Schwäbische Zeitung (Biberach)
Diese Orte in Biberach erinnern an Matthias Erzberger
Die Ermordung des Zentrumspolitikers jährt sich am Donnerstag zum 100. Mal
●
BIBERACH - Er unterzeichnete das Waffenstillstandsabkommen, das den Ersten Weltkrieg beendete und legte die Grundlagen für das heute noch vorhandene deutsche Steuersystem: Matthias Erzberger, Zentrumsabgeordneter im Deutschen Reichstag für den Wahlkreis Württemberg, wurde am 26. August 1921, also morgen vor 100 Jahren, von rechtsextremen Attentätern bei Bad Griesbach ermordet. Wenige Tage später wurde er in Biberach, das zu Erzbergers Wahlkreis gehörte, beigesetzt. Sein Grab auf dem alten katholischen Friedhof ist der Erzberger-Gedenkort in der Stadt schlechthin, aber es gibt auch noch andere Orte in Biberach, die eine Verbindung zu Matthias Erzberger haben. Mit Erzberger-Experte Alfons Siegel hat sich die SZ auf Spurensuche begeben.
Martin: Hier war der Sarg Erzbergers vor der Beerdigung am 31. August 1921 aufgebahrt.
Kronensaal: Im Saal des früheren Hotels Krone an der Ecke der heutigen Hindenburgstraße/Viehmarktstraße hielt Erzberger öfter Reden, wenn er seinen Wahlkreis besuchte. Darunter auch seine politisch brisante Friedensrede vom 16. September 1917, in der er für viele überraschend einen Verständigungsfrieden forderte und sich damit mutig gegen den herrschenden Zeitgeist stellte. Es ging ihm darum, für Deutschland eine große Katastrophe abzuwenden.
Gasthof „Grüner Baum“: Im Lokal in der Schulstraße war Erzberger gewissermaßen Stammgast. In dessen Saal hielt er am 26. Juli 1921, also genau einen Monat vor seiner Ermordung, seine wohl letzte große Rede. Eine Gedenktafel an der Hausfassade erinnert daran. Aufbewahrt wird in der Gaststätte auch der sogenannte Erzberger-Stuhl, auf dem der Abgeordnete gesessen haben soll.
Jordanbad: Dort war Matthias Erzberger öfter zur Kur. Im Frühjahr 1920 verfasste er dort sein Erinnerungsbuch „Erlebnisse im Weltkrieg“. Bei einem Spaziergang offenbarte ihm seine Tochter Maria dort, dass sie in ein Kloster eintreten wolle. Ein Entschluss, der Erzberger emotional sehr mitnahm, wie Autor Benjamin Dürr in seiner jüngst erschienenen Erzberger-Biografie schreibt. Ende Juli/Anfang August 1921 verbrachte Matthias Erzberger
Stadtpfarrkirche
St.
mit seiner Familie mehrere Wochen im Jordanbad, ehe sie am 19. August nach Bad Griesbach reisten, wo der Abgeordnete eine Woche später ermordet wurde.
Alte Stadtbierhalle: In der Stadtbierhalle auf dem Gigelberg hielt Matthias Erzberger im Juni 1903 als Zentrumskandidat für den Reichstag
seine erste Biberacher Wahlkampfrede. Laut Pressebericht soll diese beim Publikum begeisterten Anklang gefunden haben.
Kaplanei: In der ehemaligen Brandenburgschen Kaplanei in der Museumstraße befinden sich heute das katholische Pfarrbüro St. Martin und das Pfarrhaus. Dort soll Erzberger
gelegentlich, öfter oder gar regelmäßig bei Aufenthalten in Biberach übernachtet haben. „Dies ist historisch zwar nur unsicher belegt“, sagt Alfons Siegel, „es erscheint aber einleuchtend, da Erzberger sehr gute Kontakte zu katholischen Geistlichen und der katholischen Kirche hatte.“