen Teams treffen sich in der Regel virtuell und trainieren. Auch der Spielbetrieb lief normal weiter. Finanziell sei man trotz Corona ebenfalls stabil geblieben, sagt Zähringer. Problematischer sei hingegen der Wegfall der Liveveranstaltungen, da E-Sports dadurch zum einen bekannter werde und zum anderen eine Gemeinschaft bilde.
Das Image der Gamer als Kellerkinder träfe längst nicht mehr zu, sagt Zähringer. Vielmehr wollten sie sich auf der großen Bühne messen, bei Events zuschauen und sich mit anderen austauschen. „E-Sports hat durch Corona mittelbar einen Schub bekommen“, sagt Zähringer. Zum einen sei der Gesellschaft klar geworden, wie wichtig die Digitalisierung ist, zum anderen zeige sich, wie Kommunikation und Gemeinschaft auch online betrieben werden könnten. Das Problem läge aber darin, dass E-Sports in der Gesellschaft ankommen und ein Bewusstsein entstehen müsse, dass dieser Bereich eine Plattform für Kommunikation und Gemeinschaft sei.