Schwäbische Zeitung (Biberach)
So soll dieses Baugebiet CO2-neutral werden
In Äpfingen verfolgt die Gemeinde die Idee für ein kaltes Nahwärmenetz
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ÄPFINGEN - Die Gemeinde Maselheim stellt ein innovatives Energiekonzept für das geplante Neubaugebiet in Äpfingen auf die Beine. Dabei setzt sie stark auf Sonnenenergie. Die Wärmeversorgung soll über dezentrale Solarthermie erfolgen, die Häuser werden dazu an ein kaltes Nahwärmenetz angeschlossen. Da außerdem auf jedem Gebäude Photovoltaik-Flächen zur Stromerzeugung vorgesehen sind, soll der „Schießberg Nord“am Ende zum CO2-neutralen Baugebiet werden.
Am Anfang der Idee standen Absagen. „Keiner der Anbieter wollte Gas in unserem Neubaugebiet verlegen“, erzählt Bürgermeister Elmar Braun. Es sei für die Unternehmen einfach nicht mehr attraktiv, weil heutzutage Neubauten einen sehr niedrigen Wärmebedarf aufwiesen, berichtet er. Gas zur Wärmeversorgung schied somit aus, ebenso Erdwärme. Denn das Gelände befindet sich im Wasserschutzgebiet, Bohrungen sind deshalb nicht erlaubt. „Als Möglichkeiten blieben Pelletsheizungen, Isolierung oder Luftwärmepumpen“, sagt Braun. „Luftwärmepumpen haben aus unserer Sicht aber nicht den Wirkungsgrad.“
„Natürlich hätte man sich als Gemeinde auch zurücklehnen und sagen können, wir machen nichts“, erzählt der Bürgermeister. „Aber wir sind beim European Energy Award dabei und haben uns Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Deshalb haben wir Überlegungen angetellt.“Im Energieteam, dem Gemeinderäte und externe Fachleute angehören, entstand die Idee für eine dezentrale Energieversorgung aus regenerativen Quellen. Ein Ingenieur arbeitete sie aus.
Das Konzept sieht ein kaltes Nahwärmenetz für die 21 Grundstücke und das am Rand des Neubaugebiets stehende Feuerwehrhaus vor. Das Ganze funktioniert so: Auf dem Dach der benachbarten Mehrzweckhalle oder aufgeständert auf deren Parkplatz werden 160 Quadratmeter Solarthermiepanels aufgestellt. Mit deren Hilfe wird Wasser in einem 400 Kubikmeter großen Pufferspeicher erwärmt. Dieses warme Wasser gelangt dann über ein eigenes Leitungsnetz zum Neubaugebiet. Mittels Wasser-Wasser-Wärmepumpen gewinnen die Hausbesitzer daraus die Energie fürs Heizen und für das Warmwasser. Eine „sehr ökologische Heizung“sei das, hebt Braun hervor.
Von kalter Nahwärme spricht man hierbei aufgrund der Wassertemperatur. Sie liegt deutlich unter den Werten bei normaler Nahwärme. Der große Vorteil: Die Wärmeverluste im Leitungsnetz sind geringer.
In der Mehrzweckhalle soll zudem ein Blockheizkraftwerk (BHKW) entstehen, das, so der Plan, mit Biogas betrieben wird. Es liefert Strom und Wärme für die Halle und nicht nur das. Das heiße Wasser, das zunächst zum Heizen der Halle dient, wird in einem zweiten Schritt weitergeleitet zum Pufferspeicher und hilft mit, diesen zu erwärmen. Diese Doppelnutzung mache das BHKW so interessant, sagt Braun.
Weil bei entsprechenden Minusgraden im Winter das Blockheizkraft nicht ausreicht, um die Halle zu heizen, ist zusätzlich noch ein Spitzenlastkessel vorgesehen. Ob er auch für den Pufferspeicher mitgenutzt wird, ist laut Braun noch nicht klar.
Jedes Haus im Neubaugebiet wird über eine PV-Anlage verfügen. „Damit kann der Strom für die Wärmepumpe selbst erzeugt werden“, sagt der Bürgermeister. Klimaneutrales Heizen werde so möglich. 18 Quadratmeter Panels seien pro Haus vorgesehen, erläutert Braun. Auf dem Dach von Feuerwehr und Mehrzweckhalle werden insgesamt 100 Quadratmeter Panels installiert.
„Das Reizvolle an unserem Konzept ist, dass das Baugebiet CO2-neutral wird“, sagt Elmar Braun. Die Gemeinde hat sich bereits für ein entsprechendes Zuschussprogramm des Landes beworben. „Klimaschutz mit System“fördert laut Pressemitteilung des baden-württembergischen Umweltministeriums „Vorhaben aus dem Bereich des kommunalen Klimaschutzes, die den Ausstoß der Kohlenstoffdioxid-Emissionen der Kommunen reduzieren“. Dazu zählten auch „energieeffiziente
Wärmenetze einschließlich der Erzeugungsanlagen“.
Bürgermeister Braun hofft, dass Maselheim zum Zug kommt. „Wir kennen keinen, der so etwas hat. Unser Konzept ist innovativ“, hebt er hervor. Den Bauherren biete sich eine umweltgerechte Heizungslösung. Zwingen mitzumachen, werde man aber niemanden können. Aber Braun ist sich sicher, dass die Bauherren nicht zögern werden, ihre Häuser anzuschließe. Wenn die Zuschüsse flössen wie erhofft, werde dieses System nicht mehr kosten als eine normale Heizung, sagt er. „Dann wird das eine attraktive Sache.“Sollte die Gemeinde nicht in das Förderprogramm kommen, müssen man sich alles noch einmal anschauen, fügt er hinzu.
In einer der nächsten Gemeinderatssitzungen soll Konzept ausführlich vorgestellt werden. Für den „Schießberg Nord“läuft zurzeit das Bebauungsplanverfahren. Von den geplanten 21 Grundstücken kann die Gemeinde 17 selbst verkaufen. Es gibt bereits eine lange Interessentenliste.