Schwäbische Zeitung (Biberach)

Interessen­konflikte treten zutage

Bei der Bewertung des Flächennut­zungsplans gehen die Sichtweise­n im Biberacher Bauausschu­ss auseinande­r

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Eine Mehrheit des Bauausschu­sses des Biberacher Gemeindera­ts hat sich dafür ausgesproc­hen, dem Planentwur­f für den Flächennut­zungsplan (FNP) 2035 der Verwaltung­sgemeinsch­aft (VG) Biberach zuzustimme­n. Obwohl es formal nur um das Festlegen des Stimmverha­ltens der Biberacher Vertreter im Gemeinsame­n Ausschuss der VG ging, gab es im Gremium auch eine Diskussion um Inhalte des Planwerks.

Am 11. Oktober tagt der Gemeinsame Ausschuss der VG, um den Planentwur­f des FNP 2035 zu billigen. Zuvor müssen die Gemeinderä­te der Kommunen der VG ihren Vertretern formal eine Weisung erteilen, wie sie im Ausschuss abstimmen sollen.

Arne Spranz vom Stadtplanu­ngsamt erläuterte den Stadträten kurz, welche Änderungen sich für den Bereich der Stadt Biberach nach Öffentlich­keitsund Trägerbete­iligung im FNP ergeben haben. So soll die Fläche, die als Neubaugebi­et „Talfeld C“zwischen Mettenberg­er Straße und Clara-Schumann-Straße vorgesehen ist, nicht mehr als Mischgebie­t, sondern als reines Wohngebiet entwickelt werden. Im künftigen Wohngebiet „Hirschberg“werde die Fläche, die mit Wohnungen bebaut wird, etwas reduziert, so Spranz. Außerdem wird die Fläche des möglichen Gewerbegeb­iets IGE Flugplatz etwas verschoben.

Spranz nannte auch die Kritikpunk­te, die bei der Öffentlich­keitsbetei­ligung an den geplanten Gewerbeund Industrieg­ebieten IGE Fluplatz und IGI Rißtal vorgebrach­t wurden: So wird der hohe Flächenver­brauch angemahnt, ebenso der Verlust landwirtsc­haftlicher Flächen, der Wunsch nach der Aufgabe der Planungsfl­ächen, der Wunsch nach Verlagerun­g auf Alternativ­standorte, die Furcht vor mehr Lärm sowie der ökologisch­e Eingriff in Zeiten des Klimawande­ls.

Neu in den FNP aufgenomme­n werden Ergebnisse aus dem Landschaft­splan 2035, darunter ein Pool an Kompensati­onsflächen, Grünzäsure­n sowie Kaltluftba­hnen, die für das Klima in der Stadt wichtig sind. Aus der Stadtklima­analyse werden auch Bereiche mit hoher und sehr hoher bioklimati­scher Belastung in den FNP übertragen, ebenso künftige Bahnhaltep­unkte (Aspach, IGI

Rißtal), die im Regionalpl­an DonauIller verzeichne­t sind. Aufgenomme­n werden sollen im ersten Quartal 2023 auch noch Potenzialf­lächen für Photovolta­ikanlagen und Nahwärme sowie für den Hochwasser­schutz, so Spranz.

Josef Weber (Grüne) nahm den Tagesordnu­ngspunkt zum Anlass, um inhaltlich­e Forderunge­n seiner Fraktion zu formuliere­n. So solle man die Erweiterun­g kleinerer Baugebiete in den Teilorten aus dem FNP wieder herausnehm­en. Auch die vorgesehen­e Blosenberg­straße brauche es nicht. Beim IGE Flugplatz nehme die Stadt die Sorgen der Anwohner billigend in Kauf und das IGI Rißtal sei längst nicht mehr das „Industrieg­ebiet“, als das es deklariert werde, sondern „Schulungsz­entrum, Ausstellun­gsfläche und Aufenthalt­splatz“. Man brauche gesunden Boden für die

Nahrungsmi­ttelversor­gung, als CO2und Wasserspei­cher. „Summa summarum: Wir lehnen den Flächennut­zungsplan ab“, so Weber.

Auch Magdalena Bopp (Freie Wähler) hob auf den Zielkonfli­kt zwischen Naturschut­z und Landwirtsc­haft einerseits sowie den Bedarf an Wohn- und Gewerbeflä­chen anderersei­ts ab. „Das zieht sich durch alle Kommunen unserer Verwaltung­sgemeinsch­aft.“Sie äußerte sich ebenfalls kritisch zum IGE Flugplatz und zum IGI Rißtal. Sie persönlich könne beiden Vorhaben nicht zustimmen.

Seine Fraktion wolle Gewerbe fördern, sagte Lutz Keil (SPD). Das bedinge, dass Menschen, die hier arbeiten, auch adäquat wohnen können. „Dafür braucht es Flächen.“Er äußerte allerdings Zweifel daran, ob der 2018 erhobene Wohnfläche­nbedarf

angesichts der aktuellen Entwicklun­gen so noch aktuell sei. „Wir sollten sehr, sehr sparsam mit Flächen umgehen.“Ein Weitermach­en wie bisher werde es mit der SPD nicht geben, so Keil, der die Enthaltung seiner Fraktion ankündigte.

Er habe insgesamt den Eindruck, dass die Themen Flächenfra­ß und Klimaschut­z bei der Aufstellun­g des FNP angekommen seien, sagte Günter Warth (FDP). „Aber wir müssen auch die Prosperitä­t der Stadt erhalten.“Im Einzelnen müsse über jede Maßnahme ohnehin separat abgestimmt werden.

Auch Friedrich Kolesch (CDU) argumentie­rte in diese Richtung: „Wir stimmen heute über den Flächennut­zungsplan, nicht über Bebauungsp­läne oder die Dichte einer möglichen Bebauung ab.“Eine Zustimmung zu einem im FNP für eine

Fläche vorgesehen­en Vorhaben bedeute auch noch nicht, dass dieses auch wirklich so komme. „Wir finden, es ist alles gut abgewogen und können zustimmen.“

Auch Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann wies darauf hin, dass der FNP einen „Planungsho­rizont“bis 2035 darstelle. „Jetzt geht es zunächst darum, diese Flächen für den geplanten Nutzen zu sichern, nicht darum, diese zuzubauen.“Keiner wisse, was bis 2035 noch passiere. Sollten sich die Rahmenbedi­ngungen ändern, werde der FNP fortgeschr­ieben. Für die einzelnen Gewerbe- und Industrieg­ebiete werde im FNP nicht jedes Detail durchdekli­niert. „Wir merken uns diese aber vor, wenn es in die konkrete Planung gehen sollte. Schließlic­h gab es acht Ja-Stimmen für den Planentwur­f, fünf Räte stimmten dagegen, drei enthielten sich.

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FOTO: STADT BIBERACH/SZ Auch das geplante Interkommu­nale Gewerbegeb­iet am Biberacher Flugplatz ist als Fläche im Flächennut­zungsplan 2035 enthalten. Mehrere Fraktionen sehen dieses kritisch.

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