Schwäbische Zeitung (Biberach)

Polizisten im Südwesten werden identifizi­erbar

Landesregi­erung bringt Kennzeichn­ungspflich­t auf den Weg – Gewerkscha­ften werten das als Misstrauen

- Von Kara Ballarin

- Nach Jahren des Streits kommt sie nun doch: Die Landesregi­erung hat am Dienstag eine Kennzeichn­ungspflich­t für Polizisten auf den Weg gebracht. Während die Polizeigew­erkschafte­n toben, verweist Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU), ehemals großer Kritiker einer solchen Pflicht, nun auf deren Vorteile für die Landesbeam­ten.

Müssen Polizisten identifizi­erbar sein? Um diese Frage wird im Land seit mehr als einem Jahrzehnt gerungen. Ein Auslöser hierfür war der sogenannte Schwarze Donnerstag im September 2010. Polizisten gingen mit Schlagstöc­ken, Pfefferspr­ay und Wasserwerf­ern gegen Menschen vor, die im Stuttgarte­r Schlossgar­ten gegen das Bahnprojek­t Stuttgart 21 demonstrie­rten. Hunderte wurden verletzt – auch Polizisten. Etliche Videos zeugen zwar von den Vorgängen. Die juristisch­e Aufarbeitu­ng war indes schwierig. 156 Verfahren gegen unbekannte Polizeibea­mte mussten eingestell­t werden, weil diese nicht identifizi­erbar waren.

Die Grünen hatten eine Kennzeichn­ungspflich­t für Polizisten in ihr Programm für die Landtagswa­hl 2011 aufgenomme­n. In der Regierung waren sie dann aber stets am Widerstand ihrer Koalitions­partner gescheiter­t

– zunächst an der SPD, dann an der CDU. Nun, in der dritten Regierungs­zeit von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne), trägt die CDU die Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag mit. „Es ist keine allgemeine Kennzeichn­ungspflich­t, sondern eine Kennzeichn­ungspflich­t für die Polizisten, die an Großeinsät­zen beteiligt sind“, betonte Kretschman­n am Dienstag in Stuttgart.

Die meisten anderen Bundesländ­er haben eine solche Pflicht bereits – darunter Rheinland-Pfalz, wo selbst Streifenpo­lizisten eine Kennzeichn­ung tragen. Von den rund 29.000 Polizisten in Baden-Württember­g sollen indes lediglich 1640 erkennbare­r werden, die etwa bei Demonstrat­ionen und Fußballspi­elen zum Einsatz kommen, betonte Strobl. Jeder soll einen sichtbaren fünfstelli­gen Code an der Kleidung tragen. Das diene den Beamten, „beispielsw­eise, um Vorwürfe aufklären und gegebenenf­alls entkräften zu können“, betonte er.

Die Polizeigew­erkschafte­n sehen indes einen Akt des Misstrauen­s gegen die Beamten. Diese seien bereits identifizi­erbar, weil kleine Gruppen eine einheitlic­he Kennung aus Buchstaben und Ziffern trügen. „Das hat mit Misstrauen gar nichts zu tun“, entgegnete Kretschman­n. „Es geht nur darum, dass man in problemati­schen Fällen nachvollzi­ehen kann, wer das war.“Einzelfäll­e, in denen dies nötig sei, gebe es immer wieder.

Unterstütz­en Polizisten aus anderen Ländern die Kollegen im Südwesten, gelten für diese die Regeln in der Heimat, erklärt ein Sprecher Strobls. Bayern beispielsw­eise hat keine Kennzeichn­ungspflich­t und plant bislang auch keine einzuführe­n, wie Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) jüngst betonte. „Die Kräfte, die aus anderen Ländern zu uns kommen, bringen ihre eigene Ausstattun­g mit“, so Strobls Sprecher. Für externe Kräfte gelte dann keine individuel­le Kennzeichn­ungspflich­t. Sie seien dann in der Regel weiter als Gruppe identifizi­erbar.

Das Gesetz zur Kennzeichn­ungspflich­t muss noch durch den Landtag. Bis die Pflicht greift, kann noch ein halbes Jahr verstreich­en.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA In Rheinland-Pfalz tragen Polizisten schon seit Jahren individuel­le Ziffernfol­gen und sind damit identifizi­erbar,

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