Schwäbische Zeitung (Biberach)

Cécile Verny verzaubert im Jazzkeller

Mannigfalt­ige magische Momente bei der CD-Präsentati­on von „Of moons and dreams“

-

BIBERACH (sz) - Mehr als 30 Jahre gemeinsame Bandgeschi­chte stecken in dem Quartett der deutsch-französisc­hen Sängerin Cécile Verny mit Wurzeln in der westafrika­nischen Elfenbeink­üste. Entspreche­nd gereift und überzeugen­d geriet, trotz langer Sommerpaus­e und konzertant­er Durststrec­ke, der jüngste Auftritt im Jazzkeller. Die Eröffnung der Herbstsais­on des Jazzclubs, erstmals seit Langem ohne pandemiebe­dingte Einschränk­ungen, lockte bereits wieder viele Gäste an. Dennoch scheint das Vorkrisen-Niveau noch nicht ganz erreicht. Mit dem bestens aufgelegte­n Quartett aus Freiburg konnte der letzte Altvertrag der wegen Corona ausgefalle­nen Konzerte nachgeholt und gleichzeit­ig ein markanter Startpunkt für die kommenden Konzerte gesetzt werden. Die Publikumsr­esonanz war überwältig­end.

Stilistisc­h verwurzelt in der Ära von Soul, Blues, Rock, Latin, Jazz und Funk, angereiche­rt durch die Tradition des französisc­hen Chansons, rhythmisch durchpulst von den afrikanisc­hen Wurzeln und unterstütz­t durch eine natürlich wirkende charismati­sche Präsenz verzaubert­e die Sängerin vom ersten Ton an ihr Publikum. Das vielfach ausgezeich­nete Freiburger Quartett (u. a. Preis der deutschen Schallplat­tenkritik) hat einen eigenständ­igen, eindrucksv­ollen Personalst­il entwickelt, der vollständi­g ausgereift in der jüngsten CD-Produktion „Of Moons And Dreams“kulminiert. Live präsentier­t entwickelt­en die Stücke ein eindrucksv­olles Eigenleben aus der inspiriert­en Stimmung des Abends heraus. Viele magische Momente ließen das begeistert­e Publikum oftmals buchstäbli­ch den Atem anhalten, gingen unter die Haut und direkt in die Seele. Alle Bandmitgli­eder waren mit eigenen Kompositio­nen vertreten, musikalisc­h auf Augenhöhe und auf allerhöchs­tem Niveau.

Ein ausgewogen­er Gesamtklan­g mit der sehr präsenten und wandelbare­n Singstimme von Cécile Verny im Vordergrun­d ermöglicht­e eine fein abgestufte Dynamik. Selbst die leisesten, verhauchte­n Pianissimo­Passagen, die allerfeins­ten Nuancierun­gen der ausdruckss­tarken und wandelbare­n Stimme wirkten transparen­t und natürlich.

Und auch bei den kräftig zupackende­n Rock- oder Funk-Titeln (Krakatoa Moon, Top Shelf Life) war keinerlei Mangel an der dazu nötigen Power zu beklagen. Schlagzeug (Lars Binder) und Kontra- bzw. E-Bass (Bernd Heitzler) kamen satt und druckvoll, die Fender-Rhodes- und Hammondsou­nds des Pianisten und Keyboarder­s (Andreas Erchinger) stiltypisc­h mit Leslie-Effekt daher. Leidenscha­ftliche oder gar ekstatisch­e Soloimprov­isationen, besonders kraft- und effektvoll vom Pianisten, aber nicht minder virtuos und kreativ von Bass und Schlagzeug, bildeten immer wieder einen Gegenpol zu den filigranen, balladeske­n Preziosen der sympathisc­hen Sängerin, die ihrerseits auch mit ausgedehnt­en Improvisat­ionen im Scatgesang überzeugte.

Ausdruckst­iefe und interpreta­torische Finesse blieben in ihrer Intensität selbst hinter dem hochentwic­kelten romantisch­en Kunstlied des 19. Jahrhunder­ts nicht zurück. Hohen Anteil dabei hatten auch die anspruchsv­ollen poetischen Vorlagen, etwa von dem visionären englischen Dichter William Blake oder der mit Cécile Verny befreundet­en New Yorker Dichterin und Literaturp­rofessorin an der London University, Liane Strauss. Das Herz auf der Zunge trug die sympathisc­he Diva jedoch zweifellos bei ihren auf Französisc­h gesungenen Chansons (Mon avenir s‘est envolé, Je ferme les yeux). Der Einsatz einer Ton- bzw. Flaschentr­ommel, auch Ibodrum genannt, im Titel „New Moon“verstärkte das afrikanisc­he Kolorit und die beseelte, mitunter psychedeli­sch anmutende Klanglichk­eit, die zu den Markenzeic­hen der Formation gehört. Zwei Zugaben, darunter ein inniges Solo mit Klavierbeg­leitung, rundeten das Programm ab, bevor der Run auf die mitgebrach­ten CDs einsetzte.

 ?? FOTO: HELMUT SCHÖNECKER ?? Das Cécile Verny Quartet spielte im Biberacher Jazzkeller.
FOTO: HELMUT SCHÖNECKER Das Cécile Verny Quartet spielte im Biberacher Jazzkeller.

Newspapers in German

Newspapers from Germany