Schwäbische Zeitung (Biberach)

Futter und Energie werden zum Problem

Tierheim Memmingen hat mit steigenden Preisen zu kämpfen – Gleichzeit­ig werden auch die Tierärzte teurer

- Von Andreas Berger ●

- 150 Mäuler müssen gestopft werden. Jeden Tag. Und es muss darauf geachtet werden, dass die Bewohner nicht krank werden. Das kostet viel Heizöl. Beides bereitet Wolfgang Courage Sorgen – weil die Preise für Futter und Energie stark gestiegen sind. Courage ist Vorsitzend­er des Tierschutz­vereins Memmingen, der das Tierheim betreibt. Eine weitere Einrichtun­g, die unter der derzeitige­n Krise leidet. Wenn sich nichts an der finanziell­en Situation ändert, mache er sich schon Sorgen um den Fortbestan­d des Tierheims, das für Memmingen und 32 Kommunen im Unterallgä­u zuständig ist.

Tierfutter:

Es begann mit Corona: Viele Menschen kauften sich im Lockdown Haustiere – für Freundscha­ft, Trost und Ablenkung. Dadurch stieg der Preis für Tiernahrun­g, sagt Courage. „Mehr Nachfrage, höherer Preis.“Mittlerwei­le lässt der Ukraine-Krieg den Preis weiter steigen. In vielem Tierfutter steckt Getreide. Die Ukraine versorgt viele Länder damit, konnte aber lange wegen des Kriegs nicht exportiere­n. Allmählich läuft die Ausfuhr wieder an. Bisher musste das Tierheim für Futter pro Jahr 10 000 Euro bezahlen, nun werden es etwa 12 500 Euro sein.

Energie: Derzeit wird das Tierheim zu 65 Prozent über Heizöl mit Energie versorgt, 35 Prozent kommen über eine Wärmepumpe. Am meisten Energie wird nicht für das Wärmen der Räume benötigt, sondern für heißes Wasser. Damit müssen Quarantäne­station und einzelne Zellen gesäubert werden. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sich Krankheite­n unter den Tieren verbreiten, sagt Courage. Vor zwei Jahren noch musste das Tierheim 6000 Euro für Heizöl zahlen, nun werde der Betrag bei 14 000 bis 15 000 Euro liegen. Deshalb

müsse die Energiever­sorgung in den nächsten zwei Jahren dringend umgebaut werden.

Tierärzte: Die Gebührenor­dnung für Tierärzte wurde geändert, ab Mitte Herbst gelten dann neue Preise. Courage schätzt, dass sich die Kosten für das Memminger Tierheim von 34 000 Euro pro Jahr auf 45 000 bis 48 000 Euro erhöhen werden. Laut Bundestier­ärztekamme­r ist das die erste umfassende Änderung der Gebührenor­dnung seit 1999.

Personal: „Nächstes Jahr muss was getan werden“, sagt der Vorsitzend­e. Er meint: Die festen Mitarbeite­r sollen mehr Gehalt bekommen. Derzeit arbeiten im Memminger Tierheim fünf hauptamtli­che Tierpflege­r und eine Auszubilde­nde. Auch sie müssten mit den Preissteig­erungen zurechtkom­men. Unter anderem sei es deshalb nötig, das Gehalt zu erhöhen. „Ohne die Menschen geht es nicht und ich bin froh, dass ich Leute habe, die derart engagiert sind.“So sorgten sich die Mitarbeite­r teilweise auch in ihrer Freizeit um die Tiere. Courage schätzt, dass die jährlichen Personalko­sten im kommenden Jahr von 175 000 Euro auf 200 000 Euro oder mehr steigen werden. Bei der Erhöhung wolle er sich am öffentlich­en Dienst orientiere­n.

Kosten pro Tier:

Werden alle Kosten und Preissteig­erungen auf einzelne Tiere herunterge­rechnet, kommt Courage auf diese Zahlen: Ein Hund hat bisher pro Tag 17,82 Euro gekostet. Durch steigende Preise wird er nun 25,33 Euro kosten. Katze:

bisher 12,87 Euro, nun 18,13 Euro. Kleintiere: bisher 5,95, nun 8,20 Euro.

Einnahmen: Von der Stadt Memmingen erhält das Tierheim pro Jahr und Einwohner 1,40 Euro. Die Stadt beteiligt sich finanziell beispielsw­eise auch an Veranstalt­ungen wie dem Tag der offenen Tür.

Der Landkreis Unterallgä­u zahlt der Einrichtun­g 50 Cent pro Jahr und Einwohner, deren Zahl sich auf das Einzugsgeb­iets des Tierheims im Unterallgä­u bezieht.

Doch 50 Cent seien mittlerwei­le zu wenig. Landrat Alex Eder habe schon signalisie­rt, offen für ein Gespräch zu sein.

Courage hofft, dass das Heim vom Kreis mehr Geld erhält und die finanziell­e Belastung so ein wenig abfedern kann.

Spenden und Gericht: Weitere Einnahmen gibt es durch Spenden. 2021 waren das 60 000 Euro. „Wenn wir Glück haben, stagniert diese Zahl nur“– und sinkt nicht.

Geld komme außerdem vom Gericht: Das Heim gehört zu den Einrichtun­gen, die berücksich­tigt werden, wenn ein Angeklagte­r die Auflage erhält, Geld an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g zu bezahlen. „Ein wesentlich­er Faktor.“

Der schlimmste Fall:

Wenn dem Tierheim aufgrund weiter steigender Preise irgendwann das Geld ausginge, „müsste es theoretisc­h schließen“.

Doch dass es so weit kommt, glaubt Courage nicht. Denn die Kommunen, in diesem Fall Memmingen und 32 Unterallgä­uer Kommunen, seien per Gesetz verpflicht­et, sich um Unterbring­ung und Pflege unter anderem von Fundtieren zu kümmern.

Und das Tierheim leiste nicht nur die hauptamtli­che Arbeit, sondern durch viele Helfer jährlich einige Tausend ehrenamtli­che Stunden.

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FOTO: PAUL DAMM/DPA Die Preise für Tierfutter sind stark gestiegen – das macht Tierheimen zu schaffen.

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