Schwäbische Zeitung (Biberach)

ARD-Mehrteiler als Reise in die deutsch-deutsche Vergangenh­eit

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Sechs Stunden Fernsehunt­erhaltung in vier Teilen an drei Abenden: Das neue ARD-Mammutwerk „Die Toten von Marnow“beginnt an diesem Samstag (20.15 Uhr, Das Erste) mit zwei Morden. Ein Mann hängt kopfüber mit durchgesch­nittener Kehle in einer Schweriner Plattenbau­siedlung. Auf die gleiche Weise wird in einer edlen Altersresi­denz ein alter Mann umgebracht. Ist das der Beginn einer unheilvoll­en Mordserie, auch wenn die Milieus, in denen die beiden lebten, so gar nicht zueinander­passen wollen? Ist es gar ein Feldzug, wie die Ermittler bald vermuten? Für die Kommissare Lona Mendt (Petra SchmidtSch­aller) und Frank Elling (Sascha Gersak) beginnt – hauptsächl­ich in der Ferienland­schaft Mecklenbur­gische Seenplatte – eine lange Reise in ein Kapitel der deutsch-deutschen Vergangenh­eit. In diesem fiktionale­n Krimi geht es um Geheimdien­ste, Stasi und Medikament­entests an DDR-Bürgern. Diese Versuche sind immer noch geheimnisu­mwittert, auch wenn

2016 eine Studie zum Schluss kam, dass systematis­che Verstöße gegen damals geltende Regeln nicht festgestel­lt werden konnten.

Seit dem vergangene­n Wochenende hat die ARD den Thriller als Achtteiler in die Mediathek eingestell­t. Wer über Schwächen in den sechs Stunden hinwegsehe­n kann, wird im Laufe des Geschehens mit zunehmende­r Spannung belohnt. Dabei sitzen die stets offen und lässig am Gürtel getragenen Dienstpist­olen sehr, sehr locker. Teilweise erinnert das Geschehen an die alte Western-Serie „Rauchende Colts“.

Streamings­erie „Katakomben“beleuchtet die zwei Seiten Münchens

Kaum eine andere Stadt ist so mit Klischees behaftet wie München: Oktoberfes­t, Gemütlichk­eit, die Schönen und die Reichen. Doch es gibt auch andere Ecken, jenseits der schicken Einkaufsme­ilen. Menschen, die in bitterer Armut leben. Die neue Streamings­erie „Katakomben“mit Aglaia Szyszkowit­z, Sabine Timoteo und Lilly Charlotte Dreesen bringt beide Welten zusammen. In sechs Folgen entfaltet sich eine Mischung aus Drama und Coming-of-Age-Geschichte, zu sehen seit Donnerstag bei Joyn Plus+.

Für eine illegale Rave-Party steigen verwöhnte Rich Kids in die unterirdis­chen Gänge unter dem Münchner Hauptbahnh­of hinab. Wo sonst Obdachlose und Gestrandet­e Unterschlu­pf finden, feiern sie, trinken, nehmen Drogen. Plötzlich bricht ein Brand aus und die Teenager fliehen ins Freie. Nur drei Jugendlich­e tauchen nicht wieder auf. Bei den Ermittlung­en wird ein Netz aus Geheimniss­en offenbar.

Regisseur Jakob M. Erwa („Die Mitte der Welt“) inszeniert intensiv, rasant und schnörkell­os. Geschickt vermeidet er Klischees und setzt auf Szenen, die auch mal an die Schmerzgre­nze gehen, weil sie so ehrlich sind. Das ist auch das Verdienst der Schauspiel­er, allen voran Lilly Charlotte Dreesen („SOKO Köln – Schrei nach Liebe“) als Nellie. Verzweifel­t sucht sie nach Max. Für das Mädchen ist es ein Schock, als sie mit der anderen Seite Münchens jenseits von Champagner, Architekte­nhaus und Edelmarken konfrontie­rt wird. Stattdesse­n sieht sie Menschen, die verzweifel­t um Existenz und Würde kämpfen. (dpa)

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FOTO: PHILIPP SICHLER/DPA Petra Schmidt-Schaller als Lona Mendt in einer Szene aus „Die Toten von Marnow".

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