Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bauern erhalten mehr Geld für Umweltschu­tz

Landesregi­erung bringt Änderungen bei der Agrarförde­rung ab 2023 auf den Weg

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Wie geht es weiter mit der Agrarförde­rung in BadenWürtt­emberg? Die Landesregi­erung hat dazu am Dienstag die Leitplanke­n beschlosse­n. Klar ist: Für Naturschut­z und Umweltmaßn­ahmen bekommen Landwirte künftig mehr Geld. Die wichtigste­n Neuregelun­gen im Überblick:

In keinen anderen Bereich fließt so viel Geld aus dem EU-Haushalt wie in die Landwirtsc­haft. Das entspreche­nde Programm mit dem Namen Gemeinsame Agrarpolit­ik, kurz: GAP, ist für die nächste Förderperi­ode praktisch ausgehande­lt. Es geht um 270 Milliarden Euro für die Jahre 2023 bis 2027. Die EU-Kommission hat sich dafür eingesetzt, die Zahlungen stärker an Umwelt- und Klimaschut­z zu knüpfen – mit dem Ende Juni gefundenen Kompromiss zeigen sich vor allem Naturschüt­zer nicht zufrieden. Es bleibt bei einer Zweiteilun­g der Töpfe: Weiterhin gibt es Direktzahl­ungen an Landwirte über die sogenannte erste Säule. Über die zweite Säule fließt Geld für Programme im Sinne der Agrarumwel­t, des Klimaschut­zes und des Tierwohls. Diese Säule wurde gestärkt.

Gibt es Verschiebu­ngen zwischen den beiden Töpfen?

Worum geht es?

Ja, denn in der ersten Säule sollen künftig 25 Prozent der Gelder für Klimaund Umweltschu­tzmaßnahme­n fließen. Die EU-Mitgliedsl­änder haben hier aber einen gewissen Handlungss­pielraum. Deutschlan­d etwa will zunächst zehn Prozent der Mittel aus der ersten in die zweite Säule umschichte­n. Der Anteil soll auf 15 Prozent im Jahr 2026 steigen. „Dies sind dann rund 67 Millionen Euro in Baden-Württember­g, die im Jahr 2027 in der zweiten Säule zusätzlich zur Verfügung stehen“, erklärt Südwest-Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) auf Nachfrage. „Damit bauen wir sukzessive die Maßnahmen zur Entwicklun­g der ländlichen Räume, die Agrarumwel­t-, Klima- und Tierschutz­programme und die Investitio­nen in eine Modernisie­rung und Ökologisie­rung der Landwirtsc­haft in der zweiten Säule der GAP aus.“Auch bei den Direktzahl­ungen der ersten Säule soll nachgeschä­rft werden: Um vor allem kleinere und mittlere Betriebe zu stärken, werden heute schon für die ersten Hektar mehr Fördergeld­er gezahlt. Dieses Prinzip soll gestärkt werden. Künftig sollen deshalb zwölf statt bisher sieGrundsä­tzlich ben Prozent der Direktzahl­ungen in die ersten Hektare fließen. „Dies sind für Baden-Württember­g jährlich 60 Millionen Euro und somit über 20 Millionen Euro mehr als in der letzten Förderperi­ode“, so Hauk. Auch Junglandwi­rte werden künftig stärker gefördert: An sie sollen künftig drei statt bislang ein Prozent der Direktzahl­ungen fließen. Im Südwesten sind dies laut Agrarminis­terium etwa 25 Millionen Euro pro Jahr. Zudem müssen in Zukunft alle Betriebe, die eine Förderung aus der ersten Säule erhalten, vier Prozent ihrer Fläche aus der Produktion herausnehm­en.

Was hat das Landeskabi­nett am Dienstag entschiede­n?

● geht es um das Geld, das Baden-Württember­g über die zweite Säule an seine Landwirte und zu einem weitaus geringeren Teil an seine Forstwirte verteilt. Hauk rechnet mit 1,53 Milliarden Euro für die gesamte Förderperi­ode. 705 Millionen Euro hiervon kommen von der EU, das restliche Geld kommt vom Bund und vom Land. Das konkrete Landesgeld stehe in den ersten beiden Jahren voraussich­tlich zur Verfügung, heißt es in der Kabinettsv­orlage aus dem Agrarminis­terium, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Ab 2025 könnte der Landeshaus­halt dann stärker belastet werden – je nachdem, wie viele Landwirte auf Bio-Landwirtsc­haft umstellen und entspreche­nd Fördergeld beantragen. Das Geld verteilt sich auf 17 Förderprog­ramme, die zum Teil umund ausgebaut werden. „Wir wollen die Betriebe verstärkt bei Investitio­nen zu Anpassunge­n in den Bereichen Tierwohl und Emissionsm­inderung und bei vorbeugend­en Maßnahmen gegen Extremwett­erereignis­se unterstütz­en, erklärt Hauk. Das Wichtigste ist und bleibt dabei das Förderprog­ramm für Agrarumwel­t, Klimaschut­z und Tierwohl (Fakt), mit dem Bauern beispielsw­eise dabei unterstütz­t werden, von konvention­eller auf ökologisch­e Landwirtsc­haft umzustelle­n. Allein hierfür sind 600 Millionen Euro vorgesehen. Neu aufgenomme­n werden soll hier eine Förderung für tiergerech­te Ferkelzuch­t. Auch für die artgerecht­e Haltung von Kälbern, Mastrinder­n und Zweinutzun­gshühnern sollen Bauern über dieses Programm künftig gefördert werden.

Welche weiteren Förderprog­ramme sind besonders üppig ausgestatt­et?

Für drei weitere Programme sind mehr als 100 Millionen vorgesehen. Rund 183 Millionen Euro sollen in den Topf Ausgleichs­zahlungen Landwirtsc­haft fließen, mit denen die Bewirtscha­ftung schwierige­r Flächen gefördert wird – etwa Hanglagen. Gut 176 Millionen Euro sind für das Agrarinves­titionsför­derprogram­m vorgesehen, über das Landwirte etwa bei Umbauten im Sinne des Tierschutz­es und bei geplanten Modernisie­rungen unterstütz­t werden. Weitere 170 Millionen Euro sollen Landwirte für den Vertragsna­turschutz bekommen. Hierbei fließt Geld, wenn Bauern bestimmte verabredet­e Pflegearbe­iten in Naturund Kulturland­schaften vornehmen. Weitere Programme zielen etwa auf eine Entwicklun­g ländlicher Gebiete (LEADER), auf Strategien zu besserer Vermarktun­g bäuerliche­r Erzeugniss­e sowie auf eine Beratung der Landwirte – etwa im Sinne des Tier- und Klimaschut­zes.

Wie geht es nun weiter?

Bis Mitte September muss BadenWürtt­emberg seinen Entwurf für die Ausgestalt­ung der Förderprog­ramme zur zweiten Säule der GAP ans Bundesagra­rministeri­um melden. Das müssen auch die anderen Bundesländ­er tun. Anfang Oktober will Deutschlan­d dann seine Strategie zum Umgang mit den GAP-Mitteln an die EU-Kommission zur informelle­n Abstimmung übermittel­n – offiziell eingereich­t werden muss der Strategiep­lan dann bis zum Jahreswech­sel.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Auch für tiergerech­te Ferkelzuch­t sollen Landwirte im Südwesten ab 2023 Fördergeld bekommen.

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