Schwäbische Zeitung (Biberach)

Immer mehr Menschen konsumiere­n Cannabis

In der Region stieg die Zahl der Konsumente­n deutlich an

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REGION (sz) - Cannabis ist laut dem Drogen- und Suchtberic­ht der Bundesregi­erung die am häufigsten konsumiert­e illegale Droge in Deutschlan­d. 7,1 Prozent der Bevölkerun­g in Deutschlan­d haben 2018 Cannabis konsumiert. Während im Jahr 2020 so wenige Jugendlich­e rauchten und Alkohol tranken wie noch nie seit Beginn der Erhebungen, ist der frühe und regelmäßig­e Cannabis-Konsum immer deutlicher zu einem Problem geworden: 10,4 Prozent der 12- bis 17Jährigen und 46,4 Prozent der 18- bis 25-Jährigen haben schon einmal Cannabis ausprobier­t.

Von 2015 bis 2019 sind die durch Cannabis verursacht­en Behandlung­en von AOK-Versichert­en in BadenWürtt­emberg im Schnitt um jährlich 7,8 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum gab es im Alb-Donau-Kreis eine überdurchs­chnittlich­e Steigerung von 21 Prozent, im Stadtkreis Ulm stieg die Zahl jährlich sogar um 23,1 Prozent.

Die AOK zählte im Jahr 2019 im Alb-Donau-Kreis 190 Versichert­e, die wegen Cannabis-Missbrauch ärztlich behandelt wurden. 2015 waren es noch 83 Versichert­e. Im Stadtkreis Ulm hat sich die Zahl der Behandlung­en wegen Cannabis-Konsums von 2015 bis 2019 fast verdreifac­ht: sie stieg von 68 auf 197.

Im gleichen Zeitraum gab es auch im Landkreis Biberach eine Steigerung von 10,8 Prozent. Die AOK zählte im Jahr 2019 im Landkreis 203 Versichert­e,

die wegen Cannabis-Missbrauch ärztlich behandelt wurden. 2015 waren es noch 143 Versichert­e.

Cannabis zählt wie Alkohol zu den bewusstsei­nsveränder­nden Substanzen und hat ein hohes Sucht- und Abhängigke­itspotenti­al. Welche Wirkungen der Konsum von Cannabis ausübt und wie stark diese sind, hängt von mehreren Faktoren ab.

Dazu zählen etwa die Art des Konsums (geraucht oder gegessen), die aufgenomme­ne Wirkstoffm­enge, die Grundstimm­ung und die psychische Stabilität des Betroffene­n. Trotz der Legalisier­ung von Cannabis in einigen Ländern sind die Folgen des Konsums nicht zu unterschät­zen. „Die Stoffquali­tät und die Verfügbark­eit

haben sich verändert. Es sind mittlerwei­le Drogen auf dem Markt, die durch Züchtung ein Vielfaches an Tetrahydro­cannabinol (THC) enthalten wie die Pflanzen vor 20 Jahren“, sagt Thorsten Kapitzki-Nagler, Themenmana­ger Sozialer Dienst bei der AOK Baden-Württember­g. THC beeinfluss­t das Nervensyst­em sowie die Gedächtnis­leistung. Wahrnehmun­gsund Konzentrat­ionsstörun­gen, Halluzinat­ionen sowie Wahnvorste­llungen und Persönlich­keitsstöru­ngen können die Folgen sein.

„Durch die Einnahme von Cannabis – besonders von hohen Dosen THC – können akute psychotisc­he Symptome ausgelöst werden. Diese verschwind­en in der Regel wieder nach einigen Tagen“, so KapitzkiNa­gler. „Eine eigenständ­ige ‚Cannabisps­ychose‘ ist nicht belegt. Man geht hingegen davon aus, dass bei anfälligen Personen, die Cannabis konsumiere­n, eine bislang verborgene psychotisc­he Erkrankung eher zum Ausbruch kommt als bei abstinente­n.“Regelmäßig­er Cannabis-Konsum hat eine Beeinträch­tigung der kognitiven Leistungsf­ähigkeit wie Aufmerksam­keit, Konzentrat­ion und Lernfähigk­eit zur Folge. Starker Konsum beeinträch­tigt zudem die Lungenfunk­tion. Dauerhafte­r und intensiver Konsum von Cannabis kann mit allgemeine­n Rückzugste­ndenzen bis hin zur sozialen Isolation einhergehe­n. Dabei stehen Betroffene den Aufgaben des Alltags, wie Schule und Beruf, häufig gleichgült­ig gegenüber.

„Damit Jugendlich­e sich kein Suchtverha­lten antrainier­en und sie ein größeres Risikobewu­sstsein entwickeln, ist Prävention­sarbeit besonders wertvoll“, sagt Dr. Sabine Schwenk, Geschäftsf­ührerin der AOK Ulm-Biberach. Die Gesundheit­skasse arbeitet daher seit langer Zeit mit den Suchtbeauf­tragten des Landkreise­s zusammen, die unter anderem Prävention­sprojekte zum Thema Sucht initiieren. „Prävention ist immer besser, als später die Folgen einer Sucht behandeln zu müssen. Diese Zusammenar­beit ist für die AOK somit eine sehr gute Investitio­n.“

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FOTO: AOK Immer mehr Jugendlich­e greifen zum Joint.

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