Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schwindende Kreditwürdigkeit
Laut Crifbürgel zahlen zehn Prozent der Firmen ihre Rechnungen nicht pünktlich
FRANKFURT (dpa) - Jedes zehnte Unternehmen in Deutschland bezahlt nach jüngsten Zahlen der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel Rechnungen nicht pünktlich oder gar nicht. Im Dezember habe der durchschnittliche Zahlungsverzug dieser 10,5 Prozent der Unternehmen mit 35,5 Tagen einen neuen Höchstwert im Corona-Jahr 2020 erreicht, analysierte Crifbürgel auf Basis von Daten zum Zahlungsverhalten von mehr als 450 000 Unternehmen.
Im Januar 2020, bevor die Pandemie in Deutschland ausbrach und viele Wirtschaftsbereiche in Bedrängnis gerieten, habe der durchschnittliche Zahlungsverzug von Unternehmen hierzulande noch bei 26,4 Tagen gelegen.
„Unternehmen, denen es wirtschaftlich noch gut geht, haben eine hohe Zahlungswilligkeit und wollen unter keinen Umständen in Verzug geraten“, fasste Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein die Entwicklung zusammen. „Rund zehn Prozent der Unternehmen haben so starke finanzielle Probleme, dass die Zahlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Wenn diese Unternehmen ihre Rechnungen bezahlen, dann nur mit einem deutlichen Zahlungsverzug.“
Vor allem im Gastgewerbe, das aktuell wieder unter dem Lockdown leidet, bleiben demnach Rechnungen vergleichsweise lange offen (durchschnittliche Verspätung 77,6 Tage).
Die Auskunftei warnt: Verspätet oder nicht bezahlte Rechnungen seien eine der häufigsten Insolvenzursachen. Vor allem kleinen und mittelständischen Betrieben drohten Liquiditätsengpässe, wenn Kunden nicht rechtzeitig zahlten.
Am stärksten überziehen den Angaben für Dezember zufolge Unternehmen in Berlin die Frist zum Begleichen von Rechnungen, im Schnitt um 68,4 Tage. Auch in Brandenburg (durchschnittliche Verspätung 56,8 Tage) und in RheinlandPfalz (48,7 Tage) zahlen viele Unternehmen Rechnungen mit starkem Verzug. Am besten stellt sich die Situation nach Auskunft von Crifbürgel in Thüringen dar: Unternehmen im Freistaat zahlen im Durchschnitt nur mit 19,6 Tagen Verspätung.
Nicht zuletzt wegen der angespannten Situation vieler Unternehmen befürchten Volkswirte führender Finanz- und Wirtschaftsinstitute für die Konjunktur in Deutschland eine Durststrecke im ersten Quartal. Erst danach könnte eine Erholung einsetzen. „2021 dürfte zwar ein Jahr der wirtschaftlichen Erholung werden, allerdings wird sich die Lage auf kurze Sicht erst noch einmal deutlich verschlechtern“, sagte Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe. Die Nürnberger VolkswirtschaftsProfessorin und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, Veronika Grimm, geht von einem Wachstum nur noch wenig über drei Prozent für 2021 aus.