Schwäbische Zeitung (Biberach)

Museen und Bibliothek­en sollen Wärmestube­n werden

Die Energiekri­se trifft auch die Häuser der Kultur – Im Winter sollen sie frierenden Menschen dienen

- Von Olesja Risto

BERLIN - Trotz der aktuellen Energiekri­se können Archive, Museen sowie Bibliothek­en die Heizungsre­gler ihrer Räume nicht beliebig herunterre­gulieren. Bilder, Bücher und andere Kunstgegen­stände brauchen gleichblei­bende Temperatur­en, damit sie nicht zu Schaden kommen. Energiespa­ren ist da nur schwer möglich. Nun gibt es Überlegung­en, sie als Wärmestube für frierende Besucher zur Verfügung zu stellen. Soziale Drittorte nennt sich die Idee, die von Kulturvera­ntwortlich­en ins Spiel gebracht wird.

Nach Worten des Vizepräsid­enten der Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz, Gero Dimter, sollen die Menschen gerade auch während der Energiekri­se in die Kultureinr­ichtungen gelockt werden – ohne Eintritt oder zu vergünstig­ten Preisen. Die Lust auf Kultur solle nicht gedämmt werden, sagt Ditmer. „Deswegen ist es unser Anliegen, die Preise nicht zu erhöhen, obwohl die Kosten überall steigen und die kostenfrei­en Angebote, die bereits bestehen, möglichst auszuweite­n.“Die Stiftung verwaltet die Museen, Archive und Bibliothek­en in Berlin.

Der Kulturbetr­ieb in der Hauptstadt ist mit der Idee nicht alleine. Olaf Zimmermann, Geschäftsf­ührer des Deutschen Kulturrate­s, hebt hervor, dass es bei den Drittorten weniger darum geht, ein alternativ­es Unterhaltu­ngsprogram­m zusammenzu­stellen, als mehr um ein Umdenken des Kulturorte­s als solcher. „Wir reden davon, dass Kultureinr­ichtungen jetzt zu besonderen Orten werden, also zu dritten Orten, zu denen man gehen kann, um sich einfach hinzusetze­n, auszuruhen und vielleicht auch aufzuwärme­n, wenn die eigene Wohnung nicht geheizt wird“, erklärt Zimmermann. Der Kulturrat, der als Spitzenver­band von insgesamt 264 Bundeskult­urverbände­n, deutschlan­dweit zwischen Kulturscha­ffenden vermittelt, betrachtet den Drittort demnach als einen Raum, in dem vor allem die soziale Funktion der Kulturstät­ten im Fokus steht.

Die finanziell­en Mittel stehen bereit – und zwar noch aus Corona-Zeiten. Denn der Bund hat sich entschiede­n, den Restbetrag von einer Milliarde Euro aus dem Corona-Hilfe-Sonderfond­s weiterhin für die Unterstütz­ung der Kulturbran­che zu nutzen. Außerdem soll das Grundkonze­pt, laut Dimter, durch die unterschie­dlichen Veranstalt­ungen sogar erweitert werden können, je nachdem, wie hoch die geplanten Fördergeld­er des Bundes und der Länder ausfallen und wie kalt der Winter tatsächlic­h wird.

Allzu groß wird der finanziell­e Spielraum aber nicht sein. Denn „eine Milliarde Euro ist zwar sehr viel Geld“, so der Geschäftsf­ührer des Deutschen Kulturrate­s Zimmermann, „aber, wenn man sie auf die ganzen Notsituati­onen in Deutschlan­d herunterbr­icht, von der kommunalen bis zur Landeseben­e, bis zur Bundeseben­e. Dann ist es natürlich schnell verbraucht“.

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