Schwäbische Zeitung (Biberach)
Impfstoff-Petition aus Neu-Ulm scheitert
Arzt Christian Kröner sprach einst von „Skandal“– Trotz Niederlage ist er jetzt zufrieden
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NEU-ULM - Dr. Christian Kröner sprach einst von einem „Skandal“. Mit einer Petition wollte er deshalb etwas ändern: Es geht um den Corona-Impfstoff, der im Müll landet, die berühmte „siebte Spritze“. Im Bayerischen Landtag ist am Dienstag der Antrag des Pfuhler Hausarztes zur Gewinnung zusätzlicher Impfdosen aus den Ampullen behandelt worden. Er wurde zwar formal abgelehnt. Kröner ist dennoch zufrieden.
Im Mittelpunkt der Debatte standen die Fläschchen des Herstellers Biontech/Pfizer. Wie Kröner in seinem Petitionsantrag schilderte und wie es auch am Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg-Heroldsberg in einem Experiment untersucht wurde, sei es in 70 bis 80 Prozent der Fälle möglich, dass aus den Ampullen sieben Dosen gewonnen werden können, obwohl offiziell nur sechs Dosen enthalten sind.
Der Gesundheitsausschuss lehnte zwar mehrheitlich eine Würdigung der Petition ab. Die Äußerungen in der vorangegangenen Diskussion im Gesundheitsausschuss machen Kröner aber Mut: „Das ist mehr, als wir bislang aus München gehört haben, und mehr, als ich erwartet habe“, so der Hausarzt aus Pfuhl (Teilort von Neu-Ulm).
Vertreter verschiedener Fraktionen hatten zuvor klargemacht, dass es zu begrüßen sei, wenn Ärzte sieben statt nur sechs Dosen entnehmen. So handhabt es auch der NeuUlmer Haus- und Notarzt, seit Impfungen bei ihm in der Praxis möglich sind. Dadurch habe er schon 17 Prozent mehr Menschen immunisieren können, sagt er. Möglich ist das, weil der Hersteller immer eine Reserve in die Impfstofffläschchen füllt.
Der Ausschussvorsitzende Bernhard Seidenath (CSU) betonte allerdings, dass es nachteilig sei, wenn die Entnahme der siebten Dosis vorgeschrieben sei. Denn dann müsse der Arzt diese Dosis auch aus den Ampullen ziehen, jetzt sei es ihm freigestellt. Eine weitere Folge auch: Biontech rechnet nicht die gelieferten Fläschchen ab, sondern die verabreichten Dosen. So wurde es auch gehandhabt, als die möglichen Dosen von fünf auf sechs erhöht wurden. Somit sei die rechtliche Regelung jetzt „viel kommoder“, so Seidenath.
Die Gesundheitsbehörden hatten klargemacht, dass Ärzte zwar sieben
Dosen aus den Biontech-Ampullen entnehmen dürfen, dies aber in eigener Verantwortung geschehe. Fachleute sprechen von einem „Off-Label-Use“. Die Mediziner setzen dann ein Präparat außerhalb des von den Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsbereichs ein.
Allgemeinmediziner Kröner setzt sich seit Wochen für die zusätzlichen Dosen aus den Arzneimittelfläschchen ein. Seiner Ansicht nach würden unnötig zahlreiche Impfdosen weggeworfen, weil die Impfzentren immer nur sechs Spritzen aufziehen. Er wollte deswegen eine offizielle Freigabe der zusätzlichen Impfdosen, damit nicht „aus rein juristischen Gründen jeden Tag Tausende
Impfdosen ungenutzt entsorgt werden“. Für Kröner war das eine nicht hinnehmbare Vorgehensweise. Schließlich würden die Impfzentren vom Freistaat geführt. Da könne nicht der Arzt haftbar gemacht werden.
„Dieses Vorgehen der Impfstoffverschwendung kostet massiv Menschenleben“, so der Pfuhler Arzt, als er die Petition einreichte. Jetzt, nachdem der Gesundheitsausschuss seinen Antrag behandelte und er die Debatte bei Youtube im Live-Stream verfolgt hatte, gab er sich im Gespräch gemäßigter. Denn die Botschaft sei nun klar kommuniziert worden: Die Ärzte seien ermutigt worden, so oft es geht, die siebte Spritze zu verimpfen, so der Pfuhler Hausarzt.