Schwäbische Zeitung (Biberach)

Merz rudert bei „Sozialtour­ismus“zurück

CDU-Chef entschuldi­gt sich für Äußerung – Ampel-Parteien und Kretschman­n empört

- Von Kara Ballarin, Claudia Kling und AFP

- Große Aufregung um eine Äußerung von Friedrich Merz. Am Dienstag entschuldi­gte sich der CDU-Chef für seinen Vorwurf des „Sozialtour­ismus“an ukrainisch­e Flüchtling­e. „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ,Sozialtour­ismus‘“, schrieb Merz am Dienstag im Kurzbotsch­aftendiens­t Twitter. „Das war eine unzutreffe­nde Beschreibu­ng eines in Einzelfäll­en zu beobachten­den Problems.“Merz hatte am Montag der Bundesregi­erung

vorgeworfe­n, mit ihrer Flüchtling­sund Einwanderu­ngspolitik „soziale Spannungen“in Deutschlan­d auszulösen.

Er sprach dabei über die Entscheidu­ng des Bundes, Ukraine-Flüchtling­en – anders als anderen Geflüchtet­en – seit dem 1. Juni unter gewissen Bedingunge­n unmittelba­r Zugang zum Hartz-IV-System zu geben. Dieser Anspruch auf Sozialleis­tungen für ukrainisch­e Flüchtling­e führe zu einem „Sozialtour­ismus“, bei dem Menschen zwischen Deutschlan­d und der Ukraine hin- und herreisten und dieses System ausnutzten.

Vertreter der Ampel-Parteien zeigten sich empört. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) warf Merz „Stimmungsm­ache“vor. Auch Justizmini­ster Marco Buschmann (FDP) sowie Vertreter der Grünen kritisiert­en ihn. In Stuttgart äußerte sich Südwest-Regierungs­chef Winfried Kretschman­n (Grüne). „Ich denke, man sollte seine Worte so wählen, dass man sie am nächsten Tag nicht bereuen muss“, sagte er. 128 000 Schutzsuch­ende aus der Ukraine haben laut Kretschman­n bislang allein in Baden-Württember­g Zuflucht gefunden. „Es gibt Anzeichen dafür, dass Geflüchtet­e verstärkt aus anderen Ländern, wo sie waren, zu uns kommen.“Belastbare Zahlen gebe es aber nicht. „Wir können wirklich davon ausgehen, dass die ukrainisch­en Flüchtling­e hierher flüchten, weil sie an Leib und Leben bedroht sind und nicht aus anderen Gründen.“

Merz selbst präzisiert­e seine Aussage am Dienstag. „Mein Hinweis galt ausschließ­lich der mangelnden Registrier­ung der Flüchtling­e. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtling­e aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontie­rt sind, zu kritisiere­n.“

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