Schwäbische Zeitung (Biberach)
Anklage: Frau (27) will ihren Nachbarn töten
Sie soll in einer Memminger Obdachlosen-Unterkunft mit einem Messer auf ihn eingestochen haben
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MEMMINGEN - Sie sitzt seit knapp neun Monaten in Untersuchungshaft. Jetzt hat die Erste Strafkammer des Landgerichts Memmingen unter Vorsitz von Richter Christian Liebhart das Verfahren gegen eine ehemalige Bewohnerin der Obdachlosen-Unterkunft im Memminger Erlenweg eröffnet. Staatsanwältin Patricia Fink wirft der Angeklagten versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor.
Die 27-Jährige, die zum Prozessauftakt in Handschellen in den Sitzungssaal geführt wird und neben ihrer Verteidigerin Anja Mack Platz nimmt, entspricht so gar nicht dem Bild, das man sich von einer Bewohnerin der städtischen Notunterkunft machen würde. Sie wirkt sehr gepflegt, ist adrett gekleidet, trägt hochhackige Schuhe und eine Halskette mit einem rosafarbenen Kruzifix. Doch sie soll laut Anklageschrift versucht haben, einen anderen Menschen zu töten.
Es geht wieder einmal laut zu in jener Nacht auf den 21. April vergangenen Jahres. Also klopft der Lebensgefährte der Angeklagten um etwa 2.30 Uhr heftig gegen die Tür der gegenüberliegenden Wohnung. Nach einiger Zeit öffnet der Nachbar. Die beiden Männer beginnen zu streiten und prügeln schließlich aufeinander ein. Die Angeklagte geht dazwischen, versucht die Streithähne zu trennen. Ihr Lebensgefährte zieht bei der Auseinandersetzung den Kürzeren. Das will die junge Frau nicht auf sich sitzen lassen, holt eine Bratpfanne und schlägt damit auf den Nachbarn ein. Der erleidet laut Anklage eine Riss-Quetsch-Wunde am Kopf. Die Angeklagte, jetzt offenbar richtig in Rage, holt ein Küchenmesser mit spitz zulaufender Klinge und droht ihrem Gegenüber: „Ich stech dich ab!“Der glaubt nicht, dass es die junge Frau ernst meint und provoziert sie, indem er sie auffordert: „Mach doch!“Und die Frau sticht zu, mindestens drei Verletzungen im Brustbereich erleidet das Opfer.
Die Messerspitze verbiegt sich stark und trotzdem sticht sie weiter auf den Nachbarn ein, „weil sie nach ihrer Vorstellung von der Tat einen Menschen töten wollte“, liest die Staatsanwältin vor. Unmittelbar nach der Verlesung der Anklageschrift ist der erste Verhandlungstag vorbei. Der Prozess wird Anfang Februar fortgesetzt.