Schwäbische Zeitung (Biberach)
Streitfall Schule
Gesundheitsexperte Lauterbach kritisiert Vorschlag zu Schulöffnungen im Südwesten – Bayern erwägt Sonderweg
BADEN-BADEN (lsw) - Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat den Vorschlag, die Schulen in Baden-Württemberg ab dem 11. Januar wieder zu öffnen, scharf kritisiert. Sollte Unterricht wieder in den Schulen stattfinden, wäre die gesamte Arbeit der vergangenen Wochen umsonst gewesen, sagte Lauterbach am Samstag dem Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden. Er richtete sich damit gegen den Vorschlag von Kultusministerin Susanne Eisenmann. Die CDU-Politikerin hatte gefordert, Kindergärten und Grundschulen unabhängig von den Infektionszahlen schon ab dem 11. Januar wieder zu öffnen – und dies auch dann, wenn der Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert werden sollte.
„Mit der Einstellung hätten wir uns das alles hier sparen können“, sagte Lauterbach dem SWR. Für den SPD-Gesundheitsexperten wäre die Rückkehr zu Präsenzunterricht etwa mit Blick auf das medizinische Personal auf Intensivstationen unverantwortlich. Den Menschen, die dort arbeiteten, könne man eine solche Haltung nicht vermitteln. Stattdessen
schlug Lauterbach vor, den Präsenzunterricht ab der Mittelstufe für längere Zeit auszusetzen. Dafür sollten zur Not die Sommerferien verkürzt werden. Über Lockerungen könne man einzig bei Kitas und Grundschulen diskutieren.
Ministerin Eisenmann hatte ihre Forderung nach baldigen Schulöffnungen zuletzt nochmals bekräftigt. Neben der SPD gab es auch Kritik von der Bildungsgewerkschaft GEW. Deren Chefin Marlies Tepe hatte gefordert, schnell Klarheit zu schaffen. Kitas, Schulen und Unis bräuchten Zeit, um sich vorzubereiten. Die GEW-Chefin sprach sich zudem für Wechselunterricht in kleinen Gruppen aus.
Die Kultusminister der Länder beraten bereits am Montag über die Lage, einen Tag vor den Ministerpräsidenten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor einer „überstürzten Öffnung von Schulen und Kitas“. „Es wäre angesichts der hohen Infektionszahlen verantwortungslos, Lehrer und Schüler einfach wieder komplett in die Schulen zu schicken“, sagte er. Gerade nach den Ferien sei die Gefahr von Ansteckungen hoch. Auch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sprach sich gegen eine Öffnung der Schulen nach Ferienende aus. „Wenn ich mir die aktuellen Infektionszahlen ansehe, gehe ich nicht von einem allgemeinem Präsenzunterricht für alle aus“, sagte Piazolo der „Augsburger Allgemeinen“.
Sollten die Beratungen und Beschlüsse der Kultusministerkonferenz aller Bundesländer am Montag sowie der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag nicht den bayerischen Vorstellungen entsprechen, kann sich Piazolo einen bayerischen Sonderweg für die Schulen vorstellen. „Bildung ist Ländersache, es kann durchaus sein, dass Bayern am Ende eigene schulpolitische Vorstellungen umsetzt.“