Schwäbische Zeitung (Biberach)
Auf schmalem Grat
Die Traditionsclubs der 3. Liga haben große Sorgen
MÜNCHEN (SID) - Die neue Saison der 3. Fußball-Liga hat noch nicht begonnen, da malt Andreas Rettig schon ein düsteres Szenario. „In ihrer derzeitigen Form produzieren wir in der 3. Liga quasi sehenden Auges Sozialfälle. Das beginnt bei den Spielern und geht weiter zu den Vereinen, von denen viele ja ständig mit einem Bein in der Insolvenz stehen“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung von Viktoria Köln vor dem – geplanten – Auftakt am Freitag zwischen dem VfL Osnabrück und dem MSV Duisburg. Dass die Partie am Donnerstagnachmittag wegen eines Corona-Falls beim Gast abgesetzt werden musste, passt ins Bild.
Der frühere Bundesligamanager mahnte dringend Änderungen der Strukturen an. Vor allem ZweitligaAbsteiger wie Braunschweig, Osnabrück und Würzburg sieht Rettig in ihrer Existenz gefährdet. Die würden „in ein Loch fallen. Statt acht Millionen TV-Geld bekommen sie plötzlich nur noch eine Million. Ihre Kosten bleiben aber annähernd gleich.“Dies könne ein Verein „vielleicht ein Jahr kompensieren, zwei oder drei Jahre lang aber nicht“. Rettig ist nicht der Erste, der „eine Anpassung der TVVerträge“ins Gespräch bringt.
Derzeit ist Liga drei eine Liga mit viel Tradition und großen Namen, aber eben auch vielen Problemen, die sich durch die Pandemie noch verschärften. Der 1. FC Kaiserslautern entging vergangene Saison einem Absturz nur durch eine „geplante Pleite“. Der KFC Uerdingen, der zehn Millionen Euro Schulden anhäufte, musste Insolvenz anmelden und konnte die Lizenzauflagen nicht mehr erfüllen. „Das Risiko, der Sonne zu nahe zu kommen und zu verbrennen, ist immens“, sagt Stefan Krämer, letzte Saison Trainer beim KFC. Man brauche „verantwortungsbewusste Leute, die gut mit Geld umgehen können und sich nicht zu sehr treiben lassen“. Ob man unter diesen Umständen längerfristig in der 3. Liga glücklich werden könne? „Wenn man verrückt genug ist, na klar“, so Krämer.
Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich die Clubs bewegen. Sie sind zum sportlichen Erfolg verdammt, um wirtschaftlich mittelfristig überleben zu können. 2019/2020 lagen die Personalkosten pro Verein bei mehr als vier Millionen Euro, im Schnitt ergab sich ein Minus von 1,6 Millionen.
Immerhin können die Drittligisten wieder mit Fans rechnen, sagt Manuel Hartmann, der DFB-Abteilungsleiter Spielbetrieb, Ligen und Wettbewerbe: „14 von 20 Clubs haben bereits gemeldet, dass zu ihrem ersten Heimspiel Zuschauer zugelassen sind.“Und die Fans müssen sich auf viele neue Gesichter einstellen: Bis Donnerstag verzeichneten die Clubs 400 Transfers (Quelle: Transfermarkt.de).