Schwäbische Zeitung (Biberach)
Horst Weisser sagt Ade: „So ewig wie das Moor“
Der Leiter des Wurzacher Naturschutzzentrums wird verabschiedet – Doch ein anderer Vertrag läuft noch
BAD WURZACH (sl) - Hohe Anerkennung, immensen Respekt und große Sympathie hat Horst Weisser als Leiter des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried genossen. Nun wurde er nach 36 Jahren in den Ruhestand verabschiedet.
Groß war die Schar derer, die unlängst der Einladung ins Kurhaus gefolgt waren. Fast keiner der „alten Weggefährten“hatte abgesagt, was der Ehrung des Weisser’schen Lebenswerks angemessen war.
Wie sich Weisser selbst erinnerte, gab es am Anfang nichts als ein fast leeres Zimmer im nicht ausgebauten Dachgeschoss des Amtshauses. „Da stand ein Stuhl, und aus der Wand hingen die Telefonkabel. Mit dem Stadtbaumeister bin ich dann erst einmal nach Biberach gefahren, um einen Schreibtisch zu kaufen.“
Aus diesem Beginn wurde ein Naturschutzzentrum, das bis heute wegweisend ist im Ländle und nach dessen Vorbild sechs weitere aufgebaut wurden. „Ich war mit dabei, gemacht hat es das Team um mich herum. Es ist nicht mein Erfolg, es ist unserer“, so Weisser bescheiden.
Das sahen die Festredner ganz anders: „Sie waren nicht nur der Leiter des Naturschutzzentrums. Sie waren das Naturschutzzentrum“, hatte Alexandra Scherer als Bürgermeisterin von Bad Wurzach und Vorstand des
Stiftungsrats gleich eingangs hervorgehoben. Und Weissers „zielgerichteten Pragmatismus“gelobt, „verbunden mit einer tiefen Verwurzelung in unserer Stadtgesellschaft“.
Weisser habe es in nur wenigen Jahren erreicht, „Stolz zu schaffen und Akzeptanz zu erreichen. So haben Sie die Erfolgsgeschichte gesichert“, sagte der Ravensburger Landrat Harald Sievers, ebenfalls Stiftungsrat. Er hob vor allem die „Brücken bauende und integrierende Art“Weissers hervor, der zudem „ein hochqualifizierter Moorschutzexperte“sei. Nur dadurch sei vieles möglich geworden.
„So ewig wie das Moor war Ihre Amtszeit gefühlt“, sagte Sievers schmunzelnd. In einen Rundum-Ruhestand mag der Landrat Weisser freilich nicht schicken: „Für meine Idee vom Biosphärengebiet oder Naturpark brauche ich Sie noch“– um Begeisterung zu wecken, Sicherheit zu geben, Ängste abzubauen. „Ihr Vertrag als ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter des Landkreises läuft noch.“
Auf Weissers „Botschafterqualitäten“fürs Biosphärengebiet hofft auch als Vertreter des Landes, dritter Träger der Stiftung, Karl-Heinz Lieber als Abteilungsleiter Naturschutz im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Das Hoffen von Lieber und Sievers dürfte nicht vergebens sein. „Ich freue mich aufs Biosphärengebiet“, sagte Weisser später in seinen Schlussworten. „Es wäre so ein Gewinn für diese Kulturlandschaft, und zwar in ökologischen und ökonomischen Belangen.“
Fachliche Expertise, kommunikatives Geschick und Kommunikation auf Augenhöhe seien die Erfolgsrezept-Zutaten Weissers gewesen, so Lieber. „Du bist nahbar und ein Überzeugungstäter, aber ohne missionarischen Übereifer.“Stets habe er danach gestrebt, Naturschutz von der Landwirtschaft her zu denken.
„Als Regierungspräsidium hätten wir ohne diesen Mann, der mit den Leuten reden kann, nichts erreicht“, mutmaßte Burkhard Schall, bis vor Kurzem Referatsleiter in der Tübinger Behörde. „Wir mussten uns um vieles nicht kümmern, weil da einer war, der’s gut und richtig macht.“
Im Namen aller Naturschutzzentren des Landes sagte Gerhard Kersting, Leiter in Eriskirch, Dank. Die Moorführer, vertreten durch Petra Wolz und Thomas Hoppe, freuen sich nun auf ihren neuen Kollegen und übergaben ihm schon einmal ein Namensschild und Gummistiefel.
Die Kollegen aus dem Naturschutzzentrum erinnerten vor allem an Weissers Wortwitz und seine manchmal schlitzohrige Art, an Dinge heranzugehen: „Wenn i immer bloß tät’, was i derft, könnt i’s au glei sei lassa.“
Weisser scheidet nach eigenen Worten „mit einer gewissen Zufriedenheit“. Und er freue sich auf mehr Zeit mit seiner Frau Martina, seinen beiden Töchtern und „den Enkala“. Richtig zur Ruhe sei er in den ersten 14 Tagen seines Ruhestands freilich noch nicht gekommen, gestand er ein. Und in den nächsten Tagen wird’s wohl auch nichts werden: „Man kann kaum schlafen, wenn man hört, was für ein Mordskerle man ist“, so Weisser schmunzelnd.