Schwäbische Zeitung (Biberach)

Belasteten Menschen geht es schlechter

Die Begleiters­cheinungen der Pandemie sind im neuen ZfP-Zentrum deutlich spürbar

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BIBERACH (sz) - Vor wenigen Tagen ist der ZfP-Neubau am Biberacher Hauderbosc­hen feierlich eröffnet worden. Das Tagesklini­k-Ambulanzze­ntrum und das Medizinisc­he Versorgung­szentrum des ZfP Südwürttem­berg sind dort bereits seit Juli in Betrieb. Seither haben sich viele psychisch belastete Menschen profession­elle Hilfe gesucht.

Überforder­ung wegen Homeoffice oder Homeschool­ing, Angst um den Arbeitspla­tz, fehlende soziale Kontakte, Verstärkun­g von Angstprobl­ematiken – dies alles sind Probleme, mit denen psychisch belastete Menschen während der Pandemie oft zu kämpfen hatten. Seit dem vergangene­n Herbst wandten sich auffallend viele der Betroffene­n im Landkreis Biberach an die Tagesklini­k, die Psychiatri­sche Institutsa­mbulanz (PIA) oder das Medizinisc­he Versorgung­szentrum (MVZ) des ZfP Südwürttem­berg in Biberach. Die Einrichtun­gen sind im Juli dieses Jahres an den neuen Standort am Gesundheit­scampus umgezogen, die Angebote werden nach wie vor stark nachgefrag­t. „Bei der Tagesklini­k haben wir schon eine Warteliste“, berichtet die Therapeuti­sche Leiterin Heike Berger. Die Tagesklini­k bietet insgesamt 35 Behandlung­splätze mit verschiede­nen Schwerpunk­ten. Die Behandlung­splätze wurden mit dem Umzug nahezu verdoppelt. In der Tagesklini­k und in der PIA werden Betroffene mit allgemeinp­sychiatris­chen Diagnosen, junge Erwachsene mit psychische­n Belastunge­n sowie Menschen mit Abhängigke­itserkrank­ungen behandelt.

„Während des letzten Lockdowns hat sich die seelische Verfassung von belasteten Menschen über alle Altersgrup­pen hinweg verschlech­tert“, sagt Berger. Die Isolierung und ausfallend­e Vereins- und Gruppenang­ebote seien die Hauptgründ­e. Viele Menschen hätten die fehlenden Aktivitäte­n und Kontakte zuerst kompensier­en können. Manche Menschen mit sozialen Phobien waren durch wegfallend­e Termine sogar entlastet. „Bewältigun­gsstrategi­en haben aber im Lockdown im Frühjahr oft nicht mehr funktionie­rt“, erklärt Dr. Carmen Holzapfel. Sie ist Ärztliche Leiterin der PIA und des MVZ im Neubau. Kraftquell­en wie in den Monaten zuvor in den Urlaub zu fahren oder Freunde zu treffen, seien weggefalle­n. Seit den Sommermona­ten sei zwar wieder mehr möglich gewesen, aber: „Die Normalität ist noch nicht da. Jemand, dem es psychisch nicht so gut ging, konnte den Sommer nicht so genießen“, erklärt Berger.

„Wir hatten nie zu. Wir waren und sind weiter für die Betroffene­n da“, betont Holzapfel. Der Umzug habe insgesamt gut geklappt, von den Patienten kamen positive Rückmeldun­gen – nicht nur zu den modernen Räumlichke­iten: „Viele sind über die persönlich­en Termine sehr froh und sie sind dankbar, dass sie hier in der Tagesklini­k andere Menschen treffen können und eine Beschäftig­ung haben“, erzählt die Psychother­apeutin. Mit den Angeboten am neuen Standort können noch mehr Menschen wohnortnah erreicht werden. „Wir sind jetzt noch spezialisi­erter“, berichtet Holzapfel. „Gerade für die Adoleszent­en, also Menschen zwischen 18 und 27 Jahren, haben wir am neuen Standort ein spezielles Angebot“, so die Fachärztin für Psychiatri­e. Psychisch belastete Menschen in dieser Altersgrup­pe hätten oft vielfältig­e Probleme wie Depression­en,

Angst- oder Persönlich­keitsstöru­ngen, auf die individuel­ler und mit fachärztli­cher Expertise eingegange­n werden kann.

In der PIA werden schwere psychische Erkrankung­en von Erwachsene­n ambulant diagnostiz­iert und behandelt. Die nähere Anbindung an die Tagesklini­k bietet die Möglichkei­t der sektorüber­greifenden Behandlung. Holzapfel gibt ein Beispiel: „Ein Patient, der zu Hause lebt und zu ambulanten Terminen in die PIA kommt, kann auch an bestimmten Gruppenang­eboten der Tagesklini­k teilnehmen.“Angeboten werden beispielsw­eise Musik-, Ergo-, Bewegungs- und Physiother­apie. „Jeden Tag machen wir mit den Patienten der Tagesklini­k einen Morgenspaz­iergang. Wir erkunden die Gegend und genießen den Blick ins Grüne“, zeigt sich Berger vom neuen Standort angetan.

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FOTO: ZFP Dr. Carmen Holzapfel und Heike Berger behandeln am Biberacher Hauderbosc­hen psychisch belastete Menschen.

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