Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bargeldpläne der Bundesbank für Blackout
Mögliche Stromausfälle könnten Zahlungen per Karte oder Geldabhebungen am Automaten verändern
- Es ist zuverlässig, sichert Privatsphäre und bietet einen guten Ausgabenüberblick – die Deutschen schätzen ihr Bargeld wie eh und je. Für 60 Prozent aller Waren und Dienstleistungen bezahlten sie 2021 mit Euroscheinen und -münzen, ermittelte die Bundesbank in einer Studie. Zahlungen per Karte oder Smartwatch verzeichneten zwar Zuwachs, aber das Bargeld bleibt Favorit. Und das könnte sich in Notfall- und Krisenzeiten bewähren. Die Ausfälle von Zahlungsterminals im Mai dieses Jahr zeigten, wie schnell diese Option ausfallen kann – und wie sehr Bargeld in dieser Situation helfen kann. Doch was, wenn bei einem Blackout kein Geld mehr ausgezahlt werden kann?
Ein Bericht des Bundestages warnte schon vor mehr als zehn Jahren davor, dass bei einem großräumigen Ausfall der Stromversorgung „die Bargeldversorgung der Bevölkerung zu kollabieren“drohe und es „mit der Zeit zu Unmut und teils zu aggressiven Auseinandersetzungen“komme, da Bezahlungsmöglichkeiten fehlten. Die Entwicklung eines entsprechenden Logistikkonzeptes für die Bundesbank und andere Banken wurde empfohlen.
Dies scheint jetzt der Fall zu sein. Laut einem Reuters-Bericht arbeiteten die Finanzbehörden derzeit an entsprechenden Notfallplänen, um die Bargeldversorgung bei einem Blackout aufrechterhalten zu können. Demnach sollen Bargeldbestände von mehreren Milliarden Euro bei der Bundesbank gelagert werden, um in Krisenzeiten einer erhöhten Nachfrage begegnen zu können. Zudem sollen laut Reuters Möglichkeiten der Verteilung geprüft werden, zum Beispiel, dass Geldtransportern vorrangig Treibstoff zur Verfügung gestellt wird. „Ohne Treibstoff kann das Bargeld im Zweifelsfall nicht ausgeliefert werden“, sagte auch Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) vergangene Woche bei der Jahresmitgliederversammlung. Die Politik sei gefordert, entsprechende gesetzliche Bestimmungen für die Branche zu gestalten, so Mewes. Für die BDGW gehöre die Aufrechterhaltung des Bargeldkreislaufes zur kritischen Infrastruktur.
Das Fraunhofer-Institut erforscht bereits seit zwei Jahren die Aufrechterhaltung der Bargeldversorgung in Not- und Krisenfällen. Großen Handlungsbedarf gebe es vor allem bei der Bestimmung der relevanten Bargeldbezugspunkte, also der bevorzugten Geldautomaten und Banken, sagt Laura Brouer. Deswegen sei im Rahmen des Projektes „Basic“ein Algorithmus entwickelt worden, der diese ermittele, erklärt die Wissenschaftlerin der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen.
Der Algorithmus könne im Krisenfall bei der Entscheidung helfen, welche Orte optimale Ausgabepunkte seien und zuerst beliefert werden sollten, so Brouer. „Beispielsweise könnte so sichergestellt werden, dass im Falle eines Blackouts der noch verfügbare Treibstoff möglichst effektiv für die Belieferung der als ‚hoch relevant‘ eingestuften Bargeldbezugspunkte genutzt wird“, sagt sie.
Der Algorithmus könne auch vorbeugend eingesetzt werden, „durch die Platzierung von Notstromaggregaten an den relevanten Bargeldbezugspunkten“und dabei, diese „bereits im Vorfeld einer Krise in regelmäßigen Abständen“zu ermitteln und zu kommunizieren, erklärt die Wissenschaftlerin.
„Ohne Treibstoff kann das Bargeld im Zweifelsfall nicht ausgeliefert werden.“
BDGW-Vorstandsvorsitzender Michael Mewes