Schwäbische Zeitung (Biberach)

Edward Snowden wird russischer Staatsbürg­er

Auf den NSA-Whistleblo­wer wartet in den USA Anklage wegen Verletzung des Spionagege­setzes

- Von Thomas J. Spang ●

- Vor neun Jahren landete Snowden auf der Flucht vor den US-Behörden auf dem Moskauer Flughafen Scheremetj­ewo. Eigentlich wollte der in Hawaii gestartete Whistleblo­wer Asyl in Südamerika suchen. Dank des umgehend für ungültig erklärten US-Reisepasse­s strandete er in Hongkong, bevor er nach Russland weiterreis­te. Dort fand Snowden nach 40 Tagen im Transitber­eich eine Bleibe, die ihn vor dem Zugriff der US-Justiz schützt.

In einem Interview für ein israelisch­es Publikum stellte er seinen Asylort einmal als nebensächl­ich dar. „Ich muss meinen Kopf in der Nacht auf einem Kopfkissen in Moskau niederlege­n, aber ich bin im Internet und jeder anderen Stadt der Welt zu Hause.“Das war ein Jahr nachdem er 2017 Lindsay Mills geheiratet hatte, die mit ihm und zwei gemeinsame­n Söhnen in der russischen Hauptstadt lebt.

Seit diesem Montag ist Snowden nun russischer Staatsbürg­er. „Nach zwei Jahren des Wartens und fast zehn Jahren im Exil, ein wenig Stabilität macht einen Unterschie­d für meine Familie“, zeigte sich der 39Jährige dankbar für den von Präsident Wladimir Putin gewährten Status“. Er bete für die Wahrung der Privatsphä­re seiner Familie, „und für uns alle“.

Trotz der strengen Gesetze in Russland durfte Snowden seine amerikanis­che Staatsbürg­erschaft behalten und ist jetzt Doppelstaa­tsbürger. Bei der Beantragun­g vor zwei Jahren hatte der Whistleblo­wer erklärt, er freue sich auf den Tag, an dem er in die USA zurückkehr­en könne. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, erklärte zu der Nachricht aus Moskau, der Weg zurück in die Heimat stünde ihm jederzeit offen. „Herr Snowden sollte in die Vereinigte­n Staaten zurückkehr­en und sich der Justiz stellen.“

Dort erwartet ihn eine Anklage wegen Geheimnisv­errats aus seiner Zeit als Mitarbeite­r für den elektronis­chen Abhördiens­t NSA. Snowden hatte unter anderen Dokumente über die Existenz verschiede­ner Überwachun­gsprogramm­e an die „Washington Post“und den „Guardian“weitergege­ben, die offenlegte­n, wie die NSA Informatio­nen über amerikanis­che Staatsbürg­er sammelte. 2020 stellte ein Bundesgeri­cht in dem Fall „United States v. Moalin“fest, dass diese Programme illegal waren und vermutlich auch gegen die Verfassung verstießen.

Während ihn Bürgerrech­tler für diese Enthüllung­en als Helden feierten, halten ihn nationale Sicherheit­sexperten wie der ehemalige CIA-Direktor James Clapper für einen Verräter. Sie werfen ihm vor, fahrlässig und unnötig Methoden der Auslandsau­fklärung publik gemacht zu haben. „Das hatte nichts mit Inlandsübe­rwachung zu tun.“In der NSAAffäre

kam es zu Verwerfung­en mit Alliierten in Europa. In einer Dokumentat­ion des Regisseurs Oliver Stone lobt Putin seinen amerikanis­chen Gast als ehrwürdige­n Mann. „Er ist kein Verräter.“

Die geteilte Meinung über Snowden spiegelt sich in seinem weiteren Lebensweg wider. Der Exilant

führt aus der Ferne die gemeinnütz­ige „Freedom of the Press Foundation“in San Francisco, während er in Moskau sein Geld als Mitarbeite­r einer nicht näher bekannten „IT-Firma“verdient. Snowden bestreitet vehement den Verdacht, mit oder für die russischen Geheimdien­ste zu arbeiten.

 ?? FOTO: AFP ?? Edward Snowden
FOTO: AFP Edward Snowden

Newspapers in German

Newspapers from Germany