Schwäbische Zeitung (Biberach)
Für friedliche Koexistenz von Bibern und Landwirten
Ochsenhausen und Biberach wollen an der Dürnach beiden Seiten gerecht werden
- Der Biber ist zurück an allen Gewässern im Landkreis Biberach. Darüber ist nicht jeder froh. Die Städte Ochsenhausen und Biberach möchten nun in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Biberach an der Dürnach ein Konzept anschieben, das dem Biber und den Grundbesitzern gleichwohl gefallen soll. Zuvor müssen Landwirte und Gremien noch zustimmen.
„Für die Eigentümer und Bewirtschafter sind abgenagte Bäume, unterhöhlte Ufer und überflutete Flächen ein großes Ärgernis. Dies trifft auch auf die Dürnach zu, an der zwischen Mittelbuch und Ringschnait mehrere Biber leben“, teilt das Landratsamt mit. Von „Landnutzungskonflikt“sprechen die Behörden. „Der Biber macht sich seine Umwelt, wie er sie gerne hätte, aber Landwirte haben andere Bedürfnisse“, formuliert es Monika Merk, Sprecherin der Stadt Ochsenhausen. Der Biber sei ein sehr geschütztes Tier, man dürfe es nicht vergrämen. „Wir als Stadt wollen dem Artenschutz gerecht werden, aber auch sehen, dass unsere Landwirte ihre Flächen bewirtschaften können.“Anders als im Nachbarland Bayern würden Landwirte in Baden-Württemberg nicht für von Bibern verursachte Schäden entschädigt.
Deshalb versuchen die zwei Städte und der Kreis etwas anzuschieben, um das Thema zu befrieden. „Ziel dieser Projekte ist die – fast vollständige – Auflösung der bestehenden Nutzungskonflikte zwischen Biber und Landwirtschaft“, teilt der Kreis
mit, „Um dies zu erreichen, wird dem Gewässer einerseits mehr Fläche gegeben – die sogenannte Gewässerentwicklungszone. Andererseits wird eine mögliche Vernässung auf die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Baumaßnahmen beschränkt.“
Der Grundgedanke ist also, das natürliche Rückhaltevermögen des Flusses zu vergrößern, indem humoser Boden an den Ufern abgetragen wird. Die wertvolle Erde wird dann auf die Felder der Landwirte aufgebracht. Das Gelände wird dadurch so moduliert, dass der Biber an seinen Rändern auf natürliche Barrieren wie kleine Erhebungen stößt, die es unattraktiv für ihn machen, darüber hinaus zu siedeln und zu bauen. Auch sollen vorhandene Drainagen verändert werden. Viele Felder in Oberschwaben werden entwässert, um Getreideanbau überhaupt zu ermöglichen.
Emsige Biber verstopfen solche Leitungen immer wieder, wodurch sich der Effekt umkehrt. Im Zuge des geplanten Projekts könnten die Drainagen so verlegt werden, dass das gesammelte Wasser an einer bibersicheren oder leicht zugänglichen Stelle in das Gewässer abgelassen werden kann. Für die Maßnahmen, die sich an einem Modellprojekt orientieren, ist nun eine kleine Flurneuordnung angedacht.
„Mit diesem Projekt erreichen wir eine erhebliche ökologische Aufwertung für die Dürnach und ihre umliegenden Bereiche, werden den Bedürfnissen der Biberpopulation gerecht, erzielen Synergien bei unseren geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und berücksichtigen die Belange der Landwirtschaft“, findet Biberachs Baubürgermeister Christian Kuhlmann. Ochsenhausens Bürgermeister Andreas Denzel ergänzt:
„Wir hoffen, dass damit künftig Mensch und Tier einträchtig miteinander leben können, ohne dass wir immer wieder aufwendig Schäden beheben müssen.“
Eine erste Informationsveranstaltung hat bereits stattgefunden. Dort wurde ein Modellprojekt vorgestellt, wie es auch schon am Altbach bei Andelfingen (Gemeinde Langenenslingen) vor etwa zehn Jahren und am Tobelbach bei Oberwachingen (Gemeinde Uttenweiler) verwirklicht wurde oder wird.
Noch stehe man ganz am Anfang, sagt Merk. Sofern die Landwirte bereit sind, Flächen in Ufernähe gegen gleichwertige und ähnlich große Areale einzutauschen, könnten die Städte das Projekt weiterverfolgen, erklärt Monika Merk. Das Amt für Flurneuordnung und Landentwicklung ist deshalb involviert. Doch auch die Gremien der Städte müssten sich für die folgenden Detailplanungen aussprechen. Denn schließlich „geht es auch um viel Geld“, sagt Monika Merk.
Ochsenhausen sei zwar im Besitz von Tauschgrundstücken, aber nicht in ausreichender Zahl. Sofern sich alle Beteiligten einig sind, werde der Prozess dennoch einige Jahre dauern, vermutet Monika Merk. Es wird also dauern, bis Biber und Bauern einträchtig sauber getrennt ihre Arbeit machen.
Josef Grom, Biberbeauftragter des Regierungspräsidiums Tübingen, versichert in einer Mitteilung des Kreises: „Im Modellprojekt am Altbach ist es gelungen, die biberbedingten Konflikte zu befrieden. Das wäre auch an der Dürnach möglich.“