Schwäbische Zeitung (Biberach)
Der nächste Rückschlag
Sechster Corona-Fall beim VfB Stuttgart wirft Frage nach Impfbereitschaft der Spieler auf
STUTTGART - Wer häufiger mit Pellegrino Matarazzo zu tun hat, der kennt den Italo-Amerikaner eigentlich als ruhigen, ausgeglichenen Typ. In den vergangenen Tagen ist es aber aus dem Trainer des VfB Stuttgart doch häufiger mal herausgebrochen. „Wenn ich die nächste Nachricht bekommen habe, habe ich auch mal geschrien“, verriet er am Freitagvormittag. Das kann ihm wohl keiner verübeln, schließlich trifft es den 43Jährigen derzeit knüppeldick. Zu den vielen Langzeitverletzten um Sasa Kalajdzic und Silas Katompa Mvumpa kommen seit einer Woche auch noch große Corona-Sorgen.
Fünf Spieler wurden in den vergangenen Tagen positiv auf das tückische Virus getestet. „Natürlich ärgert mich das. Aber wenn ich merke, dass ich mich zu sehr hineindenke, versuche ich, mich sehr schnell wieder zu fokussieren. Nicht im Moment zu leben, ist eine große Zeitverschwendung“, spielte der VfB-Coach die Sorgen herunter – nur um wenig später den nächsten Rückschlag hinnehmen zu müssen. Etwas mehr als 30 Stunden vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach am Samstag (18.30 Uhr/Sky) wurde in Mittelfeldmann Orel Mangala auch noch Spieler Nummer 6 positiv getestet. Der Belgier ist neben Abwehrchef Waldemar Anton, Torwart Florian Müller und U21-Nationalspieler Roberto Massimo die vierte Stammkraft, die dem schwäbischen Bundesligisten in Gladbach wegen Corona fehlen wird. Zudem fällt auch der ebenfalls isolierte Erik Thommy aus.
Immerhin kann Matarazzo wieder mit dem zuletzt infizierten Fabian Bredlow planen. Der Ersatztorwart durfte am Freitag nach seiner Quarantäne wieder trainieren, nachdem ein abschließender Test negativ ausfiel. Am Nachmittag berief ihn der Trainer auch in seinen Spieltagskader. Als Alternative stünde Stuttgarts Nummer 3, Florian Schock, bereit, der in Gladbach sein Bundesliga-Debüt geben könnte. Große Bedenken
hat Matarazzo diesbezüglich nicht. Der 20-Jährige mache „einen guten Eindruck im Training. Wir haben vollstes Vertrauen in ihn. Er ist sehr reaktionsschnell, hat einen guten Charakter und eine gute Mentalität. Er wird seinen Weg bei uns gehen“, sagte er.
Das Chaos der vergangenen Tage war dem sonst so gut gelaunten Trainer dennoch deutlich anzusehen. „Man kann es so sehen, dass das Momentum vielleicht nicht hundertprozentig auf unserer Seite ist“, versuchte Matarazzo sich diplomatisch auszudrücken. Man kann aber auch fragen: Wie konnte der VfB in dieses Corona-Chaos geraten? Und wie sieht es mit der Impfbereitschaft der Spieler aus? Matarazzo gefällt das heikle Thema nicht. Natürlich würde der Trainer sich darüber freuen, wenn sich all seine Spieler impfen lassen würden. Zwingen kann er sie aber nicht. „Wir haben in Deutschland keine Impfpflicht, deshalb wird es auch beim VfB keine geben.“Angesprochen auf seine Heimat USA, wo Spieler, die sich nicht immunisieren lassen, teilweise aus den Kadern gestrichen werden, sagte er: „Ich habe schon die ein oder andere Meinung dazu, werde sie aber nicht äußern.“Er muss sowieso andere Wege finden, die Ausbreitung des Virus in seiner Mannschaft zu stoppen. „Wir führen weiterhin Gespräche. Und das ist jetzt eine Möglichkeit, diese Gespräche zu intensivieren.“Ob ihn das nervt? „Sicherlich ist es ein Stück weit aufwendiger als gewünscht.“
Auch die Mannschaftszusammenstellung ist aufgrund der vielen Ausfälle momentan deutlich schwieriger als sonst. Doch trotz aller Personalnot glaubt Matarazzo an eine Chance bei der zuletzt stark aufspielenden Borussia aus Gladbach. „Sie sind ein sehr offensivstarke Mannschaft. Aber es wird sicherlich den einen oder anderen Raum geben, der aufgeht“, sagte er. „In allererster Linie geht es um unseren Mut, den wir auf den Platz bringen. Wenn wir als Einheit auftreten und mit Mut und Energie agieren, dann haben wir immer eine Chance – auch in Gladbach.“Zumindest ein Punkt wäre endlich mal wieder eine positive Nachricht für den angeschlagenen VfB.