Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ringschnait und Biberach feiern goldene Hochzeit
Vor 50 Jahren erfolgte die Eingemeindung – Bei einer Feier erinnern die Beteiligten an Amüsantes, aber auch Kritisches
RINGSCHNAIT (gem) - Aus der einstmals selbstständigen Gemeinde Ringschnait wurde vor 50 Jahren ein Teilort der Stadt Biberach. Diese „goldene Hochzeit“war Anlass für eine Feier in der Dürnachhalle, veranstaltet von Stadt- und Ortsverwaltung sowie den Ringschnaiter Vereinen. Auf unterhaltsame Weise erfuhren die Besucherinnen und Besucher, was seit der „Heirat“alles gut funktioniert hat und wo auch mal die Funken geflogen sind.
Die Metapher von der Hochzeit zwischen Ringschnait und Biberach war an diesem Abend allgegenwärtig. Biberachs Erster Bürgermeister Ralf Miller blickte zurück auf die Zeit der Gemeindereform in BadenWürttemberg in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre. Die Ringschnaiter hätten sich damals dazu entschieden, „aus freien Stücke zu heiraten“und nicht auf eine aus Stuttgart arrangierte „Zwangsehe“zu warten.
Nachdem der Ringschnaiter Gemeinderat im September 1971 bereits beschlossen hatte, mit der Gemeinde Ummendorf zusammenzugehen, überschlugen sich in den folgenden Wochen die Ereignisse, wie der heutige Ortsvorsteher Walter Boscher rekapitulierte. Per Flugblattaktion forderten mehrere Bürger im Oktober 1971 das Zusammengehen mit der Stadt Biberach und schafften es in der Folge, die Stimmung zu drehen. Eine Bürgerabstimmung Mitte Dezember brachte ein klares Votum (68 Prozent) für die Eingemeindung nach Biberach, die bereits zum 1. Januar 1972 vollzogen wurde.
Für Ralf Miller steht fest: „Sowohl Ringschnait als auch Biberach haben vor 50 Jahren mehr als gut geheiratet.“Er zitierte aus dem Eingemeindungsvertrag, in dem festgehalten
wurde, im gesamten Stadtgebiet für „vergleichbare Lebensbedingungen“zu sorgen, was allerdings nicht mit „einfacher Gleichmacherei“verwechselt werden dürfe. Es gelte das Motto: „So viel Eigenständigkeit wie möglich, so wenig Zentralisierung wie nötig. Biberach ist kein Zentralstaat.“
Miller lobte vor allem diese Ringschnaiter Eigenständigkeit. Der Ort sei kein Schlafort, „sondern nach wie vor ein Dorf mit Seele“. Dies solle auch künftig so bleiben. Er hob das Engagement der Einwohner und das rege Vereinsleben hervor. „Eine Ortschaft wie Ringschnait kann man sich als Stadt nur wünschen. Wir wissen, was wir an Ihnen haben – und hoffentlich auch umgekehrt“, so Miller. Mit Walter Boscher habe der Teilort einen wirklich guten Ortsvorsteher
mit dem Herz am rechten Fleck, der sich bereits seit 2004 unermüdlich für Ringschnait einsetze, lobte der Erste Bürgermeister.
Neben einem Bekenntnis zur Schule und dem Kindergarten am Ort sagte Miller, dass er den Eingemeindungsvertrag heute um zwei Punkte ergänzen würde, müsste man diesen nochmals aushandeln: zum einen der Hochwasserschutz, zum anderen die B-312-Ortsumfahrung. „Ich bin sehr zuversichtlich: Mit der Einweihung der Umfahrung müssen wir nicht bis zum 100. Eingemeindungsjubiläum warten“, scherzte Miller und erntete dafür auch den einen oder anderen höhnischen Lacher.
Das Straßenthema war Wasser auf die Mühlen von Ortsvorsteher Boscher in seinem Rückblick: „Erstmals amtlich erwähnt wurde die Idee
für diese Umfahrung im September 1977. Das ist jetzt 45 Jahre her. Wenn man sieht, wie heute mit Milliarden um sich geschmissen wird, müsste doch auch so eine Ortsumfahrung zu bezahlen sein.“
Neben diesem kleinen Seitenhieb in Richtung Bund gab es auch von Boscher viel Lob für die Zusammenarbeit mit der Stadt Biberach. Vor allem die Ringschnaiter Vereine könnten sich glücklich schätzen, eine Stadt wie Biberach hinter sich zu haben – besonders, wenn es um Zuschüsse gehe. „Uns konnte nichts Besseres passieren, als zur Stadt Biberach zu gehen. Wir lassen uns sicher nicht scheiden“, so der Ortsvorsteher.
In den vergangenen Wochen hatte Boscher alte Ratsprotokolle, Mitteilungsblätter und Zeitungsartikel studiert. In Wort und Bild erinnerte er an die großen Projekte und Herausforderungen, die er und seine beiden Vorgänger Josef Angele sowie Hans Dobler in den vergangenen 50 Jahren zu bewältigen hatten. Vom Wegeausbau und Kanalisation, dem Bau von Sportanlagen und Dürnachhalle, dem Erschließen von Baugebieten, dem Bau von Kindergarten und Aussegnungshalle über die Beseitigung von Hochwasserschäden bis hin zur Verhinderung einer Müllverbrennungsanlage in den 1980ern reichte das thematische Kaleidoskop.
Für den Verein „Städte-PartnerBiberach“, dankte dessen früherer Vorsitzender Wolfgang Grimm der Ringschnaiter Ortsverwaltung und den Vereinen dafür, dass man mit den ausländischen Gästen regelmäßig in der Dürnachhalle feiern dürfe. „So ist Ringschnait in den Partnerstädten inzwischen bestens bekannt.“
Im Namen der Ortsvorsteher der weiteren drei Biberacher Teilorte gratulierte Alexander Wachter aus Mettenberg und überreichte einen mehrere Meter hohen Amberbaum als Geschenk. Wachter lobte den ausgezeichneten Zusammenhalt, der zwischen den vier Ortsvorstehern existiere.
Für Heiterkeit sorgte ein Gedicht von Heidrun Waibel, das Gerhard Ehmele in schwäbischer Mundart vortrug. In gereimter Form gab es einen Überblick über die 50-jährige Beziehung zwischen Biberach und Ringschnait. Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Musikverein Ringschnait unter der Leitung von Christoph Schlanser sowie dem Ensemble „Q 6/8“des Musikvereins. Für die Bewirtung sorgten die Vereine gemeinsam.