Schwäbische Zeitung (Biberach)
Futter und Energie werden zum Problem
Tierheim Memmingen hat mit steigenden Preisen zu kämpfen – Gleichzeitig werden auch die Tierärzte teurer
- 150 Mäuler müssen gestopft werden. Jeden Tag. Und es muss darauf geachtet werden, dass die Bewohner nicht krank werden. Das kostet viel Heizöl. Beides bereitet Wolfgang Courage Sorgen – weil die Preise für Futter und Energie stark gestiegen sind. Courage ist Vorsitzender des Tierschutzvereins Memmingen, der das Tierheim betreibt. Eine weitere Einrichtung, die unter der derzeitigen Krise leidet. Wenn sich nichts an der finanziellen Situation ändert, mache er sich schon Sorgen um den Fortbestand des Tierheims, das für Memmingen und 32 Kommunen im Unterallgäu zuständig ist.
Tierfutter:
Es begann mit Corona: Viele Menschen kauften sich im Lockdown Haustiere – für Freundschaft, Trost und Ablenkung. Dadurch stieg der Preis für Tiernahrung, sagt Courage. „Mehr Nachfrage, höherer Preis.“Mittlerweile lässt der Ukraine-Krieg den Preis weiter steigen. In vielem Tierfutter steckt Getreide. Die Ukraine versorgt viele Länder damit, konnte aber lange wegen des Kriegs nicht exportieren. Allmählich läuft die Ausfuhr wieder an. Bisher musste das Tierheim für Futter pro Jahr 10 000 Euro bezahlen, nun werden es etwa 12 500 Euro sein.
Energie: Derzeit wird das Tierheim zu 65 Prozent über Heizöl mit Energie versorgt, 35 Prozent kommen über eine Wärmepumpe. Am meisten Energie wird nicht für das Wärmen der Räume benötigt, sondern für heißes Wasser. Damit müssen Quarantänestation und einzelne Zellen gesäubert werden. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sich Krankheiten unter den Tieren verbreiten, sagt Courage. Vor zwei Jahren noch musste das Tierheim 6000 Euro für Heizöl zahlen, nun werde der Betrag bei 14 000 bis 15 000 Euro liegen. Deshalb
müsse die Energieversorgung in den nächsten zwei Jahren dringend umgebaut werden.
Tierärzte: Die Gebührenordnung für Tierärzte wurde geändert, ab Mitte Herbst gelten dann neue Preise. Courage schätzt, dass sich die Kosten für das Memminger Tierheim von 34 000 Euro pro Jahr auf 45 000 bis 48 000 Euro erhöhen werden. Laut Bundestierärztekammer ist das die erste umfassende Änderung der Gebührenordnung seit 1999.
Personal: „Nächstes Jahr muss was getan werden“, sagt der Vorsitzende. Er meint: Die festen Mitarbeiter sollen mehr Gehalt bekommen. Derzeit arbeiten im Memminger Tierheim fünf hauptamtliche Tierpfleger und eine Auszubildende. Auch sie müssten mit den Preissteigerungen zurechtkommen. Unter anderem sei es deshalb nötig, das Gehalt zu erhöhen. „Ohne die Menschen geht es nicht und ich bin froh, dass ich Leute habe, die derart engagiert sind.“So sorgten sich die Mitarbeiter teilweise auch in ihrer Freizeit um die Tiere. Courage schätzt, dass die jährlichen Personalkosten im kommenden Jahr von 175 000 Euro auf 200 000 Euro oder mehr steigen werden. Bei der Erhöhung wolle er sich am öffentlichen Dienst orientieren.
Kosten pro Tier:
Werden alle Kosten und Preissteigerungen auf einzelne Tiere heruntergerechnet, kommt Courage auf diese Zahlen: Ein Hund hat bisher pro Tag 17,82 Euro gekostet. Durch steigende Preise wird er nun 25,33 Euro kosten. Katze:
bisher 12,87 Euro, nun 18,13 Euro. Kleintiere: bisher 5,95, nun 8,20 Euro.
Einnahmen: Von der Stadt Memmingen erhält das Tierheim pro Jahr und Einwohner 1,40 Euro. Die Stadt beteiligt sich finanziell beispielsweise auch an Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür.
Der Landkreis Unterallgäu zahlt der Einrichtung 50 Cent pro Jahr und Einwohner, deren Zahl sich auf das Einzugsgebiets des Tierheims im Unterallgäu bezieht.
Doch 50 Cent seien mittlerweile zu wenig. Landrat Alex Eder habe schon signalisiert, offen für ein Gespräch zu sein.
Courage hofft, dass das Heim vom Kreis mehr Geld erhält und die finanzielle Belastung so ein wenig abfedern kann.
Spenden und Gericht: Weitere Einnahmen gibt es durch Spenden. 2021 waren das 60 000 Euro. „Wenn wir Glück haben, stagniert diese Zahl nur“– und sinkt nicht.
Geld komme außerdem vom Gericht: Das Heim gehört zu den Einrichtungen, die berücksichtigt werden, wenn ein Angeklagter die Auflage erhält, Geld an eine gemeinnützige Einrichtung zu bezahlen. „Ein wesentlicher Faktor.“
Der schlimmste Fall:
Wenn dem Tierheim aufgrund weiter steigender Preise irgendwann das Geld ausginge, „müsste es theoretisch schließen“.
Doch dass es so weit kommt, glaubt Courage nicht. Denn die Kommunen, in diesem Fall Memmingen und 32 Unterallgäuer Kommunen, seien per Gesetz verpflichtet, sich um Unterbringung und Pflege unter anderem von Fundtieren zu kümmern.
Und das Tierheim leiste nicht nur die hauptamtliche Arbeit, sondern durch viele Helfer jährlich einige Tausend ehrenamtliche Stunden.