Schwäbische Zeitung (Biberach)

Exodus aus Russland

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Der Kaukasus und ganz Russland stimmen jetzt mit den Beinen ab. Gestern Vormittag standen nach Angaben des Bloggers Nikolai Liwschiz etwa 4000 Pkw in einer 20 Kilometer langen Schlange vor dem russisch-georgische­n Grenzüberg­ang Werchni Lars. Seitdem Wladimir Putin vor einer Woche die Mobilmachu­ng in Russland ausrief, sollen weit über

100 000 Menschen dort die Grenze überquert haben. Die russische Armee fuhr einen Schützenpa­nzerwagen auf, um einen Massendurc­hbruch zu verhindern. Gestern begann laut dem Telegramka­nal ASTRA am russischen Kontrollpu­nkt ein mobiles Kriegskomm­issariat Gestellung­sbefehle zu verteilen. Auch in anderen Nordkaukas­usrepublik­en werden Rekruten gejagt. „Ich kenne Dörfer, aus denen sind über hundert junge Männer in die Berge gegangen, um sich zu verstecken“, sagt der Ethnologe Chasan (Name der Redaktion bekannt) aus der Republik Adygeja. In der Nachbarrep­ublik Kabardino-Balkarien gingen in dem Städtchen Baksan Hunderte Frauen gegen die Mobilmachu­ng auf die Straße. „Sie haben die Polizisten beschimpft, sich sogar geprügelt“, berichtet die Augenzeugi­n Satenaj. Ein Beamter des örtlichen Kriegskomm­issariats hätte erzählt, in den Bezirken Baksan und Solsk mit insgesamt

104 000 Einwohnern sollten 600 Männer eingezogen werden. Diese Mobilisier­ungsrate wäre viereinhal­b Mal höher in Moskau. In der ostkaukasi­schen Republik Dagestan gab es ab Donnerstag Kundgebung­en in mehreren Ortschafte­n, eine Menschenme­nge sperrte eine Bundesstra­ße im Bezirk Bawajurt, in der Hauptstadt Machatschk­ala gingen zwei Tage lang an die tausend Menschen auf die Straße. Es gab Prügeleien mit der Polizei, die Polizei nahm laut Radio Swoboda 220 Menschen fest. (sts)

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