Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ulmer Wirtshaus in Schussenrieder Hand
Amelie Dangel und Michael Utz leiten das Ulmer Wirtshaus und den Herrenkeller
ULM/BAD SCHUSSENRIED - Künftig dürften die Schussenrieder noch lieber als sonst durch die Ulmer Innenstadt flanieren. Denn die gebürtige Schussenriederin Amelie Dangel hat gemeinsam mit ihrem Mann Michael Utz gleich zwei Gaststätten in Ulm übernommen.
Amelie Dangel ist in Bad Schussenried ein bekanntes Gesicht. Schon in frühen Jahren engagierte sie sich für das Heimatfest und seit Kurzem gehört sie zum Vorstand des Brauchtumsvereins. Michael Utz ist gebürtiger Bayer, in Schussenried jedoch auch kein Fremder. Zwischen 2005 und 2008 betrieb der heute 47Jährige den Gasthof „Zur Linde“in Schussenried und war Festwirt im Bierzelt am Heimatfest. Zusammen mit Brauereichef Michael Ott rief er damals auch das Schussenrieder Oktoberfest ins Leben.
Seit 2007 sind die beiden ein Paar. Zusammen lebten sie einige Jahre in Ingolstadt und betrieben dort einen Biergarten, ein Wirtshaus und zwei Tankstellen. Vor ein paar Jahren machten sie sich in der Region auf die Suche nach einem neuen Objekt und wurden 2019 in Ulm fündig: Die privaten Besitzer des Ulmer Wirtshauses suchten nach einem neuen Pächter. Das Haus liegt am Rande des Fischerviertels, direkt an der Neuen Straße. „Haberfelder im Ulmer Wirtshaus“heißt es nun, ein „klassisch-bayrisches Wirtshaus“, sagt Utz, „ bei uns gibt es nur bayrisches Essen und rockige Musik“. Passend dazu wird nur Augustiner Bier ausgeschenkt.
Im Mai 2019 eröffneten sie das Wirtshaus, „und ein Jahr lang haben wir wirklich hart gearbeitet, um es zum Laufen zu bringen“, erinnert sich Amelie Dangel. Dann war auf einmal Schluss. „Wir hatten den einen Tag noch volles Haus beim Starkbierfest, da war der Oberbürgermeister und der gesamte Gemeinderat da und dann hieß es auf einmal, wir müssen schließen“, ergänzt Utz. „An diesem Tag haben wir uns schon mit den Ellbogen begrüßt, doch keiner konnte absehen, was für ein Jahr auf uns warten würde.“
In den Folgemonaten sei es ein ständiges Auf und Ab gewesen. Relativ zeitnah hätten sie die staatlichen Soforthilfen erhalten. Und die Kurzarbeit habe sofort ihre Wirkung gezeigt. Einfach sei es jedoch trotzdem nicht gewesen. Schließlich hätten sie gerade zu diesem Zeitpunkt es geschafft, sich eine Stammkundschaft aufzubauen und erste Gewinne zu machen. „Wir erleben hier in Ulm jedoch einen unheimlich großen Zusammenhalt unter den Gastwirten. Man hilft sich aus und unterstützt sich, anstatt sich die Gäste zu neiden“, erklärt die 35-Jährige. Und das habe auch dazu beigetragen, dass die meisten Ulmer Gastwirte relativ gut durch die Krise gekommen seien. „Und wann immer wir wieder öffnen durften, haben wir erlebt, wie gerne die Menschen wieder zu uns kommen.“
Dieses Jahr bot sich dann eine zweite Chance: Nach mehr als 20 Jahren zogen sich die bisherigen Pächter des Herrenkellers zurück, eine Traditionsgaststätte in der Herrenkellergasse. Das Haus wurde 1472 errichtet und ist seit 1636 eine Trinkstube, in der einst die Ulmer Ratsherren sich zum Feierabendbier trafen. Heute gibt es in dem Lokal nur noch ein Bier: Goldochsen, frisch vom Fass. Und im Gegensatz zum Haberfelder stehen hier nur schwäbische Gerichte auf der Karte, passend zum schwäbischen Bier.
Seit sechs Wochen hat der Herrenkeller nun unter neuer Führung geöffnet. Die Tische sind auch unter der Woche zur Mittagszeit gut gefüllt. Das Publikum scheint gemischt, denn in die Gassen hinter dem Münster verirren sich nicht ganz so viele Touristen wie ins Fischerviertel. Hier sitzen, vor allem am Abend, eher die Ulmer.
Amelie Dangel und Michael Utz hoffen nun auf einen guten Spätsommer und dass es, wenn möglich, keinen weiteren Lockdown geben wird. Wie viele Gäste noch kommen werden, wenn künftig die 2G-Regel gilt, darüber wollen sie nicht spekulieren. Sie sind positiv, dass ihnen auch dieses Unterfangen gelingen wird. „In der Gastronomie musst du immer kreativ sein und dir ständig was Neues einfallen lassen, damit die Gäste zu dir kommen. Und dass wir das können, haben wir mehrfach bewiesen“, sind sie sich einig. Die neueste Idee: schwäbische Tapas – urige Leckereien im Kleinformat.