Schwäbische Zeitung (Biberach)

Abtauchen ins Urmeer

Im Urwelt-Museum Bodman am Untersee sind seltene Fossilien zu entdecken

- Von Petra Lawrenz

Wsie● enn noch einmal die Augen öffnen könnten, der stattliche Plesiosaur­ier etwa oder das kleine Meereskrok­odil, was würden sie wohl denken? Staunen würden sie vermutlich, und das nicht schlecht: Das ganze schöne Urmeer, ihre Heimat – alles weg! Und mit ihm all die alten Mitbewohne­r, von den Ammoniten und Fischen bis zu den Delfinen der Urzeit, den Ichthyosau­riern – keiner mehr am Leben. Was kann denn nur passiert sein?

Stattdesse­n plätschert da draußen noch etwas Wasser in einer Pfütze, die sie Bodensee nennen. Und drumherum wuseln merkwürdig­e Lebewesen auf zwei Beinen, die statt Schuppen bunte Shorts tragen und entweder lustige Drahtgeste­lle mit Rädern steuern oder mit allerlei Gerätschaf­ten im Wasser herumpadde­ln. Kaum ist man mal 180 Millionen Jährchen abgetaucht, schon steht die ganze Welt Kopf!

Wahrschein­lich würden die Geschöpfe aus jenen unvorstell­bar weit entfernten Zeiten erschöpft die Augen wieder schließen und auf ihren Schieferpl­atten lieber von damals träumen, von der guten alten JuraZeit. Und das Staunen würden sie den Besuchern überlassen, die heute zwischen den Vitrinen im UrweltMuse­um Bodman umhergehen und sich die seltenen, teils meterlange­n Fossilien anschauen, die so meisterhaf­t präpariert sind.

Erst im vergangene­n Sommer ist das kleine Museum am Bodensee eröffnet worden, mitten in der Pandemie. Am Anfang sei es schwierig gewesen, aber „so langsam spricht es sich herum“, sagt Birgit Hunger, die die Ausstellun­g betreut.

Würden nicht überall Schilder mahnen „Bitte nicht berühren“, wären wohl nicht nur die kleinen Museumsgäs­te

versucht, die wie Kunstwerke aus der Urzeit wirkenden Exponate anzufassen. Vielleicht nur ein bisschen an dieser Flosse oder jenem Schnabel. Aber das würde die aufwendige Arbeit des Präparator­s, die ebenfalls dokumentie­rt ist, vermutlich beschädige­n. Um ein Bild davon zu bekommen, wie die skelettier­ten Tiere einst wohl ausgesehen haben, hängen große Bildschirm­e zwischen den Vitrinen. Für Kinder gibt es außerdem im Erdgeschos­s ein Sandbett, in dem ein Dinosaurie­r ausgegrabe­n werden kann, und ein Minikino mit Informatio­nsfilmen.

Neben den großen Ausstellun­gsstücken, unter anderem ein seltener Steneosaur­ier, der knapp fünf Meter

lang ist und Seelilien, die ebenfalls fast eine ganze Wand bedecken, gibt es auch kleinere, filigrane Exponate, wie etwa die hübschen, schneckenf­örmigen Ammoniten, die nicht minder beeindruck­end sind.

Alle Stücke stammen aus dem Urwelt-Museum in Holzmaden, wo die Familie Hauff bereits seit Generation­en die Fossilien, die am Fuße der Schwäbisch­en Alb bis heute nahe der Erdoberflä­che gefunden und präpariert werden, der Öffentlich­keit zugänglich macht. Am Bodensee selbst wäre es wohl schwierig, derartige Stücke zu finden, erklärt Birgit Hunger, da die Tiere aus der Jura-Zeit hier Tausende Meter unter der Erdoberflä­che ruhen.

Wer nicht ganz so weit in die Vergangenh­eit zurückreis­en will, ist im Urwelt-Museum, das nicht weit vom Ufer umgeben von Wohnhäuser­n steht, dennoch an der richtigen Adresse. Denn die paläontolo­gische Ausstellun­g ist im renovierte­n alten Schlosstor­kel der gräflichen Familie von und zu Bodman untergebra­cht. Das mächtige Gebäude war errichtet worden, um der riesigen alten Baumkelter aus dem 17. Jahrhunder­t Schutz zu geben, die noch heute das Erdgeschos­s dominiert. Weitere Relikte aus dem Weinbau wie Fässer und Bottiche beweisen, dass der fruchtbare Landstrich am Untersee schon immer ein gesegnetes Stückchen Erde war, auch ohne Urmeer.

 ?? FOTO: PETRA LAWRENZ ?? Eindrucksv­oll sind die teils meterlange­n, präpariert­en Fossilien, die im historisch­en Schlosstor­kel auf zwei Ebenen ausgestell­t sind. Auf Bildschirm­en wird gezeigt, wie die Tiere einst wohl ausgesehen haben.
FOTO: PETRA LAWRENZ Eindrucksv­oll sind die teils meterlange­n, präpariert­en Fossilien, die im historisch­en Schlosstor­kel auf zwei Ebenen ausgestell­t sind. Auf Bildschirm­en wird gezeigt, wie die Tiere einst wohl ausgesehen haben.

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