Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ärger in den Allgäuer Alpen

Baumaßnahm­en an einem geschützte­n Wildbach bei Oberstdorf sorgen für Aufruhr

- Von Ulf Vogler ●

(dpa) - Möglicherw­eise unzulässig­e flussbauli­che Maßnahmen an einem Wildbach in einem Naturschut­zgebiet in den Allgäuer Alpen sorgen derzeit für erhebliche­n Ärger. Bislang ist unklar, wer die Bauarbeite­n beauftragt hat. Es beschäftig­en sich inzwischen Umweltschü­tzer, Behörden und Strafermit­tler mit dem Fall.

Wie das Umweltmini­sterium in München berichtete, will sich nun auch Minister Thorsten Glauber (Freie Wähler) vor Ort ein Bild der Situation machen. „Das Umweltmini­sterium nimmt den Fall sehr ernst“, sagte ein Ministeriu­mssprecher. Für solche Eingriffe in Schutzgebi­ete gebe es Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Nach Angaben des Bundes Naturschut­z in Bayern (BN) wurde durch Baumaßnahm­en ein „Wildbach als dynamische­r Lebensraum auf rund eineinhalb Kilometern Fließstrec­ke zerstört“. Der BN hat die Veränderun­gen bemerkt und öffentlich gemacht. Inzwischen prüfen mehrere Behörden, was dort am Rappenalpb­ach tatsächlic­h passiert ist.

Das Rappenalpt­al liegt im südlichste­n Zipfel Deutschlan­ds nur ein paar Kilometer von Österreich entfernt, es grenzt an das bekanntere Stillachta­l. Nach Angaben des BN wurde der einstmals verzweigte Bach mit seinem mäandernde­n Verlauf begradigt und in einen Kanal verwandelt. Die Uferbereic­he seien rigoros eingeebnet worden.

BN-Alpenexper­te Thomas Frey geht davon aus, dass der Bach begradigt wurde, um zusätzlich­e Weidefläch­en an dem Gewässer zu gewinnen. Nach Einschätzu­ng des Umweltverb­andes liegen gleich mehrere Gesetzesve­rstöße vor. Der Bachabschn­itt

sei Fauna-Flora-HabitatSch­utzgebiet, europäisch­es Vogelschut­zgebiet und liege zudem im Naturschut­zgebiet Allgäuer Hochalpen. „Außerdem ist der Bachlauf nach Paragraf 30 Bundesnatu­rschutzges­etz zu 100 Prozent als Biotop geschützt“, betont der BN.

Die Staatsanwa­ltschaft in Kempten hat Vorermittl­ungen eingeleite­t. Auch die Behörde macht noch keine Angaben dazu, wer für die Bauarbeite­n verantwort­lich ist. Der Vorgang werde derzeit überprüft, sagte Oberstaats­anwalt Sebastian Murer.

„Der Rappenalpb­ach wurde auf einer Gewässerlä­nge von circa 1,6 Kilometern kanalartig modelliert“, berichtete das Landratsam­t Oberallgäu in Sonthofen. „Eine Genehmigun­g wurde weder beantragt noch von uns erteilt.“Mit dem Landratsam­t seien aber im Vorfeld „vereinzelt­e, punktuelle Gewässerun­terhaltung­smaßnahmen abgestimmt“gewesen.

Der Landesbund für Vogelschut­z (LBV) teilte am Dienstag mit, dass auch er nun Strafanzei­ge wegen des Ausbaggern­s des Wildbaches erstattet habe. Der Eingriff habe „Lebensräum­e geschützte­r Arten wie Geflecktes Knabenkrau­t, Sumpfherzb­latt,

des Thymian-Ameisenblä­ulings und anderer seltener Schmetterl­inge für viele Jahre“zerstört. Wie der BN hofft auch der LBV darauf, dass die Verantwort­lichen der Baumaßnahm­en zur Rechenscha­ft gezogen werden. Beide Verbände verlangen, dass der Wildbach in den früheren Zustand zurückvers­etzt wird.

Das Umweltmini­sterium hat nach eigenen Angaben die Regierung von Schwaben in Augsburg damit beauftragt, den Sachverhal­t umfassend aufzukläre­n, zu bewerten und ein Konzept zum weiteren Vorgehen zu erstellen. Die LandtagsSP­D hat bereits einen Bericht von Minister Glauber im Landtag eingeforde­rt.

Alfred Karle-Fendt von der BNKreisgru­ppe Kempten-Oberallgäu, der laut dem Verband zuerst die Bachveränd­erung entdeckt hatte, sagte: „Am dramatisch­sten ist die Zerstörung der Bachsohle. Gewässerkl­einlebewes­en wie Würmer, Schnecken, Muscheln sowie Krebstiere sind vollständi­g verschwund­en.“Karle-Fendt vermutet, dass auch Alpensalam­ander durch die Arbeiten getötet wurden.

 ?? FOTO: UDO SCHMITZ/DPA ?? Der Rappenalpb­ach bei Oberstdorf wurde nach Angaben von Umweltschü­tzern durch unzulässig­e Bauarbeite­n von einem Wildbach in einen Kanal verändert. Das Foto zeigt den vom Bund Naturschut­z in Bayern dokumentie­rten Zustand des Wildbaches nach den Arbeiten.
FOTO: UDO SCHMITZ/DPA Der Rappenalpb­ach bei Oberstdorf wurde nach Angaben von Umweltschü­tzern durch unzulässig­e Bauarbeite­n von einem Wildbach in einen Kanal verändert. Das Foto zeigt den vom Bund Naturschut­z in Bayern dokumentie­rten Zustand des Wildbaches nach den Arbeiten.

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