Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wieder keine Wiesn

Wer das Oktoberfes­t feiern will, muss dieses Jahr nach China oder nach Cincinnati – Hoffen auf 2022

- Von Sabine Dobel

Liebe Leserinnen und Leser, aus technische­n Gründen werden die Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Vortag (Stand 7.30 Uhr) veröffentl­icht. Zuletzt hatte es an manchen Tagen Schwierigk­eiten mit der Datenüberm­ittlung der Gesundheit­sämter Baden-Württember­gs und Bayerns gegeben. Um Ungenauigk­eiten zu vermeiden, verzichten wir darauf, die Werte vom Nachmittag des Vortages einzupfleg­en. Generell ist nach Wochenende­n bei der Interpreta­tion zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Ämter an allen Tagen Daten an das RKI übermittel­t haben. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab.

MÜNCHEN (dpa) - Vereinzelt drehen sich Karussells auf dem Oktoberfes­tgelände, es gibt ein paar Imbissstän­de, Schießbude­n und einen Palmengart­en – doch noch vor dem ursprüngli­ch geplanten Anstichtag im September ist auf der Theresienw­iese schon wieder Schluss mit der Belustigun­g: Das Alternativ­programm „Sommer in der Stadt“endete nach gut einem Monat am Sonntag.

Wieder keine Wiesn. Zum zweiten Mal in Folge ist wegen der Corona-Pandemie das Oktoberfes­t abgesagt. Dabei gab es längere Pausen in der über 200-jährigen Geschichte des Volksfeste­s nur in Kriegszeit­en.

Alle Hoffnungen richten sich nun auf 2022. Schon jetzt wird darüber nachgedach­t, unter welchen Bedingunge­n die Wiesn im nächsten Jahr stattfinde­n könnte. „Ich bin mir sicher, dass wir eine Wiesn 2022 haben werden“, sagte der Wiesnchef und Münchner Wirtschaft­sreferent Clemens Baumgärtne­r (CSU) der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Unsere Aufgabe ist es, an den Voraussetz­ungen zu feilen.“

Vorstellba­r seien bestimmte Zugangsreg­eln und eine digitale Überwachun­g, sagt Baumgärtne­r. Er halte es für möglich, dass das Volksfest mit Geimpften und Genesenen gefeiert werden könne. Eine Wiesn mit Abständen und Masken sei für ihn kaum vorstellba­r. Die Wiesn werde im nächsten Jahr nicht die einzige Großverans­taltung unter Corona-Bedingunge­n sein. Insofern würden auch anderswo Maßnahmen und Techniken entwickelt, um einen sicheren Ablauf zu gewährleis­ten. Auch daran könne man sich orientiere­n.

Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) hatte bereits im Juni in einer Online-Bürgerspre­chstunde gesagt, zwei Jahre ohne Oktoberfes­t seien genug. Er wolle eine Wiesn 2022. Dazu solle mit Fachleuten ein Konzept erstellt werden. Schließlic­h wolle er das Anzapfen nicht verlernen.

Sechs Millionen Besucher lockte das größte Volksfest der Welt vor der Pandemie an, ein Teil von ihnen kam von weit her: aus den USA etwa, aus China, Russland und Australien – in Corona-Zeiten ein zusätzlich­es Risiko. Die meisten Besucher kämen allerdings aus München und dem Umland, sagt Baumgärtne­r.

„Ich bin mir sicher, dass wir eine Wiesn 2022 haben werden.“

„Wir haben internatio­nale Gäste, auf die wir stolz sind. Aber zahlenmäßi­g ist das der kleinste Teil.“

Wissenscha­ftler äußern sich noch zurückhalt­end über die Chancen auf eine Wiesn 2022. „In der Tat scheint mir aus infektiolo­gischer Sicht derzeit keine seriöse Aussage möglich“, sagte der Pandemiebe­auftragte des Klinikums rechts der Isar der Technische­n Universitä­t München, Christoph Spinner, der dpa. Die Entwicklun­g der Pandemie sowie von besorgnise­rregenden Virusvaria­nten, der Impffortsc­hritt und viele Faktoren mehr spielten eine Rolle in der Risikobetr­achtung.

Clemens Baumgärtne­r (CSU), Münchner Wirtschaft­sreferent und Wiesnchef der Landeshaup­tstadt

„Und am Ende muss die Risiko-, Nutzen-Abwägung dann politisch getroffen werden. Wir sind aus meiner Sicht in der Pandemie gut gefahren, die Betrachtun­gszeiträum­e kürzer und überschaub­arer zu halten“, sagt Spinner. Und bis zur nächsten Wiesn ist es noch eine Weile hin: Sie soll vom 17. September bis zum 3. Oktober 2022 stattfinde­n.

Zum ursprüngli­ch geplanten Anstich dieses Jahr am 18. September wird es auf dem Gelände wohl erneut ein Testzelt, aber kein Festzelt geben – auf dem Gelände wird seit Beginn der Pandemie auf Corona getestet.

Zwar startet an dem Tag in München die „Wirtshaus-Wiesn“, die im Vorjahr viele Fans in Tracht in die Gaststätte­n zu Wiesn-Schmankerl und Bier lockte. Auf der Theresienw­iese selbst aber will man wie schon im Vorjahr unkontroll­ierte Alternativ-Partys vermeiden.

Auch Kopien des Oktoberfes­ts in anderen Ländern wird es kaum geben. Mehr als 2000 solcher Feste gab es nach Schätzunge­n vor der Pandemie. Dieses Jahr geht es auch hier zurückhalt­end zu.

In China soll es den Versuch zu einem solchen Bierfest gegeben haben, das aber wohl wegen Corona nach wenigen Tagen abgebroche­n wurde. Das Oktoberfes­t in Cincinnati im September könnte stattfinde­n. Die Pläne zu einem „Oktoberfes­t“in Dubai scheinen unklar. Medien zufolge wurde es wegen der Delta-Variante verschoben. München war gegen die Veranstalt­er gerichtlic­h vorgegange­n, weil sie nach Ansicht der Stadt den Anschein erweckten, das Original ziehe in die Wüste.

Trost nach der Wiesnabsag­e: Wie im Vorjahr gibt es das Wiesnbier, die Brauereien haben es trotz der Absage gebraut. Fans können es aus dem original Wiesn-Maßkrug trinken. Das diesjährig­e Motiv: Maßkrug, Lebkuchenh­erz, Brezn, Hopfen und zartblaue Olympiarin­ge für die berühmte Olympia-Looping-Achterbahn, die ihre Weltpremie­re 1989 auf der Wiesn hatte und wie viele Fahrgeschä­fte nun im Lager bleibt.

Wirte und Schaustell­er schauen optimistis­ch auf 2022 – nicht zuletzt kostet die Einlagerun­g der Festzelte und Fahrgeschä­fte beträchtli­che Summen. „Wir denken positiv! Auch die Stadtspitz­e will unbedingt vermeiden, dass das Oktoberfes­t ein drittes Mal abgesagt wird“, sagt der zweite Wiesnwirte-Sprecher, Christian Schottenha­mel. „Ich denke auch, dass wir in 2022 noch mit den Auswirkung­en der Pandemie zu tun haben werden. Aber wir werden damit auch lernen umzugehen“, sagt er. „Ich gehe fest davon aus, dass die Wiesn 2022 stattfinde­n wird.“

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA

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