Schwäbische Zeitung (Biberach)
Locker-leichter Soul mit italienischem Flair
Petroccas melodienseliges Italian Organ Trio im Jazzkeller
(sz) - „Konzert für Schlagzeug und Begleitband“hätte auf den ersten Eindruck das Motto der Veranstaltung im Jazzkeller der Bruno-FreyMusikschule lauten können. Dominant in mehrfacher Hinsicht war er, der Mailänder Schlagzeuger Tommaso Bradascio mit sizilianischen Wurzeln. Mittig auf der Bühne platziert, zwischen seinen feinfühligen Mitspielern an der einschmeichelnd klingenden Gibson-Gitarre des Wahlstuttgarters Lorenzo Petrocca und der im unverwechselbaren Hammond-Leslie-Sound vernehmbaren ViscountLegend-Orgel stand er auch ohne elektrische Verstärkung akustisch im Mittelpunkt des Geschehens.
Temperamentvoll, leidenschaftlich, virtuos und voller Spielfreude bildete er das Kraftwerk des „Italian Organ Trios“. Der Turiner Organist Alberto Marsico, den Formablauf und die Grammatik der Stücke fest im Blick, musste ihn manchmal durch Zurufe aus seinen Exerzitien heraus zur Ordnung rufen.
Hatte man sich um das Schlagzeug „herum“gehört oder hatte Bradascio von den Sticks gelegentlich auf die Jazzbesen gewechselt, offenbarte sich der leichte italienische Stil so richtig. Der aus der Pythagoras-Stadt Crotone in Kalabrien stammende Lorenzo Petrocca, der in seiner Jugend übrigens württembergischer Boxmeister war, pflegt einen abgeklärten, sensiblen Stil mit weichem, aber vollem Gitarren-Sound.
Dieser eignet sich hervorragend, um die überwiegend italienischen Melodien, die „Canzoni Italiane“oder auch melodischen Eigenkompositionen wie das vor der Pause erklingende rasante „Cromatism“zu interpretieren.
An schönen Melodien war kein Mangel. „Parla piu piano“aus „Godfather“, besser bekannt als Titelmelodie und Ohrwurm aus „Der Pate“, eine soulige Version des italienischen Gassenhauers „O Sole Mio“als „O Soul Mio“oder das unsterbliche „Nessun Dorma“von Puccini ließen wohlige Schauer auf den Rücken laufen. Mit diesen berührenden Melodien im Ohr erschlossen sich aber auch die interaktiv-improvisatorischen Umspielungen und Variationen derselben umso unmittelbarer. Bereinigt um den Schmalz unzähliger Coverversionen, klanglich etwas verfremdet, rhythmisch geschärft und versehen mit einer farbig erweiterten Harmonik erwachten die Evergreens zu neuem Leben und versöhnten mit dem zumindest direkt vor der Bühne nicht ganz so ausgewogenen Gesamtklang.
Spätestens mit dem Schlussapplaus und dem als Zugabe gespielten Bis-Blues war aber wieder alles im Lot, und dass Petrocca bei all der Spielfreude und Begeisterung trotz der anbrechenden Vorweihnachtszeit vergessen hatte, auf die mitgebrachten CDs hinzuweisen, hinderte kaum jemanden am Kauf.