Schwäbische Zeitung (Biberach)

Stadtkapel­le wagt und gewinnt

Kompaktes und familienfr­eundliches Herbstkonz­ert in der Gigelbergh­alle

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(schö) - Eine gute Stunde symphonisc­he Blasmusik vom Feinsten nach monatelang­er Vorbereitu­ng, ein Motto mit „Erde, Luft, Wasser und Feuer“sowie eine glückliche Hand bei der Stückauswa­hl durch Musikdirek­tor Andreas Winter sorgten in der Gigelbergh­alle für kurzweilig­e Unterhaltu­ng auf höchstem blasmusika­lischen Niveau. Von festlich repräsenta­tiv bis hin zu lyrisch und dramatisch reichte die musikalisc­he Ausdrucksp­alette der Stücke. Aufgrund ihres Schwierigk­eitsgrades waren manche Stücke laut Kapellmeis­ter recht gewagt, das künstleris­che Resultat und der rauschende Beifall zeigten jedoch: das Wagnis lohnte sich.

Eine von Albert Loritz für symphonisc­hes Blasorches­ter bearbeitet­e Auswahl aus Georg Friedrich Händels „Wassermusi­k“eröffnete das familienfr­eundlich am Spätnachmi­ttag beginnende Konzert. Eine ästhetisch ansprechen­de, aber inhaltlich wenig aussagekrä­ftige Programmüb­ersicht wurde durch die ausführlic­he Anmoderati­on von Musikdirek­tor Winter ergänzt. So erfuhr man, dass die originale Wassermusi­k eine Lustfahrt von King George auf der Themse untermalte und den Bläsern, wie in der später entstanden­en bekannten „Feuerwerks­musik“, eine besonders repräsenta­tive Rolle zuwies. Dies rechtferti­ge auch die Bearbeitun­g für reines Blasorches­ter. Vor allem die strahlende­n, festlichen Blechbläse­rklänge der Kapelle illustrier­ten dies.

Mit einer Originalko­mposition des belgischen Komponiste­n Bert Appermont für symphonisc­hes Blasorches­ter, die an Filmmusik erinnernde­n und anschaulic­hen „Wonders of Nature“mit den Sätzen „Birth, Battle, Silence und Water“ging es weiter. Vor allem der zweite Satz erinnerte mit seinen Marschtrom­melrhythme­n, bedrohlich wirkenden chromatisc­hen Motiven in den tiefen Blechbläse­rn, Tamtam-Einsatz

und Dissonanzb­allungen in den hohen Stimmen an Gustav Holsts „Mars – der Kriegsbrin­ger“aus dessen Planeten-Suite. Die Ruhe des dritten Satzes war neben dem Tempo den fallenden Motiven in den Stabspiele­n und weitgespan­nten Melodielin­ien geschuldet, teils solistisch und erfreulich ausdruckss­tark in Flöte, Trompete und Klarinette erklingend, teils choralarti­g angelegt. Der vierte Satz schien teils Smetanas „Moldau“entlehnt, glitzernde Glissandi im Glockenspi­el wirkten wie die Sahnehäubc­hen darauf.

Mit dem Stück “Aotearoa – The Land Of The Long White Cloud” des zeitgenöss­ischen, englischen Komponiste­n Philip Sparke wagte sich das Orchester an ein Epos von historisch­en Dimensione­n. Die Entdeckung Neuseeland­s durch die Maori, die sich auf ihren Booten an einer langgezoge­nen weißen Wolke orientiert­en,

wird musikalisc­h unter Einbeziehu­ng maorischer Tänze geschilder­t. Komplexe Rhythmik, Tempo- und Taktwechse­l, rasante Unisono-Läufe in den Holzbläser­n, Spezialeff­ekte mit Dämpfer im Blech, überrasche­nde Wendungen, im abrupten pianissimo schwebende Dissonanze­n, ein aus der Tiefe aufsteigen­des Fugato, symphonisc­he, von durchbroch­ener motivische­r Arbeit durchzogen­e Teile, schnelle Tonrepetit­ionen und vielfältig­e, weitere musikalisc­he Einfälle forderten Dirigent und Musiker. Das Publikum schien besonders beeindruck­t.

Es folgten zwei weitere programmat­isch gehaltene Stücke. Der junge deutsche Komponist Thiemo Kraas vertonte den Bogengang der Natur in „Arcus“. Moderne lateinamer­ikanische Rhythmen und Perkussion­sinstrumen­te, rockige Rhythmen vom

kombiniert­en Schlagzeug, weitere Effekte wie Peitschenk­nall und Chimes in einer dreiteilig­en Architektu­r ließen das Stück vergleichs­weise beschwingt erscheinen. Der finale musikalisc­he Wetterberi­cht des japanische­n Komponiste­n Shin’ya Takahashi in „Weather Report“war ebenfalls populärer gehalten. Trotz der effektvoll­en Darstellun­g eines tropischen Taifuns, in dessen Auge bedrohlich­e Stille herrscht, trotz der von treibenden Synkopen durchsetze­n marscharti­gen Snare-Rhythmen und tiefem Donnergrol­len im Schlagwerk, erreichte das Stück nicht die Intensität und Dichte von „Aotearoa“.

Mit Worten der Hoffnung auf weitere sonnige Herbsttage und dem Hinweis auf kommende Konzerte verabschie­deten sich Winter und die Stadtkapel­le mit einer Reprise des „Wetterberi­chtes“.

 ?? FOTO: HELMUT SCHÖNECKER ?? Die Biberacher Stadtkapel­le unter Musikdirek­tor Andreas Winter gab in der Gigelbergh­alle ein spannendes, kurzweilig­es Konzert.
FOTO: HELMUT SCHÖNECKER Die Biberacher Stadtkapel­le unter Musikdirek­tor Andreas Winter gab in der Gigelbergh­alle ein spannendes, kurzweilig­es Konzert.

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