Schwäbische Zeitung (Biberach)
Faeser verlängert Kontrollen an Grenze zu Österreich
Regel gilt für Übergänge zwischen Bayern und Tirol sowie Salzburg – Flüchtlingssituation als Begründung
BERLIN (dpa) - Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Kontrollen an der Grenze zu Österreich um weitere sechs Monate verlängert und damit einige Politiker der Ampel-Koalition überrascht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte am Mittwoch mit, das Ministerium habe mit einem Schreiben an die EU-Kommission vom 14. April „die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze zum 12. Mai 2022 für einen sechsmonatigen Zeitraum notifiziert“. Begründet wird die Verlängerung bis November mit dem Migrationsgeschehen an diesem Grenzabschnitt.
Eigentlich gibt es im SchengenRaum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. In den vergangenen Jahren hatten aber mehrere Staaten eine Ausnahmeregelung genutzt und wieder teilweise Grenzkontrollen eingeführt. Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Tirol und Salzburg, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und andere Migranten von Griechenland über die Balkanroute auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in einem Urteil zu den 2015 zwischen Österreich und Slowenien eingeführten Grenzkontrollen am Dienstag darauf hingewiesen, dass Staaten solche Kontrollen nur im Fall „einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit“verlängern dürfen. „Im vorliegenden Fall scheint Österreich (…) nicht nachgewiesen zu haben, dass eine neue Bedrohung vorliegt“, hieß es wörtlich. Eine abschließende Entscheidung liegt jedoch beim zuständigen Gericht in Österreich.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte, Faeser müsse mit Blick auf das EuGH-Urteil unbedingt alle europarechtlichen Spielräume ausschöpfen, damit auch über November hinaus Kontrollen an der Grenze zu Österreich möglich seien. Welche Folgen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur slowenisch-österreichischen Grenze für Deutschland haben wird, ist ebenfalls noch offen. „Die Auswertung und Prüfung etwaiger Auswirkungen auf die von Deutschland angeordneten vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an der deutschösterreichischen Landesgrenze dauert an“, so das Innenministerium.