Schwäbische Zeitung (Biberach)
Merz rudert bei „Sozialtourismus“zurück
CDU-Chef entschuldigt sich für Äußerung – Ampel-Parteien und Kretschmann empört
- Große Aufregung um eine Äußerung von Friedrich Merz. Am Dienstag entschuldigte sich der CDU-Chef für seinen Vorwurf des „Sozialtourismus“an ukrainische Flüchtlinge. „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ,Sozialtourismus‘“, schrieb Merz am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“Merz hatte am Montag der Bundesregierung
vorgeworfen, mit ihrer Flüchtlingsund Einwanderungspolitik „soziale Spannungen“in Deutschland auszulösen.
Er sprach dabei über die Entscheidung des Bundes, Ukraine-Flüchtlingen – anders als anderen Geflüchteten – seit dem 1. Juni unter gewissen Bedingungen unmittelbar Zugang zum Hartz-IV-System zu geben. Dieser Anspruch auf Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge führe zu einem „Sozialtourismus“, bei dem Menschen zwischen Deutschland und der Ukraine hin- und herreisten und dieses System ausnutzten.
Vertreter der Ampel-Parteien zeigten sich empört. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warf Merz „Stimmungsmache“vor. Auch Justizminister Marco Buschmann (FDP) sowie Vertreter der Grünen kritisierten ihn. In Stuttgart äußerte sich Südwest-Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). „Ich denke, man sollte seine Worte so wählen, dass man sie am nächsten Tag nicht bereuen muss“, sagte er. 128 000 Schutzsuchende aus der Ukraine haben laut Kretschmann bislang allein in Baden-Württemberg Zuflucht gefunden. „Es gibt Anzeichen dafür, dass Geflüchtete verstärkt aus anderen Ländern, wo sie waren, zu uns kommen.“Belastbare Zahlen gebe es aber nicht. „Wir können wirklich davon ausgehen, dass die ukrainischen Flüchtlinge hierher flüchten, weil sie an Leib und Leben bedroht sind und nicht aus anderen Gründen.“
Merz selbst präzisierte seine Aussage am Dienstag. „Mein Hinweis galt ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren.“