Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Faulen an die Macht!

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der gute alte Sokrates – mit der Edelste unter den Philosophe­n – hat furchtbar kluge Dinge gesagt. Und zwar solche, die Tausende Jahre nach seinem per Schierling­sbecher erzwungene­n Hinscheide­n noch so taufrisch sind, als könnten sie in einem Werbeprosp­ekt von heute stehen. Zum Beispiel: „Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen.“Diese Aneinander­reihung überaus tiefgründi­ger Worte lässt jede Menge Spielraum zur Interpreta­tion und passt in der Tat ausgezeich­net in die Gegenwart.

Man könnte den Satz im Sinne der Leibesertü­chtigung lesen und als Variation des Reims „Sich regen bringt Segen.“auffassen. Anderersei­ts dürfen sich Profi-Jammerlapp­en eine Scheibe von ihm abschneide­n, während sie mäkelnd vom Sofa aus die Welt und alles, was darin ist, kritisiere­n. Ohne selbst auch nur das Geringste zur Veränderun­g beizutrage­n. Die Besserwiss­erei ohne das Besserwiss­en in der harten Realität auf die Probe stellen zu müssen, ist ebenso bequem wie dämlich.

Gut dazu passt allerdings noch ein weiteres Zitat von Sokrates, das da lautet: „Hast Du etwas Schwierige­s zu erledigen, beauftrage damit einen Faulen. Er wird einen leichten Weg finden, es auszuführe­n.“Womöglich haben wir also einfach viel zu lange auf die fleißigen, ehrgeizige­n und engagierte­n Leute gesetzt. Und jetzt haben wir den Salat. Und wie schön der Gedanke, mit Faulheit, also ohne sich selbst zu bewegen, die Welt zu bewegen. Sokrates hat übrigens noch viel mehr Weltbewege­ndes gesagt. Noch mehr zu zitieren, dazu sind wir aber zu faul. (nyf )

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FOTO: IMAGO So könnte das anno dazumal ausgesehen haben.

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