Schwäbische Zeitung (Biberach)
Minister fordern härtere Auflagen für Corona-Demos
Stuttgarts OB Nopper verteidigt sich im Innenausschuss für ausgeuferte Protestversammlung
STUTTGART (lsw) - Nach den verstörenden Bildern vom Stuttgarter Massenprotest gegen die Corona-Auflagen fordern Politiker schärfere Auflagen und Verbote bei weiteren Demonstrationen. Im Innenausschuss des baden-württembergischen Landtags wurde zwar die Bedeutung des Demonstrationsrechts betont. Abgeordnete und Minister verurteilten aber auch die von der Stadt Stuttgart erteilte Erlaubnis für die Demonstration auf dem Cannstatter Wasen und brachten eine strengere Auslegung oder sogar Änderung der CoronaVerordnung ins Spiel.
Die Demonstration hätte nach Einschätzung von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) verboten werden können. „Ein Verbot auf Grundlage des Versammlungsgesetzes hätte nach den vorliegenden Informationen
grundsätzlich ausgesprochen werden können, sofern zum Zeitpunkt der Entscheidung davon auszugehen war, dass nach den erkennbaren Umständen des Einzelfalls die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet würde“, sagte Lucha. Davon könne ausgegangen werden, wenn Tausende Menschen dicht gedrängt und ohne Masken durch die Stadt liefen, kritisierte er.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte im Ausschuss strenge Auflagen für ähnliche weitere Proteste. „Ein Verlauf wie am Karsamstag in Stuttgart mit kollektiven Verstößen gegen die Abstands- und Hygieneregeln darf sich nicht wiederholen.“Verbote von größeren Veranstaltungen müssten konsequent in Betracht gezogen und bei einer Erlaubnis schärfere Auflagen erteilt werden. Der Protest am Karsamstag war von der „Querdenken“-Bewegung angemeldet worden. Auf dem Cannstatter Wasen hatten sich bis zu 15 000 Menschen größtenteils ohne Masken und Mindestabstand versammelt und die Stadt in große Erklärungsnot gebracht. Die Debatte um das Verbot hatte in den vergangenen Tagen zu deutlichen Spannungen zwischen der Landesregierung und der Stadtverwaltung geführt. Es geht dabei vor allem um die Frage, warum der schließlich ausgeuferte Protest nicht von vorneherein verboten wurde – so wie es die Stadt bei beiden kommenden Protesten auch tun möchte.
Das Sozialministerium hatte bereits kurz nach dem Protest am Karsamstag gewarnt, Demonstrationen wie in Stuttgart seien „eine gesamtgesellschaftliche Gefährdung und dazu geeignet, die dritte Corona-Welle zu befördern“.
Stuttgarts OB Frank Nopper verteidigte erneut die Erlaubnis für die Demonstration und verwies im Innenausschuss auf die rechtlichen Vorgaben. Es habe im Fall des Massenprotests am Karsamstag keine Voraussetzung für ein Versammlungsverbot vorgelegen. Die Erfahrungen vom Osterwochenende zeigten jedoch, dass es eine „Radikalisierung der sogenannten ,Querdenker’“gegeben habe.
Wären die massiven Verstöße im Vorfeld absehbar gewesen, hätte die Stadt die Demonstration verbieten können, wie Nopper sagte. Ein pauschales Verbot sei auch künftig nicht rechtmäßig. Man müsse jeden einzelnen Fall prüfen.