Schwäbische Zeitung (Biberach)
Abholservice: Händler stehen „in den Startlöchern“
Verbot ist ab Montag aufgehoben – HGV-Vorsitzender kritisiert Ton im Händler-Beschwerdebrief
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AULENDORF - Was der Einzelhandel vor Weihnachten schmerzlich vermisst hat, ist in Baden-Württemberg seit Montag, 11. Januar, erlaubt: der sogenannte Click-and-Collect-Verkauf. Demnach können im Laden vorbestellte Waren beim Einzelhändler abgeholt werden. Diese Entscheidung sorgt bei den Aulendorfer Händlern zumindest für ein kleines Aufatmen, wie Edgar Raisch, Vorsitzender des Handels- und Gewerbevereins, berichtet.
Aus Sorge vor Infektionsherden hatte die Landesregierung das Waren-Abholen bekanntlich Mitte Dezember untersagt, weil es Bedenken gab, dass sich gerade in der Zeit vor Weihnachten lange Schlangen vor den Läden bilden. Die Geschäfte durften zwar einen Lieferdienst anbieten, Kunden aber ihre vorbestellten Produkte nicht persönlich im Geschäft abholen.
Das Verbot löste eine Kritikwelle vieler Einzelhändler auch aus dem Kreis Ravensburg aus. Für die Einzelhändler, die noch mindestens bis Ende Januar geschlossen bleiben müssen, ist die Lockerung ab Montag daher eine Erleichterung, wie Raisch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erläutert.
Zwar seien noch nicht alle Details und gesetzliche Rahmenbedingungen zum Click-and-Collect-Verkauf bekannt (Stichwort Terminvergabe oder einfach kommen und klingeln, wie Raisch sagt), der baden-württembergische Handelsverband versorge aber die Einzelhändler stets gut mit allen benötigten Informationen. Die Aulendorfer Händler stehen nach Angaben von Raisch „in den Startlöchern“, um ab Montag zu starten. „Natürlich stürzen sich alle darauf “, so Raisch. Sei es Mode Scheffold, das Schuhhaus WeberHenkel, die Buchhandlung Rieck oder der Sportladen Respect, um nur einige Beispiele zu nennen.
Das Click-and-Collect-Prinzip habe ja im Frühjahr bereits sehr gut funktioniert. Von daher sei es bei allem Verständnis für die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nur „schwer nachvollziehbar“gewesen, warum Baden-Württemberg das Abholen als eines der wenigen Bundesländer verboten habe.
Und gerade in einer Kleinstadt, in der es „keine überfüllten Shoppingmeilen, große Einkaufszentren oder überlaufene Fußgängerzonen“gebe, sei das grundsätzliche Schließen von Geschäften „schwer zu ertragen“. Allerdings: „Die Infektionszahlen geben nichts anderes her. Es ist in so einer Situation auch für die Politik nicht einfach, all diese Entscheidungen zu treffen.“
Raisch betont, dass die Aulendorfer Händler trotz aller Sorgen hinter den Maßnahmen zum Infektionsschutz stehen und dass der Beschwerdebrief von Einzelhändlern aus dem Raum Oberschwaben und Allgäu vor Weihnachten an die Bundesund Landesregierung (die SZ berichtete) im Ton seiner Ansicht nach falsch gewesen sei. „So wie es formuliert wurde, war es ein schwieriges Signal.“Zwar würden die Händler alle unter der Situation leiden, aber es brauche auch den „Respekt vor den Infektionszahlen und vor dem Zustand unseres Gesundheitssystems“. Er kenne beispielsweise Menschen, die im EK in Ravensburg auf der Intensivstation arbeiten und neben anderen Leuten für den Beschwerdebrief „kein Verständnis“gehabt hätten.
Dennoch sei die aktuelle Situation selbstredend schwer für Einzelhändler, auch in Aulendorf. „Geschlossene Geschäfte sind immer schlecht. Und das nicht nur für den jeweiligen Einzelhändler, sondern für alle in der Stadt. Auch in meinem Lebensmittelgeschäft ist weniger los als sonst. Wir befruchten uns ja normalerweise alle gegenseitig.“
Im Vergleich zu einer größeren Stadt seien viele Händler in Aulendorf zwar immerhin in der komfortablen Situation, im eigenen Gebäude keine Miete zahlen zu müssen. Und auch gehe es in den meisten Fällen nicht noch zusätzlich um 20 bis 30 Mitarbeiter. Dennoch sei die Situation angespannt. „Tendenziell geht es für die meisten in Richtung roter Null.“Dass nun der Click-andCollect-Verkauf erlaubt wird, ist laut Raisch jedoch vor allem in Bezug auf zwei Punkte von großer Wichtigkeit: „Es ist zum einen eine Beschäftigung und zum anderen ein Lebenszeichen, was auch ganz wichtig ist.“
Dankbar sind die Aulendorfer Händler nach Auskunft des HGVVorsitzenden über die Unterstützung aus der Bevölkerung. „Es wird weiterhin vor Ort eingekauft. Wir sind gesegnet mit einer standorttreuen Kundschaft, die den lokalen Handel zu schätzen weiß.“
Das haben laut Raisch auch die beiden Gutscheinaktionen im vergangenen Jahr gezeigt, die der HGV gemeinsam mit der Stadt initiiert hat. „Die Gutscheinaktion im Frühjahr lief sensationell. Und auch die Aktion vor Weihnachten lief gut.“Im Frühjahr habe die Stadt finanziell die Aktion unterstützt, bei der zweiten Auflage vor Weihnachten habe der HGV einen gewissen Prozentsatz für jeden Gutschein dazugegeben. „Der HGV musste ja keinen Weihnachtsmarkt oder Sonstiges finanzieren, von daher war das gut möglich.“