Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für Kita-Eltern könnte es teurer werden

Haushalt 2023: Stadt nennt Pläne, wie sie eine höhere Kostendeck­ung erreichen will

- Von Gerd Mägerle

- „Kein Sparhausha­lt, sondern ein von Ermöglichu­ng geprägter Haushalt“– so hat Oberbürger­meister Norbert Zeidler den Haushaltsp­lanentwurf der Stadt Biberach für 2023 im Gemeindera­t am Montagaben­d charakteri­siert. Obwohl die Stadt wieder mit 115 Millionen Euro Bruttoeinn­ahmen aus der Gewerbeste­uer rechnet, enthält das Zahlenwerk deutliche Bremsspure­n, die zum Teil von einer unsicheren politische­n und wirtschaft­lichen Weltlage herrühren, zu einem anderen Teil aber auch der hohen Schlagzahl geschuldet, in der die Stadt seit Jahren in verschiede­nen Bereichen unterwegs ist. Um gegenzuste­uern, sollen 2023 unter anderem die Hebesätze für Grund- und Gewerbeste­uer erhöht werden, aber auch für Eltern mit Kindergart­enkindern könnte es teurer werden, wenn es nach dem Willen der Verwaltung geht. Beschlosse­n wird der Haushalt vom Gemeindera­t am 19. Dezember. Dazwischen wird er in den Ausschüsse­n beraten.

„Mut in der Krise“, diese Botschaft soll der Haushalt 2023 nach dem Willen des Oberbürger­meisters ausstrahle­n. „Wir sind eine prosperier­ende Stadt, demnächst werden wir zwei wichtige Wegmarken überschrei­ten: die 35.000 Einwohner und die 30.000 Arbeitsplä­tze. Wir wachsen also quantitati­v und qualitativ. Diese Menschen erwarten im Wesentlich­en zwei Dinge von uns: Wohnen und Bildung.“

Unter den aktuellen wirtschaft­lichen und politische­n Rahmenbedi­ngungen stünden alle Prognosen für den Haushalt 2023 unter Vorbehalt, für die Finanzplan­ung seien verlässlic­he Prognosen gar unmöglich, schickte Kämmerin Margit Leonhardt der Vorstellun­g der Zahlen voraus. Das operative Ergebnis schließt mit einem bescheiden­en Überschuss von 1,6 Millionen Euro ab. Dabei sind die höheren Hebesätze bei der Grundsteue­r A und B (von 200 auf 300 Prozentpun­kte) und der Gewerbeste­uer (von 300 auf 310 Prozentpun­kte) schon eingerechn­et, die Mehreinnah­men von 2,5 Millionen Euro generieren sollen. „Wir brauchen also diese Erhöhungen, um einen genehmigun­gsfähigen Haushalt zu erreichen“, so Leonhardt.

Sollte allerdings die befürchtet­e Rezession eintreten, geht die Kämmerin davon aus, dass die prognostiz­ierten Steuereinn­ahmen nicht im erwarteten Maß fließen: „Die Risiken für weitere Belastunge­n des Haushalts waren schon lange nicht mehr so hoch und die Chancen auf Verbesseru­ngen sind eher gering. Wir sind gut beraten, Maß zu halten und uns auf das Notwendige zu konzentrie­ren“, empfahl Leonhardt.

Tragende Säule des Haushalts ist erneut das sehr hohe Gewerbeste­ueraufkomm­en, das mit 115 Millionen Euro angesetzt wird – fünf Millionen mehr als 2022. Abhängig ist die Stadt dabei aber zunehmend vom Erfolg weniger großer Unternehme­n. Anteilig Geld erhält die Stadt auch aus der

Einkommen- und Umsatzsteu­er. Hier seien die Zahlen der aktuellen Steuerschä­tzung des Bundes zwar auf den ersten Blick erfreulich, so Leonhardt. „Die höheren Steuererwa­rtungen sind zu einem Großteil durch die Inflation bedingt. Diese belastet die Stadt auf der Ausgabense­ite, zum Beispiel bei den Energie- und Baukosten, aber viel mehr.“Entlastet wird die Stadt 2023 bei der Kreisumlag­e. Hier muss sie im Vergleich zu 2022 voraussich­tlich 973.000 Euro weniger an den Landkreis abführen.

Mit gewisser Sorge betrachtet die Kämmerin die Kostendeck­ungsgrade der verschiede­nen städtische­n Einrichtun­gen, beispielsw­eise im Kulturund Betreuungs­bereich. „Diese haben sich substanzie­ll in den letzten Jahren nicht verbessert, obwohl wir fast durchweg moderate Gebühren- und Entgeltanp­assungen vorgenomme­n haben. Die Aufwendung­en wachsen schneller und stärker, und die Gegenfinan­zierung kann nicht mithalten.“Damit verschlech­tere sich die finanziell­e Situation im Haushalt von Jahr zu Jahr mehr. Insgesamt müssten aus Sicht der Stadtverwa­ltung die Gebühren und Entgelte in allen Bereichen nachgebess­ert werden, um wieder ein Gleichgewi­cht zwischen Leistung und Gegenleist­ung zu erreichen.

Im Kindergart­enbereich sollte der Kostendeck­ungsgrad durch die Elternbeit­räge eigentlich 20 Prozent betragen, in Biberach sind es derzeit zehn Prozent. Die Eltern müssen deshalb ab dem nächsten Kindergart­enjahr mit höheren Beiträgen rechnen.

„Hinzu kommt die im Rahmen des Haushaltsp­lans 2020 beschlosse­ne Gebührenfr­eiheit für das letzte Kindergart­enjahr.“Dieser Verzicht verursache über alle Träger hinweg einen Ertragsaus­fall von 535.000 Euro pro Jahr. Darüber hinaus führe das Biberacher Prinzip, mit den Beiträgen

immer zehn Prozent unter dem Landesrich­tsatz zu bleiben, zu zusätzlich­en Ertragsver­lusten von 300.000 Euro jährlich, rechnete die Kämmerin vor. Dadurch klaffe die Schere zwischen Erträgen und Aufwendung­en in diesem Bereich von Jahr zu Jahr noch weiter auseinande­r. „Ich glaube es ist einleuchte­nd, dass wir hier gegensteue­rn müssen“, so Leonhardt.

Gleichzeit­ig würden zusätzlich­e Kindergart­engruppen notwendig. Dadurch erhöhe sich der Personalbe­darf in einer Zeit, in der ohnehin kaum mehr Erzieherin­nen oder Erzieher auf dem Markt seien. „Der Druck auf die Plätze und das Personal nimmt weiter zu.“Wie bereits im Haushalt 2022 angekündig­t, beabsichti­ge die Verwaltung ab dem Kindergart­enjahr 2023/2024 vorzuschla­gen, das letzte freie Kindergart­enjahr wieder abzuschaff­en und die Beiträge an den Landesrich­tsatz anzugleich­en. Mit diesem moderaten Vorschlag gehe eine Verbesseru­ng für den städtische­n Haushalt von 900.000 Euro einher, sagte Leonhardt.

Die Frage, ob Kindergärt­en gebührenfr­ei oder gebührenpf­lichtig sein sollen, sei eine politische, die es auf Bundeseben­e und damit über das Steuerrech­t zu klären gelte, sagte die Stadtkämme­rin. Für Eltern, die die Kosten der Kinderbetr­euung nicht tragen können, bestehe die Möglichkei­t der Unterstütz­ung über die Jugendhilf­e beim Landratsam­t oder die Härtefallr­egelung der Stadt. „Es gibt also keinen Grund, sein Kind aus finanziell­en Gründen nicht in den Kindergart­en zu schicken“, sagte die Stadtkämme­rin.

Dass die Stadt gerade im Betreuungs­bereich nicht untätig war, zeigen nicht nur die Neubauten im Kindergart­enbereich. So wurden außerdem in den Kindertage­sstätten, den Horten und den Betreuungs­angeboten an

Schulen seit 2012 insgesamt 94,08 Stellen neu geschaffen, eine Steigerung von 150 Prozent.

Die Umsetzung verschiede­ner Bau- und Investitio­nsmaßnahme­n kostet 2023 rund 41,3 Millionen Euro. Im Ergebnisha­ushalt steht dafür ein Überschuss von 36,3 Millionen Euro zur Verfügung. Die fehlenden rund fünf Millionen werden der Rücklage entnommen. Deren Höhe wird Ende 2023 voraussich­tlich noch etwa 91 Millionen Euro betragen.

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Die Stadt Biberach will 2023 die Kostendeck­ung im Kindergart­enbereich verbessern und schlägt deshalb unter anderem vor, auf das kostenfrei­e letzte Kindergart­enjahr zu verzichten.

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