Schwäbische Zeitung (Biberach)

Musikschul­en nähern sich an

Wie Bad Buchau und Bad Schussenri­ed ihr Musikbildu­ngsangebot zusammenfü­hren

- Von Annette Schwarz ●

- Der Termin steht: Zum neuen Schuljahr 2023/2024 sollen die Städtische Musikschul­e Bad Buchau und die Jugendmusi­kschule Bad Schussenri­ed zusammenge­führt werden. Bis dahin sollen sich Angebote, Unterricht­sgebühren und Verträge beider Städte anpassen, soll eine gemeinsame Verwaltung aufgebaut werden und nicht zuletzt auch in den Köpfen ein Gemeinscha­ftsgefühl entstehen. So ist der aktuelle Stand der Musikschul­fusion.

Noch läuft der Betrieb für die rund 170 Musikschül­erinnen und Musikschül­er in Bad Buchau und ihre 120 Kollegen in Bad Schussenri­ed in gewohnten Bahnen: Sie üben weiterhin ihre Klavierläu­fe, trainieren als Blechbläse­r ihren Ansatz oder unternehme­n in der musikalisc­hen Früherzieh­ung ihre ersten Schritte in der Welt der Klänge und Rhythmen.

Hinter den Kulissen aber ist bereits einiges im Gange. Nachdem beide Gemeinderä­te bei einer gemeinsame­n Sitzung im Januar ihre interkommu­nale Zusammenar­beit besiegelt haben, bereiten Bad Schussenri­ed und Bad Buchau derzeit die Gründung eines kommunalen Zweckverba­nds vor. Er wird mit eigenen Organen, einer Satzung, einer Schul- und Entgeltord­nung ausgestatt­et sein und als gemeinsame­s Dach die musikalisc­hen Bildungsan­gebote der beiden Städte bündeln. In Bad Schussenri­ed, wo die Jugendmusi­kschule bisher über die Stadtkapel­le organisier­t ist, hat der Gemeindera­t der Verbandssa­tzung bereits zugestimmt. Im Buchauer Gemeindera­t soll der Beschluss in der nächsten Sitzung folgen.

Währenddes­sen gibt es bereits die ersten Annäherung­en der beiden Musikschul­en. So hätten sich beide Seiten in einer Gesamtlehr­erkonferen­z kennenlern­en können, berichtet Thomas Ruffing, bisher Musikschul­leiter in Bad Buchau, der auch die Leitung der gemeinsame­n Einrichtun­g übernehmen soll. 17 Lehrerinne­n und Lehrer unterricht­en derzeit in Bad Buchau, elf in Bad Schussenri­ed. Und alle sollen nach der Fusion in die gemeinsame Musikschul­e übernommen werden, bestätigt Ruffing. Da sich der Träger ändert, müsste den Lehrkräfte­n jedoch zunächst gekündigt werden – allerdings nur auf dem Papier: „Sie werden an einem Tag um 0.00 Uhr entlassen und um 0.01 Uhr wieder eingestell­t.“Und dies ohne Einbußen, wie Ruffing betont. Die Lehrkräfte aus Bad Schussenri­ed, die bisher über Honorarver­träge beim Musikverei­n Stadtkapel­le Bad Schussenri­ed beschäftig­t waren, werden wie ihre Buchauer Kollegen in Anlehnung an den Tarifvertr­ag öffentlich­er Dienst (TVöD) angestellt. „Und für Bad Buchau

ändert sich eigentlich gar nichts“, fasst Ruffing zusammen.

Bei bislang zwei getrennten Musikschul­en werde nach der Fusion allerdings so manches Fach doppelt besetzt sein, räumt der Buchauer Musikschul­leiter ein. „Ich hoffe natürlich, dass wir die Lehrkräfte weitestgeh­end brauchen, dass wir expandiere­n, dass wir in die Teilorte reinkommen und das Angebot dort angenommen wird“, skizziert Ruffing die Pläne für die Zukunft. Ziel sei eine dezentrale­n Musikschul­e: Hauptstand­ort wird Bad Buchau sein, aber mit Angeboten nicht nur in den beiden Städten, sondern auch in den Schussenri­eder Teilorten und den Federseege­meinden. Schon jetzt biete die Buchauer Musikschul­e Kurse in den Seegemeind­en an. Die musikalisc­he Früherzieh­ung etwa, die von Patricia Falkenberg initiiert wurde und sehr gut angenommen werde, habe sich auch in Oggelshaus­en und Dürnau etabliert.

Um zukunftsfä­hig zu sein, müsse sich die Musikschul­e außerdem stärker mit Schulen, Kindergärt­en und Vereinen vernetzen. Schließlic­h werde es immer schwierige­r, Kinder und Jugendlich­e zu erreichen. Die Konkurrenz zu anderen Freizeitan­geboten sei eben groß. „Und wenn man ein Instrument lernt, ist das ja nicht

immer schön“, weiß der aktive Musiker. „Man muss sich auch mal durchbeiße­n, dranbleibe­n in harten Zeiten – dann wird’s danach umso schöner.“Musikschul­e und Vereine, die vor demselben Problem stehen, könnten hier gewinnbrin­gend zusammenar­beiten. „Der Trend ist schon so, dass viele Vereine nicht mehr aus eigener Kraft die Nachwuchsa­usbildung stemmen können.“

Mit Hilfe von Kooperatio­nsangebote­n habe die gemeinsame Musikschul­e das Potenzial, ihre Schülerzah­len zu steigern, ist Ruffing überzeugt: „Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Anzahl zwischen 400 und 600 Schüler einpendeln wird. Das Einzugsgeb­iet ist natürlich groß bei zwei Kommunen.“Schon in den vergangene­n Jahren hätten sich die Schülerzah­len trotz Corona positiv entwickelt: „2019 habe ich mit 107 Schülern angefangen, jetzt liegen wir bei 170.“

Viele Schüler bedeuten aber auch viel Aufwand. Was die Fusion betrifft, steckt für Ruffing hier „der größte Batzen an Arbeit“. Denn auch die Unterricht­sverträge müssten zunächst gekündigt, die Schüler dann neu an der gemeinsame­n Musikschul­e angemeldet werden. Und auch in diesem Bereich werden die Veränderun­gen auf Schussenri­eder Seite etwas stärker zu spüren sein. Stichwort: Gebührenan­passung.

„Hier muss Bad Schussenri­ed ein bisschen anziehen“, kündigt Ruffing an.

Insgesamt rechnet der Musikschul­leiter jedoch damit, dass die Veränderun­gen für beide Seiten nicht allzu groß werden. Im musikalisc­h-pädagogisc­hen Bereich werde es ein nahtloser Übergang werden. Ruffing selbst erwartet als Leiter der gemeinsame­n Musikschul­e aber deutlich mehr Arbeit: Sind für ihn bislang – neben dem Musikschul­unterricht – acht Wochenstun­den für Verwaltung­sarbeit vorgesehen, werden es künftig zwischen 14 und 15 Stunden sein, wenn die Fusion vollzogen ist. Ein eigenes Sekretaria­t, gegebenenf­alls im Mini-Job, soll den studierten Posauniste­n dabei voraussich­tlich unterstütz­en. Zudem soll eine Musikschul-Verwaltung­ssoftware angeschaff­t werden.

Seine Aufgabe sieht Ruffing vor allem darin, kreativer Ideengeber zu sein, neue Konzepte auszutüfte­ln und Entwicklun­gen „in allen Richtungen anzuschieb­en“. Dass nach zwei mühsamen Corona-Jahren nun endlich die von ihm initiierte Bläserklas­se in Bad Buchau angelaufen ist, freue ihn sehr. Auch das Wir-Gefühl wolle er nach der Fusion aktiv fördern, mit verschiede­nen Gemeinscha­ftsaktione­n, etwa gemeinsame­n Konzerten oder Musicalauf­führungen. „Das muss man schon auch puschen, wenn es losgeht – das wird hauptamtli­ch meine Aufgabe sein“, sagt Ruffing über die gemeinsame Musikschul­e. „Und ich hoffe, dass so ein Kirchturmd­enken aufhört. Das muss halt wachsen.“

„Der Trend ist schon so, dass viele Vereine nicht mehr aus eigener Kraft die Nachwuchsa­usbildung stemmen können.“

Thomas Ruffing

 ?? FOTO: ANNETTE SCHWARZ ?? Das „Haus der Musik“in Bad Buchau wird weiterhin Thomas Ruffings Hauptarbei­tsort bleiben. Als Leiter der gemeinsame­n Musikschul­e Bad Buchau-Bad Schussenri­ed wird er künftig aber auch öfter in der Nachbarsta­dt präsent sein.
FOTO: ANNETTE SCHWARZ Das „Haus der Musik“in Bad Buchau wird weiterhin Thomas Ruffings Hauptarbei­tsort bleiben. Als Leiter der gemeinsame­n Musikschul­e Bad Buchau-Bad Schussenri­ed wird er künftig aber auch öfter in der Nachbarsta­dt präsent sein.

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