Schwäbische Zeitung (Biberach)
Härteste Zeit für Lehrer
Morgens haben sie recht und mittags frei? Das Klischee der faulen Lehrer ist so alt wie falsch. Zwar hat die Pandemie gezeigt, dass mancher Pädagoge gerne abtaucht. Die große Mehrheit übt den Beruf aber mit Überzeugung und Engagement aus.
Je erfahrener eine Lehrkraft, desto versierter ihr Unterricht. Für viele Referendare, die am Anfang ihrer Karriere stehen, ist indes jede Unterrichtsstunde eine Art Mount-Everest-Besteigung. Bis spät in die Nacht werden Unterrichtseinheiten vorbereitet, verworfen, überarbeitet. Und zwar jede einzelne. Wer Lehramtsstudierende im familiären Umfeld oder Freundeskreis hat, weiß: Die Referendariatsszeit ist die härteste im Leben einer Lehrkraft. Sollen Referendare nun, wie es das Kultusministerium plant, eine Stunde mehr Unterricht halten, bedeutet das viele weitere Stunden Vorbereitung. Der Druck wächst, die Freude am Job sinkt. Das kann dazu führen, dass zwar kurzfristig mehr Lehrer vor Klassen stehen, langfristig sich aber ungleich mehr von diesem Berufsweg abwenden.
Anne Sliwka, die dem Wissenschaftsbeirat des Kultusministeriums angehört. Denkbar sei es zwar, Referendare eine Stunde mehr unterrichten zu lassen. Dafür müsse ihnen aber auch etwas geboten werden – etwa mehr Teamarbeit oder digitale Angebote. Um dem Lehrermangel zu begegnen, spricht sie sich indes dafür aus, durch flexiblere Angebote mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen. Ihr schwebt ein dualer Masterstudiengang vor: Wer ein abgeschlossenes Studium hat, soll in diesen oder ähnlichen Fächern in zwei oder drei Jahren zum Lehrer ausgebildet werden, während er die Hälfte der Zeit bereits an einer Schule ist und auch Geld verdient. „Dadurch würde man einen ganz anderen Pool an Menschen erschließen“, sagt sie.