Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mietpreise: Teures Pflaster Biberach

So schätzt der Mietervere­in die Wohnungssi­tuation im Landkreis Biberach ein

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - 26 Mietwohnun­gen hatte das Internetpo­rtal Immoscout2­4 am vergangene­n Wochenende in Biberach gelistet. Wer eine Dreizimmer­Wohnung sucht, die neuer als Baujahr 1960 ist, muss Minimum 900 Euro Kaltmiete berappen. Der schnelle Blick ins Netz deckt sich mit der Einschätzu­ng, die Roland Huchler, Vorsitzend­er des Mietervere­ins Biberach und Umgebung, vom Mietwohnun­gsmarkt im Raum Biberach hat.

Seit mehr als 30 Jahren ist der inzwischen pensionier­te Anwalt Rechtsbera­ter beim Mietervere­in, seit rund 20 Jahren dessen Vorsitzend­er. Er hat erlebt, wie sich die Situation auf dem Mietmarkt in Biberach in den vergangene­n Jahren vor allem für die Menschen mit kleinerem Geldbeutel verschärft hat. „Wir haben große, erfolgreic­he Firmen in der Stadt, die gut verdienend­e Mitarbeite­r haben oder hierher locken“, sagt Huchler. „Wer beispielsw­eise aus München kommt, für den sind die Mieten hier ein Klacks.“Die Gutverdien­er verdrängte­n diejenigen, die weniger verdienen. Letztere haben es schwer, in Biberach eine Wohnung zu finden. „Wer 1500 Euro netto oder weniger verdient, hat die größten Probleme, etwas Bezahlbare­s zu finden“, so Huchlers Erfahrung.

In guten Wohnlagen, beispielsw­eise in den Biberacher Stadtteile­n Weingarten­berg oder Talfeld, liege man schnell bei einer Kaltmiete von zehn und mehr Euro pro Quadratmet­er. Sei man bereit, zehn Kilometer ins Umland zu ziehen, liege die Kaltmiete zehn, manchmal sogar 20 Prozent niedriger. „Wir reden hier aber nicht von einem Neubau“, so Huchler. „Neubauwohn­ungen erscheinen oft gar nicht mehr in den einschlägi­gen Portalen, sondern gehen über Mundzu-Mund-Propaganda unter der Hand weg.“

Huchler wechselt die Perspektiv­e: Vermieter seien in der Regel an langfristi­gen Mietverhäl­tnissen mit Mietern interessie­rt, die keine Probleme machen. „Ein ruhiges Paar, beide berufstäti­g,

Die Mietpreise im

sind in den vergangene­n zwei Jahren gestiegen. Die Gesellscha­ft für Siedlungs- und Wohnungsba­u (GSW) als größter Vermieter in der Stadt geht davon aus, dass das Mietniveau zwischen sieben und acht Euro pro Quadratmet­er liegt. In Bad Saulgau sind die Preise deutlich höher. Eine 60-Quadratmet­er-Wohnung im Stadtgebie­t Bad Saulgau, die nach 2005 gebaut wurde, kann dem Mietspiege­l zufolge zwischen 8,69 und 9,20 Euro kosten – kalt, pro Quadratmet­er. Für Neubauwohn­ungen ist die Kaltmiete auf den Quadratmet­er gerechnet teurer. „Wir gehen davon aus, dass diese in Bad Saulgau mit 8,50 bis 12 Euro höher liegt als in anderen Städten und Gemeinden im Kreis“, so Günter Hermann, Vorsitzend­er des EiGemeinde­n

Kreis Sigmaringe­n hat gute Chancen, mit drei Kindern und einem Hund wird es eher schwierig“, so der Mietervere­insvorsitz­ende.

Zu pessimisti­sch will er die

Situation in Biberach aber auch nicht sehen. „Im

Gegensatz zu vielen anderen

Städten, die ihren eigenen

Wohnungsbe­stand verkauft haben, hat Biberach seinen behalten. Das ist ein

Segen, denn diese

Wohnungen sind relativ günstig.“Insgesamt verwaltet der städtische Eigenbetri­eb Wohnungswi­rtschaft rund 360 Wohnungen im Stadtgebie­t mit einer Durchschni­ttskaltmie­te von gentümerve­reins Haus & Grund.

Ein noch höheres Preisnivea­u herrscht am Bodensee: 900 Euro Kalt-Miete für eine Drei-ZimmerWohn­ung – in Friedrichs­hafen ist das ein normaler Preis im Bereich Neubau. Mit einem Quadratmet­erpreis von 12 Euro muss man rechnen, in der Spitze werden sogar bis zu 16 Euro verlangt. Die Stadt versucht, mit sozialem Wohnungsba­u gegenzuste­uern, bezahlbare­r Wohnraum ist dennoch knapp. Im Landkreis Ravensburg liegt die Durchschni­ttsmiete laut MietCheck.de bei 9,13 Euro pro Quadratmet­er bei einer Spanne zwischen 7,68 und 13,94 Euro. Vor zwei Jahren lag der Durchschni­ttswert noch bei 7,91 Euro. Egal ob in Kißlegg oder Isny, in Leutkirch oder Wolfegg: In all diesen Städten und 6,13 Euro/Quadratmet­er. Auch die Nebenkoste­n sind mit 1,69 Euro im Durchschni­tt günstig. Gerade bei älteren Häusern mit kaum vorhandene­r Dämmung und einem hohen Stromverbr­auch, beispielsw­eise durch Nachtspeic­heröfen, werde aus den Nebenkoste­n schnell eine sogenannte zweite Miete, weiß Huchler.

Der größte Anbieter von günstigen Mietwohnun­gen in Biberach ist die Baugenosse­nschaft Biberach, die etwa 680 Wohnungen in ihrem Portfolio hat. Die durchschni­ttliche Sollmiete lag

muss für den Quadratmet­er mehr als neun Euro bezahlt werden. In Weingarten sind es laut Statistik knapp elf Euro, in Ravensburg über zwölf.

Laut Statistisc­hem Landesamt müssen Haushalte in Baden-Württember­g 10,60 Euro pro Quadratmet­er Warmmiete bezahlen, wenn die Wohnung sechs Jahre alt oder jünger ist. Die Miete sinkt mit zunehmende­m Alter der Bausubstan­z; in Häusern, die über 70 Jahre alt sind, liegt sie aber immerhin auch noch bei durchschni­ttlich

8,60 Euro. Ein Baden-Württember­ger musste 2009 im Schnitt

602 Euro an Kaltmiete bezahlen. Zehn Jahre später waren es schon 773 Euro im Monat. Auch diese Zahlen stammen vom Statistisc­hen Landesamt. (fxh/at/bua) laut Geschäftsb­ericht 2019 bei 5,94 Euro pro Quadratmet­er, die Betriebsko­sten lagen bei 1,47 Euro pro Quadratmet­er. „Sowohl beim Eigenbetri­eb Wohnungswi­rtschaft der Stadt als auch bei der Baugenosse­nschaft muss man allerdings mit Wartezeite­n rechnen, bis man eine Wohnung erhält“, sagt Huchler.

Aber nicht nur Biberach ist ein teures Pflaster, wenn es um Mietwohnun­gen geht. Auch in Laupheim haben die Preise in den vergangene­n Jahren ordentlich angezogen und bewegen sich laut Huchler nur unwesentli­ch unter den Biberacher Mieten. „Dort drängen auch viele auf den Mietmarkt, die in Ulm arbeiten, weil Ulm zum Wohnen auch sehr teuer geworden ist.“Deutlich günstiger werde es hingegen in Riedlingen.

Huchler rechnet damit, dass sich die Situation auf dem Mietwohnun­gsmarkt in Städten wie Biberach in den nächsten Jahren noch verschärfe­n wird, selbst wenn in neuen Baugebiete­n wie am Hirschberg (altes Klinikarea­l in Biberach) auch viele Mietwohnun­gen vorgesehen sind. Auch dass in neuen Baugebiete­n in den Dörfern inzwischen zunehmend auch Geschosswo­hnungsbau mit Mietwohnun­gen realisiert werde, sei sinnvoll. „Grundsätzl­ich ist jedes neue Baugebiet – auch wenn es dort nur Einfamilie­nhäuser gibt – gut für den Mietmarkt“, sagt Huchler. „Wer dort einzieht, macht möglicherw­eise woanders in der Stadt eine Wohnung frei.“

Der Mietervere­in Biberach und Umgebung hat rund 5000 Mitglieder und bietet fachkundig­e anwaltlich­e Beratung in Miet- und Wohnungsfr­agen. Die Aufnahmege­bühr beträgt einmalig 20 Euro, der Jahresbeit­rag beträgt 70 Euro (inklusive Mietrechts­schutzvers­icherung). Weitere Infos unter mietervere­in-biberach.de im Netz.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Für eine Mietwohnun­g in einer guten Lage in Biberach muss man laut Mietervere­in oft mehr als zehn Euro kalt pro Quadratmet­er berappen.

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