Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wann kommt die künstliche Welle in Ulm?
Die Eisbachwelle in München ist weltbekannt – Auch die Donaustadt soll eine bekommen
ULM - Im Wasser auf einer Welle reiten, ohne lange Fahrt ans Meer und ohne ewiges Warten auf ausreichend Brandung: Immer mehr Menschen surfen auf künstlich erzeugten Wellen auf Flüssen und Seen in ganz Deutschland. Auch in Ulm soll eine solche Welle entstehen. Vor ziemlich genau zwei Jahren gingen die Gebrüder Moritz und Linus Reulein mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit. Inzwischen gibt es Neuigkeiten bezüglich eines Standortes.
Groß war die Begeisterung unter den Surf-Fans in Ulm und um Ulm herum, als im September 2019 die Nachricht die Runde machte, dass es auch in der Donaustadt nach dem Vorbild der Eisbachwelle in München eine künstliche Welle geben soll. Auch Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) begrüßte die Idee. Wenngleich er schon damals hohe Hürden sah – unter anderem eine Machbarkeitsstudie. Die ist zwar noch nicht in Auftrag gegeben worden und auch wenn es zwischenzeitlich etwas ruhiger um das Projekt wurde, eingeschlafen sei es keineswegs. „Überhaupt nicht“, sagt Moritz Reulein. „Corona hat uns nur vielleicht ein bisschen zurückgeworfen.“
Man sei in Gesprächen mit jener Firma, die noch in diesem Jahr in Nürnberg dafür sorgen soll, dass erste Surferinnen und Surfer auf der Pegnitz eine künstliche Welle reiten können. Um die zehn Jahre hätten sie dort darum gekämpft, erzählt Reulein. Mithilfe dieser Experten-Firma soll nun auch in Ulm herausgefunden werden, wo entlang von Donau oder Blau eine Welle entstehen könnte. Helfen sollen dabei bestimmte Daten wie Wasserfluss und Flusshöhe. „Da haben wir in Ulm Glück. Da liegen viele Werte ziemlich exakt vor“, sagt Reulein.
Drei mögliche Standorte wurden inzwischen ins Auge gefasst. Noch nicht alle seien spruchreif, sagt Reulein. Einer aber schon: an der Blau hinter dem Bauhaus. Dort im Blaupark würden sie schon jetzt, wenn der Fluss deutlich mehr Wasser als sonst hat, surfen können. Optimistisch stimmt Reulein zudem, dass das dortige Wehr in die Jahre gekommen ist und eigentlich bereits seit 20 Jahren hätte umgebaut werden sollen. Ob und wenn ja, wann in Ulm eine künstliche Welle entstehen könnte, sei nicht so einfach zu sagen. „Aber wir sind optimistisch“, meint Reulein.
Auch deshalb, weil dem 2019 gegründeten Verein „Ulm Surfing“mittlerweile fast 100 Mitglieder angehören. Sollten die Pläne konkreter werden, könnte diese Gemeinschaft womöglich auch einen Teil der Kosten übernehmen. Doch bis dahin wird noch viel Wasser die Donau hinabfließen und sich die Ulmer „Surf-Community“weiterhin an der Illerbrücke bei Wiblingen treffen.
Mit dem Rad kommen die Ulmer Surfer regelmäßig hierher. Mit einem modifizierten Bungeeseil, das an der Brücke hängt, stemmen sich die Wassersportler dort gegen die Strömung – bei Wind und Wetter. Man müsse nicht lange auf eine Welle warten. „Das Ganze ist eine super Übung für das Surfen im Meer“, sagt Linus Reulein.
Auch in anderen Orten ist man auf der Suche nach einer Alternative zur natürlichen Welle im Meer. In Pforzheim hat der Verein Blackforestwave eine der ersten künstlichen Wellen in Baden-Württemberg umgesetzt. Nach der ersten Idee 2014 hat es der Verein sieben Jahre später zu seiner eigenen Welle im Metzelgraben, einer Ableitung der Nagold in der Innenstadt, geschafft. Möglich war dies durch Beharrlichkeit des Vereins, zahlreiche Sponsoren und ein gutes Miteinander mit den Behörden. Nach ersten Tests in diesem Sommer soll die Welle noch in diesem Jahr den Surfern aus Pforzheim und von außerhalb zur Verfügung stehen.
Bei München, mit der Eisbachwelle sozusagen Wiege des deutschen Flusssurfens, soll der größte Surfpark Europas entstehen. Bis 2023 sollen im Norden der Stadt bis zu 60 Sportler und Sportlerinnen gleichzeitig auf einer rund 180 Meter langen Welle surfen können.
Das Surfen auf künstlichen Wellen habe in Deutschland aber auch weltweit extrem zugenommen, sagt Michael Zirlewagen vom Deutschen Wellenreitverband, kurz DWV. Im DWV sind als Dachverband vor allem die professionellen Surfer und ihre Vereine vertreten, die Wellenreiten oft auch als Leistungssport betreiben.
Doch auch wenn die Ulmer Surfer bei einem Aktionstag Müll aus der Iller
fischen, sich Verbände wie der DWV für den Naturschutz einsetzen, gibt es Misstrauen gegenüber neuen Surfwellen auf Flüssen. So wurde etwa das Vorhaben in Nürnberg von Anwohnern mit Verweis auf möglichen Lärm und Umweltzerstörung auch kritisch diskutiert.
Beim Naturschutzbund (Nabu) sind bislang aber keine größeren Probleme mit künstlichen Surfwellen bekannt. Doch es sei wichtig, die Auswirkungen auf die Natur im Einzelfall stets genau zu prüfen, sagt eine NabuSprecherin. In Ulm, berichtet Moritz Reulein, sei die Abteilung Naturschutz bislang immer dabei gewesen bei den Gesprächen. „Bislang gibt es keine Probleme“, sagt er.
Dass es immer mehr Menschen zum Surfen auf künstlichen Wellen zieht, liegt für Michael Zirlewagen vom DWV vor allem an der leichten Zugänglichkeit. Im Meer sei man oft nur wenige Sekunden auf der Welle, auf einer stehenden Welle könne man vieles besser üben und sei länger am Surfen. Durch die vielen künstlichen Wellen in Städten gehe der Sport zudem mehr in die Breite und werde einem größeren Publikum bekannt.