Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Viele haben Angst vor der nächsten Heizkostenabrechnung“
Um die Folgen von Corona-Pandemie und Ukrainekrieg geht es auch beim DGB-Maifest auf dem Gigelberg
BIBERACH (gem) - Trotz der negativen Folgen von Corona-Pandemie und Ukrainekrieg für viele Arbeitnehmer will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bei seinem traditionellen Maifest am 1. Mai auf dem Gigelberg in Biberach positive Stimmung verbreiten. „Viele haben Sehnsucht danach, endlich mal wieder gemütlich mit anderen Menschen zusammenzukommen“, sagt Michael Braun, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ulm und stellvertretender DGB-Kreisvorsitzender im Kreis Biberach, im Pressegespräch.
„Gemeinsam Zukunft gestalten“lautet das Motto des Maifests. Diese Zukunft werde aber für viele Arbeitnehmer zunehmend von Unsicherheiten geprägt, sagt Antje Trosien vom DGB, Region Südostwürttemberg. Sie verweist auf die stockenden Tarifverhandlungen im Bereich des Betreuungs- und Erziehungswesens. „In der Pandemie haben alle geklatscht und jetzt, wo es darum geht, den Kolleginnen und Kollegen mehr Geld zu bezahlen, gibt sich die Arbeitgeberseite sehr zögerlich.“
Der Krieg in der Ukraine sorge bei der IG Metall für einen Spagat, sagt Braun. „Viele unserer Firmen sind zu 100 Prozent abhängig von Energielieferungen aus Russland. Zu glauben, man bekomme das in den Griff, indem jeder die Heizung um zwei Grad herunter dreht, ist naiv.“Komme es zu einem Lieferstopp von russischem Gas, könnten einige Firmen sehr schnell nicht mehr arbeiten, ist Braun überzeugt. Hinzu kämen Kostensteigerungen für Material und unterbrochene Lieferketten.
„Auf der anderen Seite machen sich aber auch die Arbeitnehmer Sorgen, wie es für sie privat weitergeht. „Viele haben ihr Leben entlang ihres Auskommens organisiert und jetzt merken sie plötzlich: Es reicht nicht mehr“, so Braun. Deswegen brauche es in der nächsten Tarifrunde im Sommer keine Einmalzahlungen,
sondern prozentuale Lohnerhöhungen. Die derzeitigen Entlastungskonzepte der Regierung seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
So sieht es auch Antje Trosien: „Viele Arbeitnehmer haben Angst vor der nächsten Heizkostenabrechnung.“Nichts sei so gefährlich wie soziale Ängste. „Wir müssen aufpassen, dass es dadurch nicht zu Verwerfungen kommt, die extreme politische Kräfte für sich zu nutzen versuchen.“Maßnahmen wie das Neun-Euro-Ticket für den ÖPNV könnten in größeren Städten zur Entlastung des Geldbeutels beitragen. „Aber wenn ich hier auf dem Dorf lebe und Schichtarbeit mache, hilft mir das möglicherweise nicht weiter“, so Antje Trosien.
Herbert Kasperek, DGB-Kreisvorsitzender, vertritt in diesem Punkt eine klare Meinung: „Muss man nicht da abschöpfen, wo es nicht wehtut?“Er spricht sich für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus.
Um all diese Themen und weitere Aspekte soll es auch bei einer Gesprächsrunde beim Maifest in der alten Stadtbierhalle gehen. Antje Trosien diskutiert dort mit Hermine Burger (Betriebsseelsorgerin), Cornelia Vogt (Verdi), Heidrun Drews (GEW) und Bertram von Wächter (Betriebsratsrat Liebherr Components Biberach). Grußworte sprechen zuvor Landrat Heiko Schmid sowie Stadtrat Josef Weber in Vertretung des Oberbürgermeisters. Der offizielle Teil dauert bis gegen 12 Uhr.
Das DGB-Maifest findet am Sonntag, 1. Mai, ab 10.30 Uhr in der alten Stadtbierhalle auf dem Gigelberg statt. Nach den Grußworten gibt es eine Gesprächsrunde zum Thema „Gemeinsam Zukunft gestalten“. Anschließend ist gemütliches Beisammensein mit Bewirtung und Livemusik und Kinderbetreuung.