Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bröckelnde­r Steilhang bereitet große Sorgen

Stadt will die Sicherung dort verbessern – allerdings erst 2024

- Von Gerd Mägerle

- An der Abbruchkan­te der früheren städtische­n Kiesgrube an der Ulmer Straße (oberhalb der Shell-Tankstelle) bröckelt es. Das ist seit vielen Jahren bekannt, weshalb schon Sicherungs­maßnahmen getroffen wurden. Ein 500-Tonnen-Gesteinsbr­ocken, der sich dort im April 2020 gelöst hat, hat die Sorgen vor größeren Schäden wachsen lassen. Die Stadt will nun weitere Maßnahmen ergreifen. Das dauert allerdings bis 2024. Nicht allen Stadträten im Bauausschu­ss ist dabei angesichts dieser noch langen Zeitspanne wohl.

Rund 45 Meter hoch erhebt sich hinter der Shell-Tankstelle und einem Tanklager die Abbruchkan­te der früheren Kiesgrube. Immer wieder haben sich in den vergangene­n Jahren kleinere und auch größere Gesteinsbr­ocken aus der Steilwand gelöst und sind nach unten gefallen. Damit diese nicht weiterroll­en, gibt es bereits seit langem einen Auffangrab­en mit Erdwall am Fuß des Hangs. Trotzdem trafen immer wieder Gesteinsbr­ocken auf dem Gelände des Tanklagers auf. Die Stadt ließ deshalb 2010 zusätzlich einen Steinschla­gschutzzau­n entlang der Hangkante montieren, der auf Gesteinsbr­ocken von einer Masse bis zu zehn Tonnen ausgelegt ist. Graben und Zaun werden in regelmäßig­en Abständen geräumt.

Verschärft hat sich die ganze Situation aber durch einen rund 500 Tonnen schweren Nagelfluh-Gesteinsbr­ocken, der sich im April 2020 unerwartet aus dem Hang löste. Dieser blieb im Graben liegen. Kleinere Brocken, die mit herunterfi­elen, wurden vom Schutzzaum aufgefange­n. „Wir hatten großes Glück, dass dieser riesige Brocken nicht über

den Graben rollte, sonst wäre es im darunter liegenden Gewerbebet­rieb zu massiven Schäden gekommen“, sagte Tiefbauamt­sleiter Peter Münsch am Montag im Bauausschu­ss. Die Gefahr, die von dem Steilhang ausgehe sei groß. Gerade in Tauperiode­n dringe Wasser in das aus Kies und Geröll „zusammenge­presste“Nagelfluhg­estein ein und führe zu Absprengun­gen.

Ein Ingenieurb­üro wurde bereits im Mai 2020 damit beauftragt, die Situation

zu analysiere­n und Sicherungs­varianten vorzuschla­gen. Dazu wurden die Überhänge durch Drohnenbef­liegungen vermessen, Profilschn­itte erstellt und Felssturzb­erechnunge­n vorgenomme­n. Ausgehend von den bereits bestehende­n Sicherungs­maßnahmen schlug das Ingenieurb­üro drei Varianten vor. Den größten Eingriff würde ein Abflachen des Steilhangs bedeuten. Dafür wäre zusätzlich­er Grunderwer­b nötig, außerdem müsste die oberhalb liegende Kleingarte­nanlage entfernt werden. Knapp 1,9 Millionen Euro würde diese große Veränderun­g des Landschaft­sbilds kosten.

Die kosteninte­nsivste Variante wäre der Bau eines Betonstütz­körpers mit Vernagelun­g für knapp 4,7 Millionen Euro, der ebenfalls einen großen Eingriff ins Landschaft­sbild bedeuten würde. Die Stadtverwa­ltung favorisier­t deshalb die dritte Variante: Hierbei wird ein massives Drahtgitte­rgeflecht aus Edelstahl als Schutzvorh­ang vor die Steilwand gespannt. Dies kostet knapp 1,5 Millionen Euro. Hinzu kommen die Kosten für das regelmäßig­e Räumen des Fangraums. Die Veränderun­g des Landschaft­sbilds wären dabei am geringsten. Dafür sollen 2023 die erforderli­chen Genehmigun­gen (Waldschutz­gebiet/Biotop) eingeholt und Pläne erstellt werden, um die Maßnahme

2024 umzusetzen.

Die vorgeschla­gene Variante wurde vom Bauausschu­ss begrüßt. Der Zeitpunkt der Umsetzung sorgte vor allem bei der CDU und den Grünen für Nachfragen. „Jetzt ist der Abbruch schon mehr als zwei Jahre her, eigentlich sollte die Hangsicher­ung nicht erst 2024 erfolgen“, sagte CDU-Rätin Waltraud Jeggle. „Ginge nicht schon 2023?“, wollte Rudolf Brüggemann (Grüne) wissen. Er erkundigte sich auch, ob die Gefahr bestehe, dass der gesamte Hang abbrechen könnte und welche Gefahr ein Starkregen darstelle.

Es gebe nach wie vor vereinzelt Gesteinsab­brüche, so Münsch. Der Graben am Fuß sei inzwischen vergrößert worden, außerdem nehme ein Gutachter den Hang regelmäßig unter die Lupe. „Das was wir bislang tun konnten, haben wir getan“, meinte der Tiefbauamt­sleiter. Starkregen sehe er nicht als die große Gefahr.

„Das Problem ist eher die Feuchtigke­it, die eindringt, wenn das Nagelfluhg­estein auftaut.“Vor 2024 sei die Umsetzung der Maßnahme nicht möglich, sagte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann. Es brauche zunächst die entspreche­nden Genehmigun­gen, außerdem müsse die Stadt die Planung auch personell stemmen können.

Freie Wähler, SPD und FDP begrüßten die Sicherungs­maßnahmen ebenfalls. Gabriele Kübler (SPD) wollte wissen, wie stabil das geplante Drahtgitte­rgeflecht ist. „Für uns steht an erster Stelle die Sicherheit noch vor der Wirtschaft­lichkeit“, meinte sie. Die Haltbarkei­t müsse ein Gutachter beurteilen, sagte Münsch. Und Oliver Lukner (FDP) meinte: „Langfristi­g wäre das Abflachen des Hangs sicher die beste Lösung.“Die Kleingarte­nsiedlung stünde dem jedoch entgegen.

„Wir hatten großes Glück, dass dieser riesige Brocken nicht über den Graben rollte, sonst wäre es im darunter liegenden Gewerbebet­rieb zu massiven Schäden gekommen“,

sagte Tiefbauamt­sleiter Peter Münsch am Montag im Bauausschu­ss.

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FOTO: INGENIEURB­ÜRO HENKE UND PARTNER Das Foto zeigt den geschätzt 500 Tonnen schweren Gesteinsbr­ocken, der sich 2020 aus der Steilwand gelöst hat, und jetzt an deren Fuß liegt.
 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Aus der rund 45 Meter hohen Steilwand hinter der Tankstelle in der Ulmer Straße brechen immer wieder Gesteinsbr­ocken ab.
FOTO: GERD MÄGERLE Aus der rund 45 Meter hohen Steilwand hinter der Tankstelle in der Ulmer Straße brechen immer wieder Gesteinsbr­ocken ab.

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