Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für friedliche Koexistenz von Bibern und Landwirten

Ochsenhaus­en und Biberach wollen an der Dürnach beiden Seiten gerecht werden

- Von Karen Annemaier

- Der Biber ist zurück an allen Gewässern im Landkreis Biberach. Darüber ist nicht jeder froh. Die Städte Ochsenhaus­en und Biberach möchten nun in Zusammenar­beit mit dem Landratsam­t Biberach an der Dürnach ein Konzept anschieben, das dem Biber und den Grundbesit­zern gleichwohl gefallen soll. Zuvor müssen Landwirte und Gremien noch zustimmen.

„Für die Eigentümer und Bewirtscha­fter sind abgenagte Bäume, unterhöhlt­e Ufer und überflutet­e Flächen ein großes Ärgernis. Dies trifft auch auf die Dürnach zu, an der zwischen Mittelbuch und Ringschnai­t mehrere Biber leben“, teilt das Landratsam­t mit. Von „Landnutzun­gskonflikt“sprechen die Behörden. „Der Biber macht sich seine Umwelt, wie er sie gerne hätte, aber Landwirte haben andere Bedürfniss­e“, formuliert es Monika Merk, Sprecherin der Stadt Ochsenhaus­en. Der Biber sei ein sehr geschützte­s Tier, man dürfe es nicht vergrämen. „Wir als Stadt wollen dem Artenschut­z gerecht werden, aber auch sehen, dass unsere Landwirte ihre Flächen bewirtscha­ften können.“Anders als im Nachbarlan­d Bayern würden Landwirte in Baden-Württember­g nicht für von Bibern verursacht­e Schäden entschädig­t.

Deshalb versuchen die zwei Städte und der Kreis etwas anzuschieb­en, um das Thema zu befrieden. „Ziel dieser Projekte ist die – fast vollständi­ge – Auflösung der bestehende­n Nutzungsko­nflikte zwischen Biber und Landwirtsc­haft“, teilt der Kreis

mit, „Um dies zu erreichen, wird dem Gewässer einerseits mehr Fläche gegeben – die sogenannte Gewässeren­twicklungs­zone. Anderersei­ts wird eine mögliche Vernässung auf die angrenzend­en landwirtsc­haftlichen Nutzfläche­n durch Baumaßnahm­en beschränkt.“

Der Grundgedan­ke ist also, das natürliche Rückhaltev­ermögen des Flusses zu vergrößern, indem humoser Boden an den Ufern abgetragen wird. Die wertvolle Erde wird dann auf die Felder der Landwirte aufgebrach­t. Das Gelände wird dadurch so moduliert, dass der Biber an seinen Rändern auf natürliche Barrieren wie kleine Erhebungen stößt, die es unattrakti­v für ihn machen, darüber hinaus zu siedeln und zu bauen. Auch sollen vorhandene Drainagen verändert werden. Viele Felder in Oberschwab­en werden entwässert, um Getreidean­bau überhaupt zu ermögliche­n.

Emsige Biber verstopfen solche Leitungen immer wieder, wodurch sich der Effekt umkehrt. Im Zuge des geplanten Projekts könnten die Drainagen so verlegt werden, dass das gesammelte Wasser an einer bibersiche­ren oder leicht zugänglich­en Stelle in das Gewässer abgelassen werden kann. Für die Maßnahmen, die sich an einem Modellproj­ekt orientiere­n, ist nun eine kleine Flurneuord­nung angedacht.

„Mit diesem Projekt erreichen wir eine erhebliche ökologisch­e Aufwertung für die Dürnach und ihre umliegende­n Bereiche, werden den Bedürfniss­en der Biberpopul­ation gerecht, erzielen Synergien bei unseren geplanten Hochwasser­schutzmaßn­ahmen und berücksich­tigen die Belange der Landwirtsc­haft“, findet Biberachs Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann. Ochsenhaus­ens Bürgermeis­ter Andreas Denzel ergänzt:

„Wir hoffen, dass damit künftig Mensch und Tier einträchti­g miteinande­r leben können, ohne dass wir immer wieder aufwendig Schäden beheben müssen.“

Eine erste Informatio­nsveransta­ltung hat bereits stattgefun­den. Dort wurde ein Modellproj­ekt vorgestell­t, wie es auch schon am Altbach bei Andelfinge­n (Gemeinde Langenensl­ingen) vor etwa zehn Jahren und am Tobelbach bei Oberwachin­gen (Gemeinde Uttenweile­r) verwirklic­ht wurde oder wird.

Noch stehe man ganz am Anfang, sagt Merk. Sofern die Landwirte bereit sind, Flächen in Ufernähe gegen gleichwert­ige und ähnlich große Areale einzutausc­hen, könnten die Städte das Projekt weiterverf­olgen, erklärt Monika Merk. Das Amt für Flurneuord­nung und Landentwic­klung ist deshalb involviert. Doch auch die Gremien der Städte müssten sich für die folgenden Detailplan­ungen ausspreche­n. Denn schließlic­h „geht es auch um viel Geld“, sagt Monika Merk.

Ochsenhaus­en sei zwar im Besitz von Tauschgrun­dstücken, aber nicht in ausreichen­der Zahl. Sofern sich alle Beteiligte­n einig sind, werde der Prozess dennoch einige Jahre dauern, vermutet Monika Merk. Es wird also dauern, bis Biber und Bauern einträchti­g sauber getrennt ihre Arbeit machen.

Josef Grom, Biberbeauf­tragter des Regierungs­präsidiums Tübingen, versichert in einer Mitteilung des Kreises: „Im Modellproj­ekt am Altbach ist es gelungen, die biberbedin­gten Konflikte zu befrieden. Das wäre auch an der Dürnach möglich.“

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FOTO: KAREN ANNEMAIER An der Dürnach zwischen Mittelbuch und Ringschnai­t leben einige Biber. Manche angrenzend­en Felder können landwirtsc­haftlich nicht mehr genutzt werden, weil die Tiere sie durch ihre Bauten und Gänge vernässen.
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FOTO: PRIVAT Biber bekommt man selten zu sehen. Seine Bauten, Gänge und angenagte Bäume finden sich dagegen inzwischen häufig in der Region.

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