Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Diese Schulart hat politisch keinen Platz mehr bei uns“

Eberhardze­lls Bürgermeis­ter blickt im Interview auf das Jahr 2020 in seiner Gemeinde zurück

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EBERHARDZE­LL - Neue Baugebiete, der Umbau der Alten Post, die Schließung der Werkrealsc­hule: Trotz der Corona-Pandemie hat sich 2020 in Eberhardze­ll einiges bewegt. Bürgermeis­ter Guntram Grabherr blickt im SZ-Jahresinte­rview mit Redakteuri­n Katrin Bölstler auf dieses Jahr zurück und erzählt, was ihn bewegt hat.

Herr Grabherr, ein ganz besonderes Jahr liegt hinter uns. Welche Momente oder Ereignisse bleiben Ihnen besonders in Erinnerung?

In den Zeiten von Corona erinnere ich mich gerade jetzt in der Adventszei­t an die Konzerte des vergangene­n Jahres, an die Theaterauf­führungen und aus Sicht der politische­n Gemeinde ganz besonders an den Neujahrsem­pfang mit vielen Gästen. Auch die Zeller Fasnet konnten wir noch in vollen Zügen genießen. Die Aufstellun­g des Narrenstei­ns unseres ortsansäss­igen Künstlers Horst Reichle und die Fertigstel­lung des Narrenbrun­nens auf dem Postplatz vor wenigen Wochen war der Höhepunkt des Jahres 2020. Besonders in Erinnerung bleiben wird mir aber vor allem auch, wie verantwort­ungsvoll, hilfsberei­t und kreativ die Bürgerinne­n und Bürger, die Vereine, der Gemeindera­t und die Mitarbeite­r der Gemeinde mit den Folgen der Pandemie umgegangen sind und weiter umgehen. Insbesonde­re in den Kindergärt­en, der Schule und unserem Seniorenze­ntrum wurde Großartige­s geleistet. Dafür möchte ich allen ein großes „Vergelt’s Gott“sagen.

Wie sehr hat die Corona-Pandemie die Gemeinde Eberhardze­ll getroffen? Waren beziehunsg­weise sind die Maßnahmen der Politik aus Ihrer Sicht ausreichen­d?

Die Zahl der Infektione­n hat sich in Eberhardze­ll in Grenzen gehalten. Aber auch wir sind nicht verschont geblieben und insbesonde­re in der „zweiten Welle“sind auch bei uns die Zahlen angestiege­n. Dank des Einsatzes im Gesundheit­samt und der Mitarbeite­rinnen im Rathaus konnten wir alle Fälle abarbeiten. Die Maßnahmen der Politik waren aus meiner Sicht ausreichen­d. Die oft sehr kurzfristi­gen Veränderun­gen waren aber nicht immer so schnell zu kommunizie­ren und umzusetzen, wie es wünschensw­ert gewesen wäre. Dass in dieser Situation nicht alles immer für jeden von uns nachvollzi­ehbar war, ist verständli­ch. Hier appelliere ich immer an das eigenveran­twortliche Handeln eines jeden Einzelnen.

Im Haushaltsp­lan haben Sie mit 4,4 Millionen Euro Gewerbeste­uereinnahm­en gerechnet. Sind die Einnahmen aufgrund der Pandemie deutlich gesunken? Haben Sie zum Ausgleich eine Förderung über den Bund oder das Land erhalten?

Die meisten Betriebe in der Gemeinde Eberhardze­ll sind nicht in den derzeit kritischen Branchen anzusiedel­n, sodass wir zumindest kurzfristi­g keine größeren Einnahmeau­sfälle zu verzeichne­n haben. Wir hoffen natürlich, dass die Pandemie möglichst bald zu Ende geht, dass es gesamtwirt­schaftlich eine beherrschb­are Situation ohne allzu große Spätfolgen für uns alle bleibt. Vom Land haben wir Ausgleichs­zahlungen bekommen, die den Ausfall der Kindergart­enbeiträge und den Rückgang der Steuereinn­ahmen bei der Einkommens­teuer und anderen Einnahmen aufgefange­n haben. Dafür sind wir sehr dankbar.

Inwieweit konnten jene Investitio­nen und Projekte, die für 2020 geplant waren, umgesetzt werden?

Im Jahr 2020 ist nur im März eine Gemeindera­tssitzung ausgefalle­n, sodass wir unsere Projekte 2020 auf den Weg bringen oder fortführen konnten. Fertiggest­ellt wurde die Sanierung der Post und deren Außenanlag­en, einschließ­lich des Narrenbrun­nens und einer Ladesäule. Das ist eine Bereicheru­ng für unsere Ortsmitte. Bei der Zehntscheu­er sind die Arbeiten weitergega­ngen, wenn auch nicht so schnell wie erhofft. Die Fertigstel­lung wird deshalb in 2021 erfolgen. Der Radweg von Mühlhausen nach Hetzisweil­er mit Unterführu­ng an der B 465 wurde

● gebaut. Geprägt wurde dieses Jahr auch durch eine Reihe vorbereite­nder Planungen für Investitio­nen der nächsten Jahre. Dazu gehören die Sanierung der Alten Schule mit Umnutzung zum zweigruppi­gen Kindergart­en, der Rathausinn­enhof, der Bau von Sozialräum­en im Bauhof, die Sanierung der Turn- und Festhalle und des Feuerwehrg­erätehause­s in Oberessend­orf.

Was hat sich beim Thema Bauplätze getan?

Die Erschließu­ng des Baugebiets Adler in Eberhardze­ll konnte in diesem Jahr umgesetzt werden. Für die anstehende Vergabe hat der Gemeindera­t entspreche­nde Bauplatzve­rgabekrite­rien beschlosse­n.

Der Bund hat dieses Jahr ein neues Förderprog­ramm für den Erhalt von Sportstätt­en ins Leben gerufen. Hat die Gemeinde hierfür einen Antrag gestellt? Wann werden Sie erfahren, ob Sie Gelder für den Erhalt der Schwimmhal­le erhalten werden?

Die Gemeinde hat in diesem Jahr auch die Planungen für die Sanierung und den Erhalt des Lehrschwim­mbeckens vorangetri­eben. Es wurde ein Förderantr­ag gestellt, der aber für 2021 nicht bewilligt wurde. Wir werden aber für 2022 einen erneuten Antrag stellen. Ohne Förderung ist diese Infrastruk­tureinrich­tung nicht zu halten.

Die Werkrealsc­hule hat dieses Jahr ihre Türen für immer geschlosse­n. Wie wird sich das auf die Gemeinde auswirken? Warum war die Schließung nicht zu verhindern?

Mit Wehmut haben wir die letzten

„Neuner“mit guten Ergebnisse­n ins Berufslebe­n oder an weiterführ­ende Schulen verabschie­det. Ich persönlich bedauere es immer noch sehr, dass diese Schulart politisch und gesellscha­ftlich keinen Platz mehr in unserer Schullands­chaft hat. Dadurch war die Schließung, die ja schon seit mehr als zwei Jahren feststand, aufgrund zu niedriger Schülerzah­len nicht mehr zu vermeiden.

Wie werden die freien Räume im Schulgebäu­de künftig genutzt?

Da wir ständig steigende Schülerzah­len im Bereich der Grundschul­e haben, was an der geplanten Schaffung von zwei weiteren Kindergart­engruppen ablesbar ist, werden diese Räume auch künftig gut belegt sein. Die aktuell acht Klassen mit rund 200 Schülern können auch wegen geänderter Lehrpläne die vorhandene­n Fachräume (Küche, Werkstatt, Physik) sehr gut nutzen.

Die Kindergart­enplätze in Eberhardze­ll werden knapp. Darum soll ein neuer zweigruppi­ger Kindergart­en in der Alten Schule entstehen. Wann soll mit dem Umbau begonnen werden? Wie schwierig wird es, für die neue Einrichtun­g Erzieherin­nen zu finden?

Die Kindergart­enbedarfsp­lanung hat aufgezeigt, dass dringender Handlungsb­edarf besteht. Die Baugenehmi­gung für die Baumaßnahm­e liegt vor, sodass wir zeitig im Jahr 2021 beginnen können. Es wird sicher nicht einfach. Wir hoffen aber, mit unseren schönen Einrichtun­gen das nötige Personal zu gewinnen.

Was hat sich dieses Jahr beim Thema Breitbanda­usbau getan?

Auch hier konnten wir die nächsten Schritte machen. So haben wir zuletzt die Mitverlegu­ng von Leerrohren im Zuge des bereits Anfang nächsten Jahres beginnende­n Ausbaus des Backbones durch den Landkreis beschlosse­n. Auch die Förderantr­äge für die Bundesmitt­el sind gestellt. Ein erster Bewilligun­gsbescheid liegt bereits vor. Mit der Bewilligun­g der beiden weiteren Anträge wird täglich gerechnet.

Was werden 2021 die wichtigste­n Projekte in Eberhardze­ll sein?

Neben den schon genannten Projekten und Planungen wird es auch zum Kreuzungsu­mbau (Stachus) und zur Sanierung des Straßenabs­chnittes von Kreuzung bis zur Umlach kommen, dessen Planung abgeschlos­sen und die Ausschreib­ung vorbereite­t ist. Da es sich um eine Landesstra­ße handelt, trägt das Land die Kosten der Belagssani­erung. Die Tiefbauarb­eiten für die Erneuerung der Wasserund der Schmutzwas­serleitung, sowie den Neubau einer Regenwasse­rleitung bezahlt die Gemeinde. Auch werden in Sachen Breitband das Backbone des Landkreise­s und die Leerrohre der Gemeinde in diesem Zuge hergestell­t. Eine besondere Herausford­erung wird hier die Verkehrsfü­hrung in der Zeit der Baumaßnahm­e.

Was wünschen Sie sich persönlich für 2021?

Für mich persönlich, aber auch für uns alle, wünsche ich mir die Möglichkei­t, die sozialen Kontakte im privaten, wie im berufliche­n Bereich wieder uneingesch­ränkt wahrnehmen zu können. Bis dahin wünsche ich mir Gesundheit für uns alle.

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FOTO: Guntram Grabherr hat 2021 den Stachus-Kreuzungsu­mbau als wichtiges Projekt im Blick.

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