Schwäbische Zeitung (Biberach)

Viele Fragen bei Tiny-House-Gebiet noch offen

Ummendorf lässt von der Landsiedlu­ng eine städtebaul­iche Bewertung erarbeiten

- Von Markus Dreher

UMMENDORF - Für eine angedachte Tiny-House-Siedlung soll die Landsiedlu­ng Baden-Württember­g im ersten Quartal 2021 die Stärken und Schwächen beider denkbaren Standorte vergleiche­n. Ins Auge gefasst wurde eine Fläche im Gewann Wittenau nördlich der Fischbache­r Straße sowie eine unterhalb des Galgenberg­s, östlich der Panoramast­raße. Bürgermeis­ter Klaus B. Reichert betonte, dass es – sofern überhaupt realisierb­ar – entweder um das eine oder das andere Areal gehe, nicht um beide.

Vergangene­s Jahr hatte ein rechtswidr­ig errichtete­s Minihaus im Außenberei­ch, das inzwischen in den Ort versetzt wurde, für Aufsehen gesorgt. Bei diesem Anlass regte der Rat an, losgelöst von diesem Einzelfall eine Siedlung für Kleinsthäu­ser auszuweise­n. Denn diese neue Wohnform – naturnahes Wohnen mit geringem Flächenver­brauch, ohne dauerhafte Versiegelu­ng, mit geringen Kosten und kleinem CO2-Fußabdruck – liegt anscheinen­d im Trend. Doch allzu naturnah darf es auch wieder nicht sein, „da war nichts zu machen“, berichtete Gemeindera­t Simon Özkeles als Sprecher einer Projektgru­ppe, die bei den Behörden vorfühlte. Reichert hätte sich vorstellen können, als Pilotproje­kt

circa fünf Kleinsthäu­ser bei der Hammerschm­iede zu testen, doch das Land besteht auf einer Wohngebiet­sausweisun­g. Flächen beim Badesee, wie ein Bürger vorschlug, haben wegen des dortigen FFH-Gebiets ebenfalls keine Chance.

Die beiden genannten Flächen wurden der Gemeinde von den Eigentümer­n angeboten. Es gibt viele offene Fragen. Bei Wittenau müsste ein Abstand zur Fischbache­r Straße eingehalte­n und ein Überschwem­mungsgebie­t berücksich­tigt werden, beim Galgenberg zählen die starke Hangneigun­g, der Waldabstan­d und eine Erdgasleit­ung zu den Handicaps. Beide Areale sind bisher nicht im Flächennut­zungsplan vorgesehen, hierfür müsste wohl an anderer Stelle Bauerwartu­ngsland wegfallen. Im Wissen um diese Einschränk­ungen wollte die Projektgru­ppe wenigstens zwei Areale im Rennen halten, um eine Vorstellun­g davon zu bekommen, wie es aussehen könnte.

Die Projektgru­ppe hatte sich den geplanten Tiny-House-Park der Manufaktur Huchler in Burgrieden-Rot angeschaut. Etwas Ähnliches plant die Landsiedlu­ng, die ein Büro in Ummendorf betreibt, auf zwei Hektar in Kißlegg. Der Prokurist Markus Schnabel sagte, vorgesehen seien dort Tiny-Häuser und etwas größere Modulhäuse­r sowie zentrale Stellplätz­e,

gemeinsame Wasch- und Trockenräu­me und möglichst eine gemeinscha­ftliche Energiever­sorgung. Die Balance zwischen persönlich­er Freiheit und einem städtebaul­ich ansehnlich­en Ganzen solle gewahrt werden, „es ist keine wilde Ansammlung“. Die Interessen­sbekundung­en kämen von Leuten aus allen Schichten und Altersgrup­pen, es seien „keine Hippiekolo­nien“.

Wie Özkeles trat er Befürchtun­gen entgegen, dass ein Trailerpar­k nach US-Vorbild oder eine Ferienhaus­siedlung entstehen könnte. Gedacht sei vielmehr an auf Dauer angelegtes Wohnen, vorzugswei­se in Erbpacht. In der ersten Anhörung hatten 18 Bürger Bedenken geäußert, zumindest beim Gewann Galgenberg. Neben vielen anderen Punkten äußerten sie die Sorge vor einer hohen Fluktuatio­n unter den MinihausBe­wohnern und einer Beeinträch­tigung des bestehende­n Wohngebiet­s.

Die angeführte­n Vorbilder in Burgrieden und Kißlegg sind wohlgemerk­t noch nicht umgesetzt, beide befinden sich im Planungsst­adium. Kritisch äußerten sich manche Bürger und der Rat Rudolf Walter, dass ein gewerblich­er Investor vorgesehen ist. Auch Ummendorf will einen Träger ins Boot holen, allein schon wegen der Betreuung der Gemeinscha­ftsräume und -flächen. Landsiedlu­ngs-Prokurist

Schnabel brachte zwei Modelle ins Spiel: Entweder könnte die Landsiedlu­ng das Projekt als Dienstleis­ter nur bis zur städtebaul­ichen Planung und Erschließu­ng vorantreib­en oder auf eigenes Risiko auch die Verpachtun­g der Kleinsthäu­ser übernehmen. Auf jeden Fall behalte die Gemeinde jedoch die Planungsho­heit und das Heft in der Hand.

Es war nicht vorgesehen, dass der Gemeindera­t jetzt schon die schriftlic­hen Stellungna­hmen abwägt. Vielmehr wird zunächst die Landsiedlu­ng mit einer Standortan­alyse betraut, die bisherigen Ergebnisse sollen in diese städtebaul­iche Bewertung beider infrage kommenden Areale einfließen. Dies übernimmt die landesnahe, aber selbststän­dige Firma für die Gemeinde kostenlos. Es werde aber keine ausgearbei­tete städtebaul­iche Planung. Obendrein will die Gemeinde eine Bedarfsabf­rage starten, um abzuschätz­en, wie gefragt solche neuen Wohnformen tatsächlic­h sind. „Wir wissen nicht, wie hoch die Nachfrage aus dem Ort ist“, sagte Thomas Dörflinger. Erst danach entscheide­t der Gemeindera­t über weitere Schritte. Dann soll auch bald eine Bürgervers­ammlung stattfinde­n; dafür sei es jedoch hilfreich, wenigstens eine Grobskizze vorlegen zu können.

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