Schwäbische Zeitung (Biberach)
Besonders schonend für die Fische
Die Technische Universität München stellt dem Wasserkraftwerk in Sulzberg-Au ein gutes Zeugnis aus
SULZBERG (bb) - Das Wasserkraftwerk Au an der Iller bei Sulzberg (Oberallgäu) gehört zu den innovativsten Kraftwerken in Deutschland. Aber nicht nur das. Die Anlage schont auch die Fische in besonderer Weise. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie der Technischen Universität (TU) München.
Das Problem bei Flusskraftwerken: Die schnell drehenden Turbinen töten oder verletzen viele Fische, die das Hindernis durchschwimmen wollen. Manchmal sterben bis zu 90 Prozent. Tierschützer nennen deshalb herkömmliche Wasserkraftwerke oft auch „Todesfallen für Fische“.
Beim Bau der 2016 in Betrieb genommenen Anlage in Sulzberg-Au sollte dieses Problem weitgehend vermieden werden. Und zwar mit folgendem Clou: Die verwendeten „Very Low Head-Turbinen“(VLH) laufen langsam und ermöglichen einen wirtschaftlichen Einsatz bei der niedrigen Wasser-Fallhöhe von nur 1,5 Metern. Fische können diese Turbine unbeschadet durchschwimmen und so zu ihren Laichplätzen flussaufwärts gelangen. Dazu dienen auch Fischtreppen und Luken. Außerdem kann durch ein Schlauchwehr das gestaute Wasser vollautomatisch gesteuert werden, bei Hochwie bei Niedrigwasser.
Zum Bau des neuen Kraftwerkes war eine eigene Gesellschaft gegründet worden, die Illerkraftwerk Au GmbH. Ihr gehören das Allgäuer Überlandwerk (AÜW) und die Bayerischen Landeskraftwerke an. Beide investierten zusammen 7,2 Millionen Euro in das Projekt, das Bayerische Wirtschaftsministerium schoss 1,5 Millionen Euro zu. Das Illerkraftwerk
liefert pro Jahr 3,9 Millionen Kilowattstunden Strom. Damit können 1000 Haushalte versorgt werden. Der Anteil der regenerativ erzeugten Energie beim AÜW erhöhte sich dadurch im Jahr 2016 auf 38 Prozent.
Die Mannschaft der TU München hat in den vergangenen Jahren das Kraftwerk Au in sein bayernweites ökologisches Fischmonitoring einbezogen – einer Studie über die Auswirkungen neuer Wasserkraftanlagen im Vergleich zu herkömmlicher Technologie. Dabei hat das Team 867 in der Iller natürlich vorkommende und abwärts wandernde Fische gefangen und untersucht.
Zusätzlich wurden für das Projekt am Standort Au rund 30 000 Fische verschiedener Arten eingesetzt: Bachforelle, Huchen, Äsche, Barbe, Aal, Nase, Rotauge, Flussbarsch. Die Versuche fanden zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten statt, um möglichst repräsentative Ergebnisse zu erhalten.
Vor Kurzem hat die TU München zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt die Ergebnisse des Forschungsprojekts veröffentlicht. Dabei bestätigte die Untersuchung die erwartete geringe Fischschädlichkeit der beiden VLH-Turbinen am Standort Au. Die Mortalitätsraten der Fische, die den Rechen und die Turbine passierten, lagen je nach Fischart zwischen zwei und sechs Prozent.
In der Gesamtbewertung der Fischschäden durch die beiden VLHTurbinen des Illerkraftwerks Au kommt die TU München zu der Erkenntnis: „Die festgestellten Mortalitätsraten fielen deutlich niedriger aus als bei konventionellen Kraftwerken mit Kaplan- oder Francisturbinen.“