Schwäbische Zeitung (Biberach)
So sinnvoll ist der weibliche Crashtest-Dummy
Sie heißt Eva, wiegt 62 Kilo und ist 162 Zentimeter groß. Eva ist der erste weibliche Crashtest-Dummy und soll dafür sorgen, dass Frauen besser bei Autounfällen geschützt werden. Bisher gab es nur Dummys, die der männlichen Physiognomie entsprechen.
Für viele ist die Erfindung von Eva ein großer Schritt in Richtung mehr Sicherheit für Frauen im Straßenverkehr. Doch der Nutzen des weiblichen Dummys ist eingeschränkt, sagen Kritiker. Einer aktuellen britischen Studie nach, die Daten von über 70 000 Krankenhauspatienten ausgewertet hat, werden AutoUnfallforschung fahrerinnen doppelt so häufig in Unfallfahrzeugen eingeklemmt wie Männer. Sie erleiden auch häufiger Schleudertraumata. Das hängt damit zusammen, dass die Halswirbelsäule bei Frauen schwächer ausgeprägt und der Nacken sensibler ist als bei Männern. Männer hingegen verletzen sich mehr an Kopf, Gesicht und Brust, heißt es in der britischen Studie. Männer und Frauen setzen sich bei Unfällen aufgrund ihrer Physiognomie also unterschiedlichen Gefahren aus. Dass es nun einen weiblichen Dummy gibt, wird in der Mobilitätsszene gelobt. Doch für den Leiter der
der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, greift das zu kurz. Das Thema sei viel komplexer. Senioren, Menschen mit Übergewicht und Menschen mit Einschränkungen seien mit den Dummys nicht abgebildet. Nicht jeder Frauenkörper entspreche dem Eva-Dummy. Zudem gebe es international starke Unterschiede. Doch damit nicht genug. „Es ist wissenschaftlich nicht nachweisbar, dass Frauen bei Unfällen schwerer verletzt werden als Männer“, sagt Brockmann. „Wenn das der Fall ist, hat das nicht damit zu tun, dass Frauen eine andere Physiognomie haben. Es hat damit zu tun, dass sie häufiger als Männer kleine Autos fahren“, erklärt der UDV-Leiter. Nützlich sei der weibliche Dummy bei Heckunfällen, also zum Beispiel Auffahrunfällen. Denn da spiele eine Rolle, dass Frauen – häufig – eine schwächere Nackenmuskulatur haben. Bei anderen Unfällen wie einem seitlichen Aufprall mache Eva keinen entscheidenden Unterschied. Damit weniger Autofahrerinnen verletzt werden, sei daher eher die Simulation am Computer wichtig. Denn: „Man kann nicht für alle Anwendungsfälle Dummys bauen“, erläutert Brockmann.(dot)