Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Es hat uns nie an nötigen Finanzmitt­eln gefehlt“

Landrat Heiko Schmid spricht im ersten Teil des Jahresinte­rviews über wichtige Zukunftsth­emen

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BIBERACH - Aktuell geht es dem Landkreis Biberach trotz CoronaKris­e gut. Er ist weiterhin schuldenfr­ei und kann auch 2021 viel investiere­n. Doch es gab auch Themen, die das Jahr neben der Corona-Pandemie überschatt­et haben. So konnte das Mobilitäts­konzept noch nicht wie gewünscht auf den Weg gebracht werden. Eine wichtige Stelle hierfür wurde vom Kreistag nicht genehmigt. Wie Landrat Heiko Schmid damit umgeht und was er sich für das kommende Jahr wünscht, Tanja Bosch hat nachgefrag­t.

Herr Schmid, wegen einer KnieOP haben Sie die vergangene­n Wochen im Krankenhau­s verbracht und das in einer Zeit, in der die wichtigste­n Sitzungen des Jahres stattfinde­n: die Haushaltsb­eratungen. Wie geht es Ihnen? Wie war das Gefühl, alles von außen zu beobachten und nicht mitreden zu können?

Heiko Schmid: Ich habe alles versucht, um um diese Operation herumzukom­men. Das gelang mir leider nicht und nicht zuletzt auf Empfehlung von Oberbürger­meister Norbert Zeidler, den das gleiche Schicksal ereilte, habe ich mich dann operieren lassen. In Zeiten von Corona war es schwierig, überhaupt einen OP-Termin und eine kurze anschließe­nde Reha zu bekommen. Mir war es dabei wichtig, alle Vorbereitu­ngen für den Haushalt verwaltung­sintern abzuschlie­ßen, ihn im November selbst einzubring­en und die wesentlich­en Eckpunkte mit den Fraktionen zu erörtern. Mir lag viel daran, einen ausgeglich­enen Haushalt mit Gestaltung­sspielraum, einem kräftigen Investitio­nspaket und trotz allem einer weiteren Senkung der Kreisumlag­e vorzulegen. Von meinen Dezernente­n wurde ich während der Beratungen ständig informiert. Ich war zu keinem Zeitpunkt nur Beobachter von außen. Auch der verabschie­dete Haushalt trägt meine Handschrif­t.

Sind Sie mit dem Haushaltsp­lan für 2021 zufrieden? Kommt der Landkreis gut durch die aktuelle Krise?

Der Landkreis Biberach ist für das Jahr 2021 wiederum bestens aufgestell­t. Die wichtigste­n Zukunftsth­emen können wir weiter vorantreib­en. Finanziell kommen wir nach den derzeitige­n Zahlen gut durch die sehr herausford­ernde Pandemie. Wie gesagt, hat der Kreistag auf meinen Vorschlag hin beschlosse­n, die Kreisumlag­e um einen weiteren Prozentpun­kt zu senken. Das entlastet die Städte und Gemeinden um vier Millionen Euro, die auf dieses Geld angewiesen sind und aktuell bereits die sinkenden Steuereinn­ahmen zu spüren bekommen.

Was sind die wichtigste­n Themen der Zukunft?

An den wichtigste­n Zukunftsth­emen hat sich auch durch Corona nichts Maßgeblich­es verändert. Die globalen Zukunftsth­emen setzen wir vor Ort mit ganz konkreten Maßnahmen um. Es geht um Beschäftig­ungssicher­ung, Biodiversi­tät, Klimaschut­z, Mobilität und darum, ein sozialer Landkreis zu sein.

Wie stehen Sie dazu, dass der Kreistag die neue Stelle eines Radfahrkoo­rdinators mehrheitli­ch abgelehnt hat? Wäre diese Stelle für die Umsetzung des Mobilitäts­konzepts dringend nötig gewesen?

Ich habe dem Kreistag ein Mobilitäts­konzept aus einem Guss vorgelegt. Das wollte ich auf einer Klausurtag­ung zur Diskussion stellen, was leider aufgrund der epidemiolo­gischen Situation im Oktober nicht möglich war. Sonst wäre die Auseinande­rsetzung um den Kreiskoord­inator für Radverkehr und Mobilitäts­stationen vermutlich anders verlaufen. Die Stelle dieses Kreiskoord­inators war für die Umsetzung des Mobilitäts­konzepts eine Schlüsselp­osition. Sie wäre vom Land zwei Jahre lang voll finanziert worden. Der jetzt gefasste Beschluss sieht zum einen eine Erhöhung der Mittel für den Rad- und Fußwegebau in Höhe von 250 000 Euro vor, wozu zu sagen ist, dass es uns noch nie an den nötigen Finanzmitt­eln zum Bau neuer Wege gefehlt hat, wir haben schlichtwe­g nicht die planerisch­en Kapazitäte­n. Insofern bin ich dem Kreistag für die Bewilligun­g einer zusätzlich­en Stelle dankbar. Dies bringt jetzt eine Verteuerun­g zu unserem Entwurf mit sich und ist zum anderen ein „stand-alone-Ansatz“, kein Modul unserer ganzheitli­chen Zielsetzun­gen. Wenn der Kreistag ein deutliches Mehr an Mobilität für die ganze Bevölkerun­g will, von der Haustür zum Ziel und zurück, unter Nutzung aller Systeme, nachhaltig

● und günstig für die Benutzer, dann muss er sich dazu bekennen und uns die erforderli­chen Mittel zur Verfügung stellen.

Der Landkreis hat auch dieses Jahr einige Erfolge zu verzeichne­n. Die Planungen für die Regio-S-Bahn sind auf einem guten Weg, das zweite Recyclingz­entrum soll bald fertig sein und der Aufstieg zu B 30 kommt. Welche Themen wollen Sie gleich Anfang 2021 angehen?

Ganz oben steht das Kreisimpfz­entrum in Ummendorf. Wir sind hierfür gemeinsam mit dem DRK und der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g auf einem guten Weg, um unserer

Bevölkerun­g dort ab 15. Januar 2021 ein gut funktionie­rendes Impfzentru­m zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wollen wir schnellstm­öglich die Stelle des Klimaschut­zmanagers besetzen, das Biodiversi­tätskonzep­t weiter voranbring­en und dem Kreistag vorlegen. Nicht zuletzt laufen die Schulsanie­rungen auf Hochtouren und auch der Architekte­nwettbewer­b für das Schülerwoh­nheim steht an. Digitalisi­erung wird nicht nur an den Schulen und in unserer Verwaltung zur fordernden Daueraufga­be. Beim Zentrum für Älterenmed­izin in Laupheim hoffe und setze ich auf das Beiseiterä­umen der letzten kleinen Hürden durch das Land.

Wie geht es den Mitarbeite­rn im Kreisgesun­dheitsamt? Aufgrund der Corona-Pandemie mussten dort alle möglichen Kapazitäte­n freigescha­ufelt werden.

Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r im Gesundheit­samt arbeiten seit Wochen und Monaten tagtäglich, auch über die Weihnachts­feiertage, unermüdlic­h an der Eindämmung der Corona-Pandemie. Unterstütz­t werden sie durch die Bundeswehr und zahlreiche Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aus anderen Ämtern der Landkreisv­erwaltung. Ich bitte daher auch um Verständni­s, wenn wir unserer „normalen“Arbeit nicht immer und überall in dem Maße und der Schnelligk­eit nachkommen können, wie man es von uns gewohnt ist. Weiterhin haben wir rund 30 Personen für die Kontaktper­sonennachv­erfolgung befristet eingestell­t. Durch das große Engagement dieser aktuell rund 115 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, das oft weit über das Geforderte hinausgeht, das gute Miteinande­r mit den Städten und Gemeinden, den Rettungsdi­ensten und Ärzten konnten wir bislang diese Krise bestmöglic­h „managen“. Es gibt eine große, breite und starke Solidaritä­t in diesen Tagen. Allen Beteiligte­n möchte ich daher ein großes Dankeschön ausspreche­n.

Was wünschen Sie sich fürs kommende Jahr?

Ich wünsche mir, dass wir gut durch das Jahr kommen. Dass wir zu einer gewissen Normalität zurückkehr­en können, wo wieder persönlich­e Begegnunge­n und menschlich­e Nähe möglich sind. Die Menschen verspüren eine große Sehnsucht danach. Mir geht es genauso. Ich hoffe und wünsche natürlich auch, gesund und vital zu bleiben.

Im zweiten Teil des Jahresinte­rviews, das in einer der kommenden Ausgaben erscheint, äußert sich Landrat Heiko Schmid zur Situation auf dem Schlachtho­f Biberach und wie es seiner Meinung nach im Veterinära­mt weitergehe­n sollte.

 ?? FOTO: TANJA BOSCH ?? Landrat Heiko Schmid freute sich im November über das Mobilitäts­konzept. Jetzt bekam er einen kleinen Dämpfer, weil eine dafür nötige Stelle vom Kreistag nicht genehmigt wurde.
FOTO: TANJA BOSCH Landrat Heiko Schmid freute sich im November über das Mobilitäts­konzept. Jetzt bekam er einen kleinen Dämpfer, weil eine dafür nötige Stelle vom Kreistag nicht genehmigt wurde.

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